Während der gemeine, mitteleuropäische Raucher sich im Vertrauen auf die Industrie alles reinhaut, was es an Tabakprodukten zu kaufen gibt, ist der Vaper da etwas anders gestrickt.
Der mit Abstand meistgenannte Grund zum Umstieg auf die E-Zigarette ist die Gesundheitsprävention. Und darin liegt begründet, dass Dampfer sich auch mehr damit beschäftigen.
Vegetarier ernähren sich ja meist auch gesünder. Der Grund hierfür ist aber nicht das Weglassen des Fleisches per se, sondern weil sie schlicht genauer auf ihre Ernährung achten. Das ist ein Unterschied.
Daher kommt es auch, dass Vaper sich immer wieder über vermeintliche Falschmeldungen und Horror Artikel in den Medien aufregen. Denn der Dampfer ist meist gut informiert, weiß recht gut was er da tut, und neigt dann dazu solche Machwerke im Detail auseinander zu nehmen.
Allerdings ist die Gefahr dabei, dass man diesen Medien viel mehr Aufmerksamkeit zubilligt als sie eigentlich verdienen. Das Dampfen kommt somit in eine Passivität. Reaktion statt Aktion. Man kommt aus dem Rechtfertigen ja gar nicht mehr heraus.
Klar können E-Zigaretten „explodieren“. Wenn man die Akkus nämlich falsch transportiert und sie entgasen. Aber genauso können Handys hochgehen wie durchknallende Lichterketten.
Klar können Zellen in der Petrischale so lange mit dem Dampf einer E-Zigarette malträtiert werden, bis sie verrecken. Aber das ginge ja auch mit Wasserdampf.
Klar gibt es Studien, bei denen Schadstoffe in E-Zigaretten nachgewiesen werden. Aber das sind meist Studien, bei denen der Dampf falsch gewonnen wird.
Und zack, schon ist man in der passiven Rolle und verteidigt sich. „Ja aber…“
Irgendwas ist ja immer
Auch vapers.guru hat sich gerne daran beteiligt, solche Studien zu zerlegen. Oder die Berichte darüber. Vor allem wenn man sieht, dass die journalistische Aufarbeitung so vertrauenswürdig ist wie der Furz eines Achtzigjährigen. Es macht ja auch Spaß.
Aber es nimmt kein Ende. Auch nachdem 2016 das Dampfen so steil gegangen ist kommt immer noch so ein Unfug in Umlauf. Irgendeine Germanistikstudentin mit Doppelnamen sitzt gelangweilt in einer Redaktion eines Kaff Blättchens herum, kommt auf irgendeine Studie und bastelt einen Artikel über die böse Dampfe zusammen.
Dabei wäre etwas anderes doch viel sinnvoller als sich aufzuregen. Medienkompetenz bedeutet nämlich nicht nur, zu schauen was einem da erzählt wird. Sondern auch zu schauen wer einem da etwas erzählt und zu interpretieren warum er das wohl tut.
Denn ganz häufig sind es nicht die wissenschaftlichen Studien die falsch sind. Sondern die Rückschlüsse die daraus gezogen werden.
Und da gerade wieder einmal ein Artikel über die Schädlichkeit der E-Zigarette vom „Zentrum der Gesundheit“ durch die Sozialen Medien grassiert, schauen wir uns doch einfach mal an wer das denn überhaupt ist.
Das Zentrum für Gesundheit
Schaut man in das Impressum der Seite, sieht man dass die Seite von der Firma Neosmart Consulting AG in Luzern betrieben wird.
Das ist an sich schon interessant. Denn AG deutet darauf hin, dass es sich um eine Aktiengesellschaft handelt. Es stehen also wirtschaftliche Interessen dahinter. Und da man mit Nächstenliebe kein Geld verdient und vergleichsweise wenig Werbung auf der Seite geschaltet ist, muss die Kohle ja woanders her kommen.
„Consulting“ ist der nächste Indikator für den Bockmist Level. Denn „Consulting“ bedeutet nichts anderes als „Beratung“. Es handelt sich also um eine Firma für Unternehmensberatung. Das kann allerdings sehr viel sein. Es gibt Consultings die ganze Staaten beraten und einschätzen. Aber im Drang zum Anglizismus nennt sich heutzutage ja jeder Hinz und Kunz „Consulting“.
Sollte vapers.guru einmal auf den hart umkämpften Markt der Klofrauen expandieren, wird die Firma recht sicher „Vapers Hygiene Consult“ heißen. Klingt schmissig, auch wenn es nur um Pippikacka geht.
Also bleibt die Frage, woher kommt die Kohle? Denn die Artikel sind handwerklich in Ordnung und mit Quellen versehen. Sowas kostet Arbeit und Zeit und damit Geld.
Im Header findet man auch direkt die Lösung. Einen angeschlossenen Shop der Fait Trade Handels AG in Stans. In wie weit die jetzt mit der Neosmart in Luzern identisch oder verbandelt ist, ist eigentlich unwichtig. Im Zweifelsfall vermietet Neosmart seinen Shop auch einfach. Und da kommt die Kohle her.
Darmreinigung Simple Clean
Da gibt es dann ganz spannende Produkte aus dem Bereich der Naturheilkunde zu kaufen.
Dabei ist der Begriff der „Naturheilkunde“ eigentlich schon ein Propagandabegriff wie „Flüchtlingswelle“ oder „Endlösung“.
Heilkundeprodukte die wirken nennt man Medikament. Und Antibiotika wird aus Pilzen gemacht. Ende der Geschichte. Die Unterteilung zwischen „Schulmedizin“ und „Naturheilkunde“ ist ein Verkaufstrick, nichts weiter. Kein Schulmediziner wird abstreiten dass Fußbäder und Kamillentee wirken.
Ganz vorne mit dabei sind so klasse Sachen wie die „Darmreinigung Simple Clean“ (in Fachkreisen auch „Kacken“ genannt) oder Curcuma Kapseln, damit man auch genügend Curry bekommt wenn man zu selten indisch essen geht.
Man kann sich auch zu einer „Entschlackungskur“ anmelden. Was tatsächlich wichtig ist, denn Schlacken sind Verbrennungsprodukte aus der Erzverhüttung oder vom Schweißen. Wie die allerdings in den Körper kommen ist medizinisch uneindeutig.
Spannend ist auch das Kopfkino, das sich bei dem Menüpunkt „Darmsanierung“ ergibt. „Guten Tag, ich wollte mir gerne den Arsch tapezieren lassen.“
Dicke Kinder rauchen mehr!
Alleine der Blick in den Shop reicht also aus, um das Vertrauensverhältnis zu den Berichten der Seite nachhaltig zu erschüttern. Denn es ist ja recht offensichtlich, dass die ganze Seite an potentielle Kunden dieses Shops adressiert. Menschen die ihren Darm sanieren wollen. Was soll man da noch sagen?
Die Seite kommt dann auch in anderen Bereichen mit schmissigen Artikeln daher. „Dicke Kinder rauchen mehr“ oder „Darmflora steuert die mentale Gesundheit bei Babys“. Das grenzt an Realsatire und ist pseudowissenschaftlich nur schwer zu schlagen.
Aber gehen wir ruhig noch einen Schritt weiter. Schauen wir uns doch einmal die Ergebnisse der Studien an, die dieses Portal als Quelle für seine Artikel heranzieht. Denn auch da wird getrickst wie bei einem Zauberer auf einem Kindergeburtstag.
Beispielsweise wird auf die Studie einer Professorin hingewiesen die zeigt, dass auch nikotinfreie Liquids in E-Zigaretten Krebs verursachen könne. Auf die Studie sollte im weiteren Verlauf im Artikel eingegangen werden. Doch sie taucht gar nicht mehr auf. Stattdessen schließt der Artikel übergangs- und zusammenhangslos mit einem Angebot für ein Fernstudium zum Fachberater für holistische Gesundheit, ohne dieses irgendwie als Werbung kenntlich zu machen.
„Holistisch“ ist übrigens nur ein wichtig klingendes Fremdwort für „ganzheitlich“.
Es wurden tatsächlich auch Studien zitiert deren Ergebnis ganz anders war. Wohlwissentlich dass sich eh keiner die Arbeit macht, wurden die englischen Abstracts verlinkt. Liest man dort das Resümee, so ergibt sich oft ein ganz anderes Bild.
Natürlich werden auch gerne solche Kokelstudien herangezogen über die wir schon mehrfach berichtet haben. Auch die Studie mit den 51 Liquids war dabei, die in Fachkreisen in der Luft zerrissen wurde und der Macher selber im Abstract keineswegs als so dramatisch eingestuft hat wie sie gerne von diesen Medien dargestellt wird.
Wie seriös ist eine Internetseite?
Aber zurück zum Punkt. Genau das ist die Passivität, aus der wir uns lösen müssen.
Es ist im Grunde uninteressant, was diese Vortänzer der Esoterik dort versuchen zu verkaufen. Es sollte nicht Anlass genug sein, dass Vaper sich darüber aufregen oder gar versuchen den Unfug dann auch noch zu widerlegen. Erst recht nicht, dass man versucht auf wissenschaftlichem Niveau dagegen zu argumentieren.
Das kann man dann tun, wenn jemand ganz gezielt nach einem solchen Artikel fragt. Dann macht es Sinn. Alles andere ist reine Zeitverschwendung.
Die gleiche Seite veröffentlicht auch angebliche Interviews mit anonymen „Insidern“, die behaupten AIDS und HIV wären PR Erfindungen, denkt darüber nach ob ADHS Folge von schlechter Ernährung und Impfungen sein kann und rät bei Pankreaskrebs zu Kaffeeeinläufen und Fruchtsäften.
Lustigerweise wird als Beispiel ausgerechnet Steve Jobs aufgeführt. Und wie es bei dem geendet hat dürfte jeder wissen.
Aber kann man ja mal bringen, da Pankreaskrebs spät erkannt wird und bei über 80% der armen Leute innerhalb eines Jahres zum Tod führt. Da kann man auch zu komischen Therapien raten, soll doch mal einer den Unterschied nachweisen.
Selbstverständlich verlinken wir diesen Unfug absichtlich nicht. Wer sich aber schlau machen will, dem sei der Hinweis gegeben, dass sich auch die Verbraucherzentrale Hamburg bereits mit dieser Art von Seiten beschäftigt hat:
Auf sechs von zwölf Internetseiten können Verbraucher nicht oder nur sehr schwer erkennen, wer hinter dem Angebot steckt.
Entweder sind die Informationen zum Anbieter nicht zu finden oder kaum aussagekräftig, weil etwa PR-Agenturen oder Vereine mit wohlklingenden Namen aufgeführt werden, oder es verstecken sich Konzerne dahinter.So wird bei der Seite laktoseintoleranz-hilfe.de die HVG-Süd Handels- und Vermittlungs-GbR angegeben, deren Adresse und Telefonnummer mit der des Unternehmens Omira übereinstimmt, das mit seiner Marke MinusL Marktführer im Bereich der laktosefreien Produkte ist.
Das Portal ist zurzeit nicht mehr online zu finden; es wurde offensichtlich aufgrund unserer Recherchen abgeschaltet.
Ehrlich Leute, verschwendet nicht Eure Zeit mit dem Unfug. Regt Euch nicht darüber auf. Und vor allem verteilt diesen Bockmist nicht auch noch.
Es ist die Zeit nicht wert.
Wenn mal wieder etwas wirklich Lustiges kommt übernehmen wir das schon. Keine Sorge.
Joey Hoffmann
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