Dampfer leben in aufregenden Zeiten. Die Tabakproduktrichtlinie 2 der EU ist inzwischen beschlossene Sache. Und der Gesetzesentwurf um sie in Deutschland umzusetzen wurde letzte Woche erst vom Bundeskabinett verabschiedet. Was in der Realpolitik und der derzeitigen Zusammensetzung von Bundestag und Bundesrat bedeutet, dass das Gesetz somit beschlossene Sache ist.
Aber da gibt es inzwischen noch eine vierte Macht im Staate: Die Wutbürger auf Social Media.
Selbstverständlich muss man gegen die Regulierungsversuche und die Einflussnahme der WHO, des DKFZ und der Pharma- und Tabak-Lobby ankämpfen. Das kann überhaupt keine Frage sein. Aber wie das in Zeiten von Empörungskultur und Facebook nun mal so ist, dabei wurden sehr viele Sachen überhaupt nicht zu Ende Gedacht. Eine Stampede macht sich breit.
Da werden irgendwelche Online Petitionen verfasst, eingereicht und verteilt, die in ihrer Formulierung gar nichts mehr mit dem Gesetzesentwurf zu tun haben und nur scheitern können. Da wird von Verschwörungen des DKFZ und der Pharma-Lobby gefaselt. Da werden hochgebildete Ärzte als dumm abgeurteilt. Und da wird jeder Artikel der sich kritisch über E-Zigaretten äußert zum dutzensten Male in Gruppen und Foren geteilt, natürlich gefolgt von dem immer gleichen zu erwartenden Shitstorm.
Facebook lädt natürlich im Zeitalter der Kommunikation dazu ein kurz seine Meinung zwischen Mettbrötchen und Bild Zeitung in der Frühstückspause ins Handy zu hauen. Das ist ein bekanntes Muster. Aber offenbar geht das einher mit der Vorstellung, man habe etwas bewirkt. Man habe Politik gemacht. Dabei verweigert man sich aber gerne dem Ansatz sich auch wirklich einmal kundig zu machen. Denn das kostet Zeit, Vorkenntnis und ein Mindestmaß an Aufmerksamkeit.
Im Falle der TPD würde das bedeuten, dass man den Gesetzesentwurf auch mal liest. Was zugegeben nicht so ganz einfach ist.
Viele schreien danach dass Dampfen nicht „wegreguliert werden“ dürfe. Dass man die gleichen Freiheiten haben möchte wie die Raucher. Dabei wird aber vollkommen verkannt, dass die TPD vor allem gegen die Tabak Industrie gerichtet ist.
Derzeit gehen Schätzungen der Tabak Industrie davon aus, dass etwa 50% aller Zigarettenmarken nach der Umsetzung des Gesetzes vom Markt verschwinden werden. Viele Aromen die dem Tabak beigemengt werden sind danach verboten. Es gibt ein Werbeverbot für Tabakprodukte, dass noch ausgeweitet werden wird. Tabakprodukte müssen mit Ekelbildchen versehen werden, sind am Markt enorm teuer weil sie extra besteuert werden… Die Liste ist fortsetzbar.
Das sind also die „Freiheiten“, die viele Wutdampfer fordern.
Jetzt passiert aber etwas Interessantes. Obwohl Dampfer durchaus so etwas wie ein Community Gefühl etabliert haben kommt es jetzt zum Erdmännchen Effekt.
Erdmännchen sind sehr gesellige Tierchen. Aber so putzig wie sie erscheinen, solche Arschlöcher sind es eigentlich. Wird beispielsweise ein Tier krank, dann wird es versorgt. Macht sich in der Gruppe aber der Eindruck breit dass das Tier nicht weiter die Gruppe unterstützen könnte wird es gnadenlos aus der Gruppe gebissen. Damit ist es zum einsamen Hungertod verdammt. Und umso höher ein Tier in der Hierarchie steht, umso schneller passiert das.
Stimmt jemand nicht in den obligatorischen Empörungschor mit ein hat er inzwischen in vielen Gruppen und Foren einen Shitstorm zu erwarten. Und dabei sind Fakten vollkommen irrelevant. Alleine der Hinweis auf die Richtigkeit von Untersuchungsergebnissen kann zum Ausschluss führen. Geht man gar soweit Petitionen oder ähnliche Bemühungen zu hinterfragen, kann man sogar mit persönlichen Angriffen rechnen.
Das Ende der Schwarmintelligenz wird eingeläutet.
Dabei ist es doch eigentlich relativ einfach. Es gibt festgelegte Wege um Politik zu machen. Um Entscheidungen von Politikern zu beeinflussen, Gesetze zu ändern oder gar gegen zu verabschiedende Gesetze aufzubegehren.
In der Kneipe abends zwischendurch seinen Frust auf „die da oben“ ins Handy zu hauen gehört nicht dazu.
Wie sagte Dieter Nuhr einmal so schön? Wenn man nichts zu sagen hat, einfach mal die Schnauze halten.
Dampfer haben eine Lobby und eine Interessenvertretung. Die machen das schon. Und die großen und Namenhaften Hersteller werden sich schon darum kümmern, dass sie ihre Geräte und Liquids weiterhin an den Dampfer bringen können. Aber die können auch erst klagen wenn ein Gesetz verabschiedet ist.
Für den, der sich in das ganze Problem einlesen will, sei die Politik Sparte empfohlen. Da wird alles grundlegend angerissen.
Und für diejenigen die dann wirklich Zeit und Lust haben sich in die Details einzulesen sei hier der rursus.blog empfohlen. Das ist die Seite eines sehr aktiven Dampfers der auch noch Jurist ist. Darüber hinaus sind alle Texte, inklusive der derzeit aktuellsten geleakten Version des Gesetzesentwurfs auf der Seite der IG-ED zu finden.
Also schön geschmeidig bleiben, bevor Dampfer sich auch noch untereinander zerreißen. Wohlmöglich auch noch für Sachen an denen sie so oder so nichts ändern können.
Joey Hoffmann
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