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Sensationeller Report aus London

Nu weint das DKFZ wieder

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Seit einigen Tagen überschwemmen mehr oder weniger positive Pressemitteilungen das Netz. Selbst Spiegel Online berichtete, natürlich nicht ohne dass das DKFZ wieder Relativierungsversuche einstreuen musste. Die aber immer absurder erscheinen.
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In der Community geht das alles aber leider unter, was sicher auch der Sprachbarriere geschuldet ist.
Damit die deutschsprachigen Vaper erfassen was da überhaupt abgeht, was für eine Tragweite das Ganze hat und was da jetzt nur tröpfchenweise durchsickert, möchte vapers.guru erklären was passiert ist. Das ist ja unser Job.

Das Royal College of Physicians ist ein Ärzteverband in England. Es ist aber nicht irgendein Verband, sondern eine der prestigeträchtigsten Organisationen die es weltweit in dem Bereich überhaupt gibt. Dort Mitglied zu sein schreiben sich Ärzte auch mal auf die Visitenkarte. Es ist der Country Club der Ärzte, mit Hirschgeweih über dem Kamin und Golfplatz. Es ist also keine Uni, sondern wäre besser mit „Kollegium“ zu übersetzen. Eine Art Ärztekammer.
Unter anderem war es dieser Club, der 1962 einen Nachweis zwischen Rauchen und den negativen Auswirkungen veröffentlichte. Und damit überhaupt erstmal die Diskussion um das Rauchen auf das öffentliche Tablett brachte.
Das Royal College of Physicians wurde 1511 mit Genehmigung von Heinrich dem VIII gegründet. Das war der Typ, der sechs Ehefrauen zur Not dadurch loswurde, dass er eine eigene Kirche gründete oder ihnen den Kopf abschlagen lies. Diese Tudors Nummer, die Serie ist ganz schmissig.

Groundbreaking & Game Changer

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„To vape, or not to vape, that is no question“ Heinrich VIII

Letztes Jahr hat bereits eine Unterabteilung der staatlichen Gesundheitsbehörde einen Report veröffentlicht, in dem sie der E-Zigarette 95% weniger Schädlichkeit attestierte. In der vergangenen Woche brachte nun das College den 206 Seiten langen Report „Nicotine without smoke – Tobacco harm reduction“ heraus. [Die komplette Studie hier…]
Sie haben dafür nicht selber geforscht, sondern bestehende Forschungen und Erhebungen ausgewertet. Und das war der Auslöser für die Medienwelle, die gerade läuft.
Der Report wird in englischsprachigen Medien auch als „groundbreaking“ und „game changer“ bezeichnet. Denn diese Institution spricht sich ausdrücklich dafür aus, E-Zigaretten zu fördern, zu unterstützen und die Regulierung soweit zu beschränken, dass E-Zigaretten weiterhin für Raucher attraktiv bleiben sollen. Mehr noch, es unterstreicht ausdrücklich dass „Effekte“ erkannt und bekämpft werden sollen, die den grundsätzlichen Zielen der Tabakbekämpfung entgegen laufen. Es ist kein Schelm, wer dabei an die Argumentationen des DKFZ denkt. Eat this, Heidelberg!

Nicotine without smoke: Tobacco harm reduction

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Kopie an den Bundestag würde Sinn machen.

Es ist sicher zu viel, hier alles durchzugehen. Dennoch sollen einige, in unseren Augen wirklich herausragende und wichtige Punkte genannt sein.

Zuerst einmal grenzt dieser Bericht E-Zigaretten deutlich von Tabak Zigaretten ab und bezeichnet sie als Mittel zur Risikominimierung. Er bezeichnet sie ganz klar als „Nicht-Tabak Nikotin Produkte“ (non-tobacco nicotine products). Das ist etwas, was derzeit noch nicht in den Köpfen unserer Gesetzgeber stattgefunden hat. Denn jegliche Regulierung, angefangen von der TPD2 der EU, stellt E-Zigaretten weitestgehend mit Zigaretten auf eine Stufe. Wenn sie sie schon nicht als Medikament einstufen können. Erst diese klare Differenzierung kann aber dazu führen, die E-Zigaretten als das zu sehen, was sie sind. Ein dritter Weg zwischen Rauchen und Nichtrauchen. Diese Differenzierung zieht sich durch den gesamten Report.
Und erst dieser ganz grundlegende gedankliche Umschwung macht es möglich, das Ganze so zu bewerten wie Dampfer es die ganze Zeit bereits fordern.

So stellt der Bericht der TPD2 auch ein ziemlich beschissenes Zeugnis aus. Er bescheinigt ihr mindestens Nachteile (disadvantages), die man allerdings auch als „Schäden“ übersetzen kann.
Zum Beispiel schränkt die Höchstmenge an Nikotin in Liquids nach Ansicht des Ärzteverbundes die Attraktivität als Ersatz für Zigaretten vor allem für starke Raucher ein.
Auch haben die Ärtzte starke Bedenken betreffend der Regulierung. Denn nun gäbe es zwar eine Möglichkeit Produkte vom Markt zu nehmen, aber es gäbe keine Mittel diese Regulierung zu regulieren. So gäbe es zwar einen vorgesehenen Intervall das zu prüfen, aber schließlich hätte es den auch bei der ersten TPD gegeben und danach sei 13 Jahre lang gar nichts passiert.
Die Bestimmung Warnhinweise anzubringen bezeichnet das College als „unlogisch“, da es Tabak Zigaretten und E-Zigaretten in der Wahrnehmung durch Konsumenten gleich erscheinen lässt.

Die Ergebnisse übersetzt zusammengefasst

Als Zusammenfassung des Reports, der sich natürlich auch ausführlich mit der Situation des Rauchens im Vereinigten Königreich beschäftigt, veröffentlichte das College am vergangenen Donnerstag eine Übersicht.
Für alle nicht so anglophilen haben wir Euch das ganze mal grob translated.

  • Rauchen ist die häufigste vermeidbare Ursache für Tod, Erwerbsunfähigkeit und sozialer Ungleichheit in der Gesundheit im United Kingdom.
  • Der meiste Schaden an Gesellschaft und Individuen durch das Rauchen wird in der nahen Zukunft durch Menschen verursacht werden die heute rauchen.
  • Die energische Verfolgung von konventionellen Tabak Kontrollstrategien ermutigt mehr Raucher das Rauchen aufzugeben.
  • Mit dem Rauchen aufzuhören ist sehr schwer und die meisten Erwachsenen die heute rauchen werden damit viele Jahre fortfahren.
  • Raucher sind abhängig von Nikotin, werden jedoch durch andere, wesentliche Bestandteile des Tabak Rauchs geschädigt.
  • Die Versorgung durch das Nikotin, von dem Raucher abhängig sind, ohne die schädigenden Komponenten des Tabak Rauchs, kann den Großteil des Schadens durch das Rauchen verhindern.
  • Bis vor kurzem wurden Nikotin Produkte als Medikamente vermarktet, die den Menschen helfen das Rauchen aufzugeben.
  • NRT* helfen am besten mit dem Rauchen aufzuhören, wenn sie mit professionellem medizinischen Rat und Unterstützung genutzt werden, aber viel weniger wenn sie selbstständig verwendet werden.
  • E-Zigaretten werden als Konsumgut vermarktet und sind nachweisbar weit beliebter als NRT* als Ersatz und Konkurrent für Tabak Zigaretten.
  • E-Zigaretten scheinen effektiv zu sein, wenn sie von Rauchern als Hilfe genutzt werden, um mit dem Rauchen aufzuhören.
  • E-Zigaretten werden derzeit nicht nach medizinischen Standards hergestellt und sind möglicherweise riskanter als andere NRT*.
  • Dennoch überschreitet das Gesundheitsrisiko langzeitiger Inhalation von Dampf derzeit erhältlicher E-Zigaretten wahrscheinlich nicht einmal 5% des Risikos Tabak zu rauchen.
  • Technologische Entwicklungen und verbesserte Produktionsstandards können die langfristigen Risiken von E-Zigaretten reduzieren.
  • Es gibt die Sorge, dass E-Zigaretten das Tabakrauchen durch eine Normalisierung des Rauchens als Handlung verbreiten, und so als Einstieg für junge Menschen dienen; und dass sie als kurzfristige aber nicht dauerhafte Abstinenz vom Rauchen genutzt werden.
  • Bis jetzt gibt es keinen Beweis dass einer dieser Effekte in einem signifikanten Grad im Vereinigten Königreich auftritt.
  • Vielmehr zeigen die derzeitig vorhandenen Beweise, dass E-Zigaretten fast ausschließlich als sicherere Alternative zum Tabakrauchen von chronischen Rauchern genutzt werden, die damit den Schaden für sich und die Umwelt reduzieren oder das Rauchen ganz aufgeben wollen.
  • Es gibt einen Bedarf der Regulierung um direkte oder indirekte ungünstige Effekte des Konsums von E-Zigaretten zu reduzieren, doch dieser Regulierung darf nicht erlaubt werden maßgeblich die Entwicklung und den Gebrauch von risikoreduzierenden Produkten durch Raucher zu blockieren.
  • Eine regulierende Strategie sollte daher ausgewogen bemüht sein Produktsicherheit zu gewährleisten, Raucher befähigen und ermutigen dieses Produkt [E-Zigaretten, Anm. d. Red.] statt Tabak zu nutzen, und Effekte erkennen und unterbinden, die die grundlegenden Ziele der Tabak Kontrollstrategie entgegen laufen.
  • Die Tabakindustrie ist in den E-Zigaretten Markt eingestiegen und es kann erwartet werden dass diese Produkten [E-Zigaretten der Tabakindustrie, Anm. d. Red.] dem Markt von Tabak Zigaretten nutzen sollen; und die breite Tabakkontrolle untergraben wird.
  • Daher ist es im Interesse der öffentlichen Gesundheit wichtig, dass der Gebrauch von E-Zigaretten, NRT* und anderen Nikotin Produkten die nicht auf Tabak basieren [non-tobacco nicotine products] im Vereinigten Königreich so umfangreich wie möglich als Ersatz für das Rauchen gefördert werden.

https://www.rcplondon.ac.uk/projects/outputs/nicotine-without-smoke-tobacco-harm-reduction-0

*NRT = Nicotine Replacement Therapy, Nikotin Ersatz Therapie, i.e. Inhalatoren, Nikotin Kaugummis, Nikotin Pflaster, etc. Anm. d. Red.

Empfehlungen an die britische Regierung

Aber das dicke Ende kommt noch. Der Report enthält darüber hinaus eine Zusammenfassung, die man als klare Empfehlungen ansehen kann. Diese Empfehlungen machen noch einmal deutlich, welchen Tobak das ganze tatsächlich enthält.

  • Der ideale regulatorische Rahmen für Nikotin Produkte ist einer, der das Risiko durch Nikotingebrauch für die Gesellschaft minimiert.
  • Derzeit ist Nikotin im Vereinigten Königreich weit verbreitet und die beliebteste Quelle für Nikotin, die Zigarette, ist die mit Abstand gefährlichste aller möglichen.
  • Die Versuche Nikotin zu regulieren sollten so beschaffen sein, dass sie so viele Raucher wie möglich ermutigen entweder völlig auf den Genuss von Nikotin zu verzichten, oder komplett vom Rauchen auf alternative Quellen des Nikotins umzusteigen.
  • Produkte werden so reguliert, dass sie sicher und gut für den Gebrauch sind. Die Regulation von E-Zigaretten und ähnlicher Produkte sollte also darauf abzielen die riskanten Bestandteile des Rauchs zu minimieren und dabei sicherstellen, dass das Nikotin in Dosen geliefert wird, die Raucher als befriedigend empfinden, und Raucher ermutigen den Tabak zu ersetzen.
  • Regulatorisches Eingreifen sollte daher beschaffen sein um unnötiges Risiko zu vermeiden, aber angemessen sein, um nicht unnötig die Entwicklung, Verfügbarkeit und Nutzung als Alternative zum Rauchen zu hemmen.
  • Versuche der MHRA [Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency, Zulassungs- und Aufsichtsbehörde für Medikamente im Vereinigten Königreich, Anm. d. Red.] der vergangenen fünf Jahre die medizinische Lizensierung an den schnell entwickelnden E-Zigaretten Markt anzupassen resultiert in der Zulassung von lediglich zwei Lizenzen für alternative Nikotin Produkte. Keine lizensierte E-Zigarette wurde auf den Markt gebracht.
  • Regulationen der E-Zigarette durch die neue TPD beinhalten Qualitätskontrollen die freizügiger, und in unseren Augen verhältnismäßiger, als die Regulierung als Medikament sind. Doch sie enthält Maßnahmen die den E-Zigaretten Markt unverhältnismäßig fesseln und den Gebrauch von E-Zigaretten hemmen.
  • Zum jetzigen Zeitpunkt ist die TPD noch Anlass einer gerichtlichen Klage, wird aber aller Voraussicht nach am 20. Mai 2016 in Kraft treten.
  • Um Raucher zu ermutigen von Tabak auf weniger riskante Nikotin Quellen umzusteigen ist es wesentlich Nicht-Tabak Nikotin Produkte (non-tobacco nicotine products) von Tabaksteuern auszuschließen.
  • Es ist unverzichtbar dass NICE [National Institute for Health and Clinical Excellence, Staatliche Sondergesundheitsbehörde des UK, Anm. d. Red.] und andere Gesundheitsorganisationen klare Leitlinien zur Rolle der E-Zigaretten, lizensiert oder unlizenziert, bei der Rauchentwöhnung und Risikominimierung geben.
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Und das DKFZ so…

In einigen Details stimmen viele nicht mit den Einschätzungen des Royal College of Physicians überein. So zum Beispiel, dass Raucher vom Nikotin abhängig seien. Zur Tabaksucht gehört einiges mehr als nur das Nikotin.
Aber wir wollen uns nicht beklagen. Ist ja auch so schon das ganz große Eisstockschießen. Und außerdem steht da „Royal“ davor. Dagegen kann so ein Vapor Blog nicht anstinken. Wollen wir gerade irgendwie auch gar nicht.

Hier nochmal die Empfehlung: Artikel ausdrucken, einstecken, und dem nächsten der etwas von gefährlichen E-Zigaretten faselt um die Ohren schlagen. Oder wenigstens einmal der Gemeinde vom Balkon aus vorlesen. Am besten im Schlüpper. Bringt immer gewisse Aufmerksamkeit.

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Joey Hoffmann

Begründer und inhaltlich Verantwortlicher bei vapers.guru
Freier Redakteur, zuvor angestellter und selbstständiger Marketingberater und Mediengestalter, Fachbereich Facebook und Wordpress. Mitglied des Deutschen Fachjournalisten-Verbandes.

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