Am Freitag dem 18. August stellte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Marlene Mortler den Drogenbericht 2017 vor. In ihm finden sich nicht nur selektive Fakten und Unwissenheit. Sondern bei der Vorstellung argumentierte Mortler auch mit falschen Tatsachen.
Die gelernte Landwirtin ist seit Januar 2014 Drogenbeauftragte der deutschen Bundesregierung. Sie ist sehr stark mit dem DKFZ und der bei Dampfern bekannten Gegnerin Martina Pötschke-Langer vernetzt.
Viel Kritik erntet sie inzwischen auch von unabhängigen Stellen und in den Medien für ihre Befürwortung der strikten Prohibition von Cannabis.
Bereits am 18. August stellte sie den aktuellen Drogen- und Suchtbericht vom Juni vor. Erst so langsam erreichen die Öffentlichkeit die Hinweise, wie sehr dieser Bericht von der Politik von Frau Mortler getragen wird.
Immerhin forderte sie auf der Bundespressekonferenz 500.000,- € mehr Gelder für ihre Arbeit von der Regierung. Im Zentrum stand auch hier ihre Politik bezüglich des Cannabis.
„Von keiner illegalen Droge sind in Deutschland so viele Menschen abhängig wie von Cannabis.“
Marlene Mortler, Bundesdrogenbeauftragte, Bundespressekonferenz, 18.08.2017
Falsche Fakten aus Colorado
Auf Nachfragen während der Bundespressekonferenz zog sie als negatives Beispiel Colorado heran, wo Cannabis inzwischen ebenfalls erlaubt wurde.
Nach ihrer Aussage gäbe es hier sogar Vorfälle mit „0-8“ Jährigen, weil Stoffe aus dem Cannabis auch in Keksen und Gummibärchen verarbeitet würden. Dabei war Ihrer Aufmerksamkeit offenbar entgangen, dass diese für den Verzehr von Erwachsenen gedacht sind und nicht ohne genaue Auszeichnung in den freien Handel gelangen. Ganz davon abgesehen, dass Darreichungsform in Weingummi inzwischen auch in Colorado verboten ist.
Ein bekannter Fall
Cannabis, beziehungsweise sein Wirkstoff THC, wird traditionell in sehr vielen Lebensmitteln verarbeitet.
Bekannt wurde der Fall der abstinenten 83 jährigen Mutter des Fernsehstar Roseanne Barr, die unwissentlich einen ganzen THC haltigen Cheescake ihrer Tochter aß, den komischen Geschmack mit einem ebenfalls THC haltigen Schokoriegel loswerden wollte, und danach ihren Rausch in einem Krankenhaus ausschlafen durfte. Selbstverständlich ohne nachhaltige Schäden.
So etwas dürfte schon der ein oder anderen deutschen Hausfrau auch nach einem Kaffeeklatsch mit Tiramisu und einem Gläschen Dopperlherz passiert sein.
In einem Interview mit Tilo Jung für sein Magazin Jung & Naiv beantwortete Mortler bereits 2014 eine Frage nach einem Warum mit einem Darum und machte damit ihre differenzierte Einstellung deutlich.
Zuschauerfrage: „Warum ist Cannabis verboten und Alkohol erlaubt? 100.000 gegen 0 Tote im Jahr.“
Marlene Mortler: „Weil Cannabis eine illegale Droge ist. Punkt.“
Jung & Naiv, 21.07.2014
Zahlen nicht von der Regierung
In diesem Jahr hatte sie sich also entsprechende Zahlen bereit gelegt und verwies auf benanntes Colorado, wo es zu einem „massiven Anstieg“ des Konsums gekommen sei.
Der Deutsche Hanfverband hat dies recherchiert, denn die offiziellen Zahlen aus Colorado sagen etwas ganz anderes. Ebenso aus anderen Bundesstaaten wie Kalifornien, Nevada oder Massachusetts, in denen Cannabis legalisiert wurde.
Dieser angeblichen Verschlimmerung liegen offenbar Zahlen der Rocky Mountain High Intensity Drug Trafficking Area zugrunde. Diese Organisation ist bei genauerem Hinsehen aber gar keine Organisation. Sondern die Initiative des ehemaligen Drogenfahnders Thomas Gorman, dem auch durch amerikanische Medien inzwischen Unwahrheiten nachgewiesen wurden. Unter anderem fordert Gorman eine Wiedereinführung der Alkoholprohibition aus den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts.
Faktenfrei mit System
Diese Quelle zeigt zwar nicht, ob Marlene Mortel absichtlich die Unwahrheit sagt. Obwohl in allen genannten Staaten von offizieller Seite nach wissenschaftlichen Standards ein Rückgang gemeldet wird.
Aber es zeigt, dass Mortler eben nicht faktisch und wissenschaftlich vorgeht.
Es werden nicht seriöse Zahlen bemüht, um danach die Politik auszurichten. Sondern es wird eine Politik moralisch begründet, und die Zahlen werden selektiv angepasst.
Dieses Vorgehen ist Vapern gut bekannt, denn so wird auch im Bereich der E-Zigarette seit Jahren durch verschiedene Gegner vorgegangen.
Deutlicher Fortschritt?
Einen Tag nach der Pressekonferenz titelte das Dampfer Magazin eGarage:
„Der neue Drogenbericht: Ein deutlicher Fortschritt für die E-Zigarette“
Dieser „deutliche Fortschritt“ scheint eine subjektive Wahrnehmung des Autoren „jjs“ zu sein. Benannt wird hier das Zugeständnis, dass die E-Zigarette „weniger schädlich“ ist.
Ein Recherchefehler beging der Author, als er Marlene Mortler die Aussage unterstellte, die E-Zigarette sei hilfreich. Zumindest für starke Raucher.
Das hat Marlene Mortler so nie gesagt. In der Frage auf der Pressekonferenz ging es um Tabakerhitzer (Heat-Not-Burn), und nicht um E-Zigaretten.
Die als Quelle angegebene Südwest Presse, von der diese Aussage offenbar abgeschrieben wurde, bezog sich dabei nicht auf eine Aussage. Sondern auf eine Statistik im Drogenbericht selber. Und stellt damit eine Verbindung her, die so im Drogenbericht nicht auftaucht.
Man muss davon ausgehen, dass der Autor Michael Gabel den Unterschied zwischen Tabakerhitzern und E-Zigaretten nicht kennt und der Autor der eGarage den Bericht gar nicht gelesen hat.
Im Bericht irgendwie anders
Liest man sich den Drogenbericht einmal selber durch, so findet man sehr interessante Aussagen.
Nicht nur, dass die E-Zigarette in dem Bericht erneut dem Abschnitt über Tabak einfach eingegliedert wurden.
Die E-Zigarette ist zu finden zwischen den Themen „Konsum und Prävention“ und „Gesundheitliche Folgen des Rauchens“. In dem etwa halbseitigen Abschnitt wird ein Feuerwerk von Halbwahrheiten und Unwissen abgebrannt.
So stellt der Autor der eGarage überschwänglich heraus:
„[…]Marlene Mortler (CSU), äußert sich sogar explizit positiv zum Dampfen. So heißt es zum Beispiel wörtlich: »E-Zigaretten sind im Vergleich zu Tabakzigaretten deutlich weniger schädlich.«“
eGarage, 19.08.2017
Auch diese Aussage hat Marlene Mortler selber nicht getätigt. Sondern sie steht im Drogenbericht. Einschätzen kann man dieses „Eingeständnis“ besser, wenn man einmal den ganzen Abschnitt liest:
„E-Zigaretten sind im Vergleich zu Tabakzigaretten deutlich weniger schädlich, aber sie sind auch keine harmlosen Lifestyleprodukte. Das Aerosol enthält – in deutlich geringerer Menge als Tabakrauch – gesundheitsschädliche und krebserzeugende Substanzen wie Formaldehyd, Acetaldehyd, Acrolein, flüchtige Kohlenwasserstoffe und Metalle wie Blei, Nickel, Cadmium.“
Drogen- und Suchtbericht, 2017
Berichten bis zur Satire
Eigentlich ist der Abschnitt für erfahrenere Vaper nicht nur ein Aufwärmen alter Legenden. Sondern ein Fundort für Aussagen, die derart aus der Zeit gefallen zu sein scheinen, dass sie als Satire daherkommen.
„Vor allem Raucher probieren E-Zigaretten aus, wobei ein regelmäßiger Konsum selten ist.“
Drogen- und Suchtbericht, 2017
Die Entwicklung von weit über 3000 Vape Shops in Deutschland scheinen genauso an den Verfassern des Berichtes vorbei gegangen zu sein („Die Produkte werden seit etwa 2006 vor allem im Internet, zunehmend auch in Spezialläden, Tabakwarenläden und in Supermärkten angeboten.“) wie die Untersuchungen zur Belastung von Nichtdampfern durch Emissionen („Die Schadstoffe aus dem Aerosol gelangen auch in die Raumluft und können von Nichtkonsumenten in den Körper aufgenommen werden.“).
Unwissenheit schwarz auf weiß
„Um welche Größenordnung E-Zigaretten weniger schädlich als Tabakzigaretten sind, lässt sich momentan jedoch nicht quantifizieren.“
Drogen- und Suchtbericht, 2017
Das steht so im Drogenbericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung wörtlich zu lesen. Über drei Jahre, nachdem Public Health England als staatliche Behörde dem Dampfen mindestens 95% weniger Risiko bescheinigt hat. Zwei Jahre, nachdem das Royal College of Physicians sich dem angeschlossen hat. Und nur zwei Monate, bevor die britische Regierung in seiner groß angelegten Stoptober Kampagne die E-Zigarette als bestes Mittel für den Tabakausstieg empfiehlt.
Damit schließt sich der Kreis. Denn in dem Interview, dass Mortler 2014 Jung & Naiv gab, wurde sie auch nach der Cannabis Politik von Portugal befragt. In einem der üblichen Mortler-Momente wusste sie gar nicht, was gemeint ist. Dass Portugal bereits 2001 Cannabis entkriminalisiert hatte, war ihr unbekannt.
Mehr Drogentote als „gutes Jahr“ verkauft
Die E-Zigarette macht in der Wissenschaft, der Politik und der öffentlichen Wahrnehmung deutliche Fortschritte. Ob aber bezüglich des Drogenberichtes hier von deutlichen Fortschritten gesprochen werden darf, ist doch eher zweifelhaft.
Seit Marlene Mortler das Amt der Drogenbeaftragten bekleidet, ist die Zahl der Drogentoten konstant angestiegen. Immerhin wollte sie Landwirtschaftministerin werden. Noch eine Woche, bevor sie in das Amt befördert wurde, von dem sie offenbar so wenig versteht, hatte sie auf Twitter hochprozentigen Obstler präsentiert.
Von sechs Quellenangaben zur E-Zigarette im Drogenbericht wird drei Mal das DKFZ benannt.
Es scheint ein wenig überhastet, die Sektkorken knallen zu lassen. Oder wie die eGarage das Ende der Hexenjagd auszurufen.
Drogen- und Suchtbericht 2017: https://www.vapers.guru/wp-content/uploads/2017/10/Drogenbericht_2017.pdf
Bericht der eGarage: http://www.egarage.de/der-neue-drogenbericht-ein-deutlicher-fortschritt-fuer-die-e-zigarette/
Bundespressekonferenz: https://www.youtube.com/watch?v=X5kNWY92Uus
Interview mit Marlene Mortler: https://www.youtube.com/watch?v=z4xqi6XZKEk
Artikel des Hanfverband: https://hanfverband.de/nachrichten/news/mortler-verbreitet-erneut-fake-news-aus-colorado
Joey Hoffmann
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