Der Markt ist im Umbruch. Durch die Regulation die durch die TPD2 beschlossen wurde, wird es starke Veränderungen geben. Aber wie sehen die eigentlich genau aus?
Viel ist dazu gemutmaßt worden. Nachdem das Tabakerzeugnisgesetz für Deutschland beschlossen wurde ging erst einmal eine Schockwelle durch die Gemeinde. Leichte bis mittelschwere Panik kam auf.
In Brandenburg soll es zu Rassenunruhen und Plünderungen von Shops gekommen sein. In Schleswig-Holstein wurde der Versuch unternommen einen Shop zu plündern, allerdings hatte man die Adresse verdreht und eine Scheune gestürmt. Einige der Kühe befinden sich bis heute in psychotherapeutischer Behandlung.
Den kommenden Untergang haben vor allem diejenigen verkündet, die wahrscheinlich selber noch nie mit einem Hersteller gesprochen haben.
Inzwischen ist es wieder etwas ruhiger geworden, wahrscheinlich sind viele wieder dazu übergegangen den Untergang der abendländischen Kultur vorherzusagen. Psychologisch liegt es aber wohl auch daran, dass öffentliche Erregung eine kurze Halbwertzeit hat. Denn irgendwie ist ja bis jetzt auch gar nichts passiert.
Frist zur Produktionsumstellung
Das liegt vor allem an den Fristen, die im Gesetz vorgesehen sind. Es galt nämlich eine Frist bis zum vergangenen Wochenende. So lange durfte noch alles wie gehabt weiter produziert werden.
Und jetzt gilt eine Frist bis zum Mai 2017, in der alles was bis jetzt produziert wurde noch wie gehabt verkauft werden darf.
Irgendwie hat sich aber offenbar auch keiner schlau gemacht und einfach mal die Händler und Hersteller gefragt, was sie denn nun jetzt vorhaben. Denn deren Maschinen müssen ja jetzt bereits anders laufen.
Die hätten allerdings auch wenig Zeit zum Antworten gehabt. Denn neben der Produktionsumstellung mussten sie sich ja auch um gesetzeskonforme Verpackungen kümmern und den ganzen Mist dann auch noch bei der EU anmelden. In einigen Jahren wird der ein oder andere sicher seinen Enkeln vom harten Herbst zwanzigsechzehn erzählen. (Wir hatten doch nix nach dem Krieg.)
Außerdem liegt es ja in der Natur der Sache, dass sich vor allem die Hersteller da nicht in die Karten schauen lassen wollten. In der Branche gibt es zwar vergleichsweise wenig Konkurrenzdenken (Daten zur EU Anmeldung wurden freundschaftlich ausgetauscht), aber man muss es ja auch nicht übertreiben.
Was jetzt bereits absehbar ist, ist dass einige die Regulierung nicht überleben werden. Viele haben es ganz einfach verschlafen. Einige kleine Shops haben sich um nichts gekümmert. Die stehen jetzt vor der Situation, dass ihnen die örtliche Aufsichtsbehörde wohl spätestens im Mai die Bude zusperren wird, weil sie nichts mehr verkaufen dürfen. Weil sie nichts angemeldet haben.
Deshalb hat vapers.guru bereits vor einigen Wochen vor allem bei den großen Herstellern angefragt, was die Regulierung für sie bringen wird. Natürlich vor allem auf dem deutschen Markt.
Die meisten Vaper haben natürlich Sorge, ob sie ihr Zeug auch im nächsten Jahr noch bekommen werden.
Regulierung der Geräte
Sprechen wir zunächst über die Geräte.
Schon früh hat vapers.guru darauf hingewiesen, dass die Geräte eigentlich überhaupt nicht reguliert sind. Zwar haben viele Hobbyjuristen in Foren und auf Social Media versucht da irgendetwas hinein zu interpretieren. Das ging aber überwiegend in die Hose. Beispielsweise wurde immer wieder etwas über die geforderte Bruchfestigkeit und den Auslaufschutz referiert. Ebenso über die gleichmäßige Abgabe von Nikotinkonzentration. Ebenso über eine Mengenbeschränkung von Inhalten, wobei dem aufmerksamen Leser aber aufgefallen ist, dass das ausschließlich eGo Geräte betrifft, die auch derzeit bereits diese Mengenangaben unterschreiten.
Und so stellt sich die Situation jetzt auch dar. Im Großen und Ganzen wird da rein gar nichts passieren.
Die Händler und Hersteller haben ihre Geräte angemeldet und das war es.
Zwar gibt es offenbar noch Probleme, beispielsweise mit der Bereitstellung der technischen Daten durch die Hersteller. Auch China hat da wohl etwas gepennt. Nach derzeitigem Stand wird der End-Vaper davon aber nichts zu spüren bekommen.
Wer sich also in Hamsterkäufen jetzt zehn Flashy im Keller eingelagert hat, der hat wohl etwas überreagiert. Aber kann ja nie schaden.
Regulierung der Aromen
Etwas anders sieht es da aber bei den Liquids aus. Wobei man auch da unterscheiden muss, da Liquids und Basen zum Selbermischen im Gesetz zwar schwachsinnigerweise gleich behandelt werden, aber einen ganz unterschiedlichen Markt bedient haben.
Die geringste Veränderung ist bei den Aromen zu erwarten. Die wird es wie jetzt auch geben. Zwar denkt das BMELV über ein Verbot von Menthol in Liquids nach. Es ist derzeit aber noch nicht absehbar, ob das dann überhaupt auf die Aromen Anwendung finden würde.
Keiner der Hersteller die uns geantwortet haben rechnet hier mit erwähnenswerten Preisveränderungen. Die würden sich – wenn überhaupt – im Bereich von wenigen Cent bewegen.
Allerdings wird es wohl wenig Abfüllmengen über 10ml geben. Das ist so zwar nicht vorgeschrieben, aber zur Vereinfachung werden die Hersteller sich wohl lieber darauf verlassen.
„[…] Somit macht es keinen Sinn den Kunden jetzt an ein größeres Gebinde zu gewöhnen um ihm dann evtl. ein paar Monaten später sagen zu müssen, tut uns sehr leid die Gebinde dürfen jetzt nicht mehr angeboten werden.“
Sven Uecker, Geschäftsführer Smoking Bull
Regulierung der Liquids
Ebenso verhält es sich bei den fertigen Liquids.
„Da wir von Anfang an schon TPD2-konform produzieren, haben wir so gesehen keine großartige Umstellung. Auch nach dem 20 November wird bei uns alles so weiter laufen wie bisher. Ach ja, der Beipackzettel ist dann endlich dabei, den hatten wir bisher noch nicht. Das ist alles.“ sagte uns Eugen Andres, Verantwortlicher von Nexus Liquids.
Nicht ganz so locker sieht es offenbar die Assistentin der Geschäftsleitung Olga Siewak von Avoria:
Leider werden in Zukunft die Preise für alle Produkte steigen, da durch die Produktionsumstellung mit hohen Mehrkosten gerechnet werden muss. Jedes einzelne Liquid muss z.B. mit Umverpackungen sowie Beipackzetteln versehen werden. Zudem müssen TPD2 Konforme Etiketten gedruckt werden. Auch der Herstellungsprozess vor dem Abfüllen ist mit erheblichen Mehrkosten verbunden, da durch diverse Analyseverfahren die ein E-Liquid nach dem Beschluss der TPD2 verpflichtend sind, steigen.
Smoking Bull geht von einer „kleinen Umlage“ bei den Liquids aus, der in dem angesprochenen Mehraufwand für die Verpackung zu finden ist. Aber auch da war die Einschätzung sehr entfernt von Dramatik.
Happy Liquids aus München geht fest davon aus, dass die Preise bei Ihnen unverändert bleiben. Ihrer Schätzung nach werden aber andere wohl die Preise anziehen müssen, um dem Mehraufwand durch die Regulation (Analytik, Emissionstests etc.) entgegen zu wirken.
Dazu muss man aber den Standpunkt verstehen, denn Happy Liquids gehört von sich aus schon zu den höherpreisigen Produkten. Was durch den enormen Aufwand begründet ist, der hier betrieben wird. Denn die Geschäftsführer sind ein Apotheker und ein Arzt, die sehr hohe Ansprüche an die Planung, Analyse und Rohstoffe legen. So sind die Liquids jetzt bereits nicht nur TPD konform, sondern auch auf die eventuell kommende Verschärfung der Verordnung abgestimmt.
Die haben sich dann auch mal eben eine eigene Smoking Machine zugelegt und analysieren jetzt selber. Wer lang hat, lässt lang hängen.
So werden die Hersteller und Händler auch ganz unterschiedlich auf die Regulierung reagieren. Smoking Bull wird beispielsweise mit Staffelpreisen arbeiten. Wer mehr bestellt wird bis zu 10% pro 10ml herausschlagen können.
Thomas Mrva von Happy Liquids aus München verriet uns, dass sie gerade Kombipackungen juristisch prüfen lassen. Also Bündelungen von beispielsweise drei oder fünf 10ml Flaschen zu einem vergünstigten Preis.
„Wir gehen davon aus, dass hier und da auf dem Markt Preise angehoben werden. Alleine schon um die gewaltigen Kosten für sämtliche Anmeldungen und Analysen etwas aufzufangen. Sollte es tatsächlich zu Preiserhöhungen kommen, dann ist es wahrscheinlich nur temporär. Nach einer Zeit werden sich die Preise, zumindest bei den Liquids und Aromen, wieder auf dem heutigen Niveau einpendeln. Die Hersteller lernen jetzt erst wie man gemeinsam an einem Strang zieht, es werden Synergien geschaffen und Vieles wird gemeinsam angepackt, was dazu führt, dass man eigene EK Preise für Rohstoffe, Dienstleistungen, etc senken kann. Durch den Gewinn im Einkauf kann man am Ende des Tages den Preis für ein fertiges Liquid auf dem heutigen Stand halten.“
Eugen Andres, Nexus Liquids
Regulierung der Basen
Große Unsicherheit herrscht derzeit aber bei den Basen. Auch bei den Herstellern.
Dazu führt in Deutschland aber vor allem wohl der Referentenentwurf, der im Gesetz nun die nikotinfreien auf die gleiche Stufe wie die nikotinhaltigen Liquids stellen soll. Auch wenn es im gleichen Entwurf im Paragraphen, der die Abfüllmenge von 10ml reguliert, wieder aufgehoben werden soll.
Die meisten Hersteller planen keine Abfüllmengen über 10ml mehr anzubieten. Auch nicht bei den Basen.
Das ist nachvollziehbar, denn ein Hersteller kann ja nicht alle paar Wochen seine Produktion umstellen. In der Presse nennt man sowas dann Marktverunsicherung.
Aber auch da sind die Einschätzungen ganz unterschiedlich. Sven Uecker von Smoking Bull sagte dazu: „Wenn man den Markt betrachtet ist Selbstmischen extrem stark geworden und wir gehen davon aus, dass dieser trotz TPD weiter an Stärke gewinnen wird. Niemand kann jedoch eventuelle Änderungen durch die Politik vorausschauen. Somit bleibt es abzuwarten wie sich das Segment wirklich weiter entwickelt.“
„Ich schätze hier bleibt alles beim Alten. Wer selber mischen will, der kommt auch in der Zukunft an PG, VG und Aromen ran. Wir wissen ja, dass diese Stoffe z.B. in der Lebensmittelbranche verwendet werden, da ran zu kommen ist also absolut kein Problem.“
Eugen Andres, Nexus Liquids
Ganz ähnlich bewertet es Avoria:
„Dennoch sollte man hier nicht zu schnelle Schlüsse ziehen und das Selbstmischen abschreiben. Der Prozess des Selbermischens wird sich etwas verändern und wir werden versuchen weiterhin kundenorientierte Preise anbieten zu können. Dennoch wird es trotz einiger Hürden weiterhin Konsumenten geben, die auf diese Möglichkeit zurückgreifen werden und können.“
Werden Dampfer wieder zur Kippe greifen?
Da stellt sich dann doch die Frage, die unterm Strich die wichtigste ist. Auch und gerade im Bezug auf die öffentliche Gesundheit. Nämlich ob das Dampfen auch weiterhin im Vergleich zur Tabakzigarette attraktiv bleiben wird. Und da waren sich dann alle einig: Es wird.
„Wenn man zurück blickt und sich anschaut welchen Quantensprung und welche Entwicklung die E-Zigarette vollzogen hat, gerade im Bezug auf die Bedienung und Möglichkeiten, bleibt keine Frage offen dass es weiterhin attraktiv ist und bleibt. Die Einsteiger Geräte sind extrem bedienerfreundlich und bieten dem Umsteiger eine viel bessere Alternative als die herkömmliche Zigarette. Allein der Grundgedanke der gesundheitlichen Förderung durch das nicht Inhalieren bekannter Giftstoffe machen die E-Zigarette schon weitaus attraktiver. Die Einsteigergräte von heute bieten Bezugnehmend auf die Akkulaufzeit, Auslaufschutz und Geschmack viel mehr Attraktivität als die Geräte von früher.“
Sven Uecker, Geschäftsführer Smoking Bull
Auch auf den Abverkauf vorbereitet
Aber bevor Ihr jetzt zum Internetz greift um schnell noch Bunkerbase zu kaufen, sei erst einmal Ruhe angeraten.
Die Hersteller haben sich alle auf das kommende Halbjahr vorbereitet. Die Lager sind voll, eine Stampede ist also überflüssig.
Denn zusätzlich zu dem ganzen Mist mit der Produktionsumstellung, Verpackung und Registrierung haben alle Hersteller die Produktion in den vergangenen Wochen hochgezogen.
„Damit wir unsere Kunden aus allen Bereichen wie B2B und B2C ausreichend und in gewohnter Qualität beliefern können, haben wir unsere Produktion in den letzten Wochen enorm nach oben gefahren. Hierfür haben wir zusätzlich ein externes Lager mit 3500 qm² Stell- und Lagerfläche angemietet. Aus unserer Sicht wird die Produktionsumstellung daher erst im Mai 2017 mit Ablauf der Abverkaufsfrist marktwirksam.“
Olga Siewak, Assistentin der Geschäftsleitung, Avoria
So wie es sich darstellt wird es also tatsächlich noch bis zum 20. Mai nächsten Jahres alles geben wie bisher auch.
Totreguliert?
Wer bis jetzt seine Liquids mit Basen aus Literkrügen gemischt hat, der wird in Zukunft erst einmal mehr zahlen. Wenn Wutdampfer jetzt aber in ihre Tastatur beißen, dann ist es doch weder eine Frage der Regulierung, noch unserer Auslegung. Sondern der eigenen Erwartungshaltung.
Denn wer davon ausgegangen ist, das Dampfen würde weiterhin unreguliert und unbesteuert bleiben, der ist schlicht naiv.
Das Dampfen wird offenbar auch nach dem 20. Mai nächsten Jahres nicht „totreguliert“ sein. Es wird seine Vorteile gegenüber dem Rauchen behalten. Auch im Geldbeutel.
Dass die TPD erstmal shice ist, ist indiskutabel. Und das es nicht so bequem bleiben wird, das ist auch klar. War es aber schon seit Jahren.
Aber im großen Zusammenhang gibt es derzeit keinen Grund zu sehen, warum das Dampfen untergehen sollte.
Vielleicht sollte man auch einmal das Rückgrat haben und zwischen der Schimpferei die Vorteile sehen, die diese Regulierung bietet.
Der Markt wird beruhigt und reguliert. Das gibt Sicherheit. Einerseits bekommen die Hersteller und Händler eine Rechtssicherheit. Und andererseits wird das Dampfen so vielleicht auch aus seiner Schmuddelecke herausgeholt und Politiker und Ärzte werden es weniger skeptisch sehen.
In jedem Fall werden die Vaper aber demnächst eine Sicherheit haben, dass sie sich nicht altes Friteusenöl in die Lunge hauen.
Keine Auskunft von…
Von Inawera kam lediglich eine automatisierte Antwort, die aber wohl eher auf den Shop zugeschnitten war. GermanFLAVOURS, Flavourart, Vapebase und andere waren leider nicht zu einer Stellungnahme bereit.
Joey Hoffmann
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