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Bald kein Online Handel aus China mehr

EU geht gegen Zollbetrugg vor

Durch die drohende TPD und durch die sehr viel geringeren Preise ist es sowohl bei kleinen Händler wie auch bei Endkunden beliebt geworden, seine E-Zigaretten direkt in China zu bestellen.
Inzwischen gibt es jedoch immer mehr Probleme. Lieferungen werden aufgehalten, zurück gesendet oder müssen nachträglich verzollt werden. Und bald könnte damit ganz Schluss sein.
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Durch die berüchtigte TPD2 der EU gilt für E-Zigaretten inzwischen eine sechsmonatige Stillhaltefrist. Verdampfer, Akkuträger oder nicotinhaltige Liquids müssen bei der EU angemeldet werden, bevor sie im europäischen Raum auf den Markt gebracht werden dürfen.

Diese Regelung hat zu weitem Unverständnis geführt, da sie vollkommen unsinnig erscheint. Denn die dadurch erhaltenen Daten der EU können nicht sinnvoll ausgewertet werden. Sie verschafft der EU keinen Vorteil.
Im Gegenteil, diese Regulierung schwächt den ansässigen Handel. Da es im innovativen und sich rasant entwickelnden Markt der E-Zigarette durch die Dampfer einen großen Marktdruck gibt, ist der Anreiz gegen diese Regulierung zu verstoßen sehr hoch. Wer ein neues Produkt früher auf dem Markt hat, hat damit einen hohen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Händlern.

Jeder kann aus China bestellen

Deshalb sind viele, meist kleinere Einzelhändler dazu übergegangen, ihre Waren direkt aus China zu bestellen und hier an den Endkunden abzugeben. Doch auch Dampfer bestellen in der Volksrepublik. Da die immer geringeren Transportkosten in Zeiten der Globalisierung es lohnenswert erscheinen lassen, Geräte teilweise zu Bruchteilen des örtlichen Preises zu bestellen.

Verschwörungstheorien kommen auf

Hinzu kommt, dass viele erfahrenere Dampfer aus den ersten Stunden der E-Zigarette der Selbstwahrnehmung unterliegen gegen ein Establishment aufzubegehren. Sie bestellen in China, weil sie der Auffassung unterliegen, damit die Regulierungen der EU zu umgehen und es den Regulierenden in Brüssel und Berlin damit heimzahlen zu können.
Dass sie damit aber dem inländischen Handel und damit der E-Zigarette insgesamt schaden, wird egoistisch und selbstwertdienlich ausgeblendet. Dass damit alle Steuerzahler betrogen werden, wird gleich ganz ignoriert. Man sieht sich sogar Anfeindungen ausgesetzt, wenn man dies so offen anspricht.

So ist es auch zu erklären, dass viele dieser Dampfer und Händler durch die derzeitigen Probleme im Versand einen Angriff auf die E-Zigarette und ihren freien Handel sehen.
Dass es derzeit aber in allen Bereichen Probleme gibt, wird scheinbar nicht erkannt. Obwohl die großen chinesischen Online Händler beispielsweise auch Computer, Handys und andere elektronische Produkte anbieten.
Händler wie GearBest haben ihren angebotenen Versandweg „Germany Express“ derzeit ganz aus dem Angebot genommen. Das gilt für alle Produkte.

Preisvorteile eigentlich unerklärlich

E-Zigarette
Produkte zu Bruchteilen des europäischen Preises

Die weit geringeren Preise (von bis zu 50% und mehr) sind mit geringeren Produktions- und Lohnkosten kaum zu erklären. Noch dazu, wo der Einzelversand um die halbe Welt deutlich teurer sein müsste und die chinesischen Kosten sich gerade im Bereich der industriellen Fertigung und Hochtechnologie immer weiter den europäischen Standards angleichen.
Vielmehr ist es so, dass die chinesischen Händler systematisch und mit einer gewissen kriminellen Energie Schlupflöcher suchen und Nachlässigkeiten der Behörden ausnutzen. Die Preise erklären sich durch Betrug, Steuerhinterziehung und ein weltweites Netz von Logistik Fachleuten.

Die EU ist ein Wirtschaftsraum

Die Europäische Union sieht sich als einen Wirtschaftraum; wie ein Staat. Das beinhaltet eine riesige Umwälzung. Dieser Prozess war keineswegs mit dem Einrichten einer gemeinsamen Währung abgeschlossen und wird noch lange andauern.
Der Weg, der hier zu beschreiten sein wird, ist jedem klar, der sich ein wenig mit Volkswirtschaft auseinander gesetzt hat.

Der Güterverkehr steigt durch die Globalisierung weiter

Zum einen muss der Binnenraum harmonisiert werden. Innereuropäische Zölle entfallen, Steuern werden angeglichen, die Produkte sollten im Idealfall von Portugal bis Finnland das gleiche Kosten. Und zum Zweiten muss die EU ihren Wirtschaftsraum nach außen schützen. Denn wenn ausländische Produkte gegenüber inländischen bevorzugt werden, wandert Geld ab. Und das schwächt einen Wirtschaftsraum.
Was Devisen für eine Volkswirtschaft bedeuten, lässt sich am einfachsten an den Intershops der DDR sehen.

Ein einfaches Mittel um das zu regulieren sind Steuern und Zölle. Und genau in diese durch den Umbau entstehende Lücke stoßen derzeit die asiatischen Händler.
Gäbe es aber diesen EU Raum nicht, würde jeder Staat dies für sich alleine ganz genauso umsetzen. Mit weniger Lücken.

Porto wird sich vervielfachen

Eine dieser Lücken ergab sich bisher durch eine nicht homogenisierte Regulierung in den Postbestimmungen. Kleinere Lieferungen, beispielsweise an Endkunden, wurden als Brief und nicht als Paket versendet. Für deutsche Zustelldienste waren diese Sendungen bisher ein Verlustgeschäft.

Wie die Welt am Sonntag gestern meldet, soll damit ab Januar 2018 endgültig Schluss sein. Der Weltpostverein hat seine entsprechenden Regulierungen angeglichen. Was wiederum dazu führen wird, dass sich vor allem der Preis kleinerer Sendungen aus China vervielfachen dürfte.
Es ist schwer zu sagen, wie groß die Gewinnspanne der Händler in China tatsächlich ist. Doch man darf davon ausgehen, dass der Großteil dieser höheren Kosten auf den Endkunden weitergegeben werden wird.

OLAF ermittelt

E-Zigarette
Office Européen de Lutte Anti-Fraude, das europäische Amt für Betrugsbekämpfung

Die Probleme, wie sie auch bei derzeitigen Lieferungen im Bereich der E-Zigarette zu verzeichnen sind, haben noch einen weiteren Grund. Und der ist hauptsächlich bei OLAF zu suchen.

OLAF ist die Kurzform für das Office Européen de Lutte Anti-Fraude, das europäische Amt für Betrugsbekämpfung.
Dieses der EU Kommission unterstellte Amt hat bereits seit langem die Praktiken der vor allem chinesischen Online Händler im Visier. Und es rüstet sich nun, dem zum Schutz des europäischen Wirtschaftsraums ein Ende zu bereiten.

Logistischer Irrgarten

Der Hightech Industrial Park in der Dampferhauptstadt Shenzhen

Die Wege, mit denen die Händler die Bestimmungen umgehen, sind so vielfältig wie die Bestimmungen selber. Um das exemplarisch zu verdeutlichen sei einmal ein typischer Weg einer E-Zigarette nachgezeichnet, die bei einem großen Händler wie GearBest oder Fasttech bestellt wird.

Geht die Bestellung dort ein und die Lieferung ist bezahlt, wird sie in einem Lager verpackt. Meist liegt das in der Peripherie der Dampferhauptstadt Shenzhen. Dabei ist es vollkommen unerheblich, wem dieses Lager nun eigentlich gehört. Da der Händler nicht die großen Kosten der Lagerhaltung tragen will, ist es sicher häufig ein Lager des Herstellers.
Von dort aus wird es zum Flughafen Hong Kong transportiert, wo ein anderes Logistikunternehmen die Sendung übernimmt.

Irrwege um Zölle zu umgehen

Von dort aus wird es in den europäischen Raum eingeflogen. Am beliebtesten dafür sind derzeit Budapest und Prag, aber auch die Niederlande. Und London, worüber viele Lieferungen im Dampferbereich kommen.
Dort nimmt das chinesische Logistikunternehmen die Lieferung an. Das kann auch durch ein Subunternehmen passieren, damit wird der Weg der Rückverfolgung und eventuellen Haftbarmachung erschwert.

Dieses Unternehmen hat jetzt eine Vielzahl von Möglichkeiten, die Frachtpapiere zu fälschen. Beispielsweise kann der Warenwert herabgesetzt werden, was eine anteilige Steuer verringern würde. Oder nach der Übergabe an den Subunternehmer wird die Lieferung kurzerhand zur europäischen Ware gemacht, wodurch gleich alle weiteren Zölle entfallen.
Die Lieferung wird dann einem Logistikunternehmen übergeben, das die Lieferung nach Deutschland transportiert. Und hier wird es dann dem deutschen Zustellunternehmen übergeben und an den Dampfer ausgeliefert.

Schematische Übersicht (Vollauflösung bei Klick)

Legal wäre schneller

Die Wahrnehmung Vieler, ein Händler in China würde die Waren einfach beim Hersteller günstig aufkaufen und dann mit der (wohlmöglich deutschen) Post nach Deutschland senden, ist also völlig falsch. Dann würde die E-Zigarette einfach in Frankfurt oder Düsseldorf landen und wäre nach wenigen Tagen hier.
Üblicherweise hat die E-Zigarette aber nicht nur eine unnötige Reise durch halb Europa hinter sich, sondern ist auch durch die Hände mehrerer Firmen gegangen.

Konzerne bauen auf Betrug

Auch die Vorstellung, solche Unternehmen seien einfach nur kleine Händler, ist falsch. GearBest gehört dem Mutterkonzern Global Top. Dieser wird mit 5000 Mitarbeitern und einem Wert von über sieben Millarden Euro ausgewiesen. Die 2000 Mitarbeiter von GearBest residieren in einem neustöckigen Bürokomplex in Nanshan in Shenzhen.
Zur Bewertung sollte man das korrekterweise den vielen kleinen deutschen Vape Shops gegenüberstellen, wenn man sich der Illusion eines Aufbegehrens hingibt.

„Der mogelnde Chinese wird so zum Millionär oder Billionär, sammelt ausländische Währung ein und breitet sein Netzwerk aus. In Deutschland hingegen wird dieser Steuerausfall im schlimmsten Fall langfristig auf den Steuerzahler ausgelagert.“
techkou.net, 28.09.2017

Milliarden gehen verloren

Und genau diesem Treiben ist OLAF nun auf der Spur.
Es ist daher auch vermessen zu denken, das wäre nur für den Bereich der E-Zigarette zutreffend. Vielmehr geht es um alle Wirtschaftsgüter, die an Endkunden und im Großhandel von China versendet werden. Und das hat mit der TPD oder dem Tabakerzeugnisgesetz rein gar nichts zu tun.

Bereits im März dieses Jahres platzten die Ermittler von OLAF in die durch den Brexit angespannte Stimmung zwischen der EU und dem Königreich. Denn sie werfen vor allem Großbritannien vor, diesen Zollbetrug jahrelang ignoriert zu haben.
Alleine für die Jahre 2013 bis 2016 sollen der EU dadurch Einnahmen von über zwei Milliarden Euro entgangen sein. Hinzu kommen die Einnahmen, die Ländern wie Deutschland durch die damit unterschlagene Mehrwertsteuer entgangen sein sollen. Diese werden von OLAF auf nochmals über 3,2 Milliarden beziffert. Nach internen Aussagen des deutschen Zoll sollen diese aber um ein vielfaches höher liegen. Und der Markt boomt weiter.

Ausgleich von Großbritannien gefordert

Der Britsche Zoll wird genauer hinsehen

Diese entgangenen Einnahmen gehen nach Einschätzung der Ermittler vor allem auf das Konto europäischer Netzwerke, die den chinesischen Händlern diese günstigen Konditionen ermöglicht haben. Wörtlich wurde auch von „Banden“ gesprochen.
Als Beispiel nannte OLAF Damenhosen, die über langen Zeitraum mit 91 Cent pro Kilogramm angegeben wurden. Der Weltmarktpreis von Baumwolle liegt jedoch bereits bei etwa 1,44 Euro pro Kilogramm. Innerhalb der EU werden solche Waren im Schnitt mit 26,09 Euro deklariert.

Daher hat OLAF einige Maßnahmen empfohlen, um diese Löcher zu stopfen. Zusätzlich wurde der EU Kommission empfohlen, die entgangenen Milliarden durch die Nachlässigkeit von Großbritannien zurückzufordern.
Es ist also davon auszugehen, dass die britischen Zollbehörden sehr viel genauer darauf achten werden, was dort über ihren Tisch geht. Und dass andere Länder, vor allem in Osteuropa, sich dem recht schnell anschließen werden.

Das erklärt auch, warum derzeit viele aus China bestellte Produkte in England hängen bleiben oder gar zurück geschickt werden. Es bleib abzuwarten, ob und in wie weit die chinesischen Händler dann noch an die korrekte Zustellung oder die Gewährleistung halten werden.

Katz und Maus Spiel

Natürlich darf man erwarten, dass die chinesischen Händler und die europäischen Netzwerke nach neuen Möglichkeiten und Schlupflöchern suchen werden. Doch diese Dimension macht vielleicht auch deutlich, dass der Wirtschaftsraum der EU in allen Bereichen sehr engagiert damit beschäftigt ist, solche Schlupflöcher zu schließen und den Betrügereien Einhalt zu gebieten.
Die Zolleinnahmen stellen eine der wichtigsten Finanzquellen der EU dar.

Dampferprobleme stehen hinten an

Erst nach allen diesen Vorgängen erscheint dann das Problem der deutschen Dampfer. Nämlich dass Lieferungen beim deutschen Zoll aufgehalten werden und teilweise nachverzollt oder nachversteuert werden müssen.

In den vergangenen Monaten war es vor allem im bayrischen Raum gehäuft zu solchen Schwierigkeiten gekommen. Was wiederum auf eine Einfuhr über Prag oder Budapest schließen lässt. Und dass die Behörden dies ebenfalls bereits im Auge haben.
Doch auch dort muss man wieder drei Ursachen unterscheiden.

TPD2 irrelevant

E-Zigarette
Auch der deutsche Zoll kontrolliert genauer

Zunächst kann bei jeder Lieferung nur die nachträgliche Versteuerung anfallen, da durch den Transportweg die Steuer durch die Zulieferer unterschlagen wurde. Worauf der Endkunde eigentlich ein Anrecht hätte. Dummerweise übernehmen das viele Dampfer dann jedoch selber, weil sie dadurch immer noch preiswerter oder schneller in Deutschland an ihr Produkt kommen.
Natürlich kann dem Zoll auch hier noch ein Zollbetrug auffallen. Was zu einer Rücksendung oder gar der Vernichtung des Produktes führen kann. Und dann können natürlich noch andere Mängel auftauchen, recht bekannt ist hier die fehlende Kennzeichnung mit einem CE Zeichen.

Erst in der letzten Instanz geht es tatsächlich um die TPD beziehungsweise dem sich daraus ergebenden Tabakerzeugnisgesetz. Das hat aber mit der Situation am Zoll dann tatsächlich sehr wenig zu tun.
Denn die TPD ist eine reine Regulierung für Händler. Nur wer hier mit diesen Produkten Handel betreiben will, muss sie auch bei der EU anmelden. Und danach die sechsmonatige Stillhaltefrist einhalten. Was der Enddampfer im Einzelnen damit macht, ist den Behörden furchtbar egal.

E-Zigaretten
Warum es zu Problemen mit einer Lieferung kommen kann.

Lohnt noch in China zu bestellen?

Bei diesen Vorgängen und der absehbaren Entwicklung ist durchaus fraglich, ob sich derzeit noch eine Bestellung in China lohnt. Denn das Risiko, dass das Pakte nicht ankommt, erhöht sich gerade exponentiell.

Um das nochmals zu verdeutlichen sei darauf hingewiesen, dass diese Ankündigungen und Ermittlungen bereits zum Beginn des Jahres öffentlich wurden. Was nun zu spüren ist, sind nur die ersten Auswirkungen. Woran die Ermittler derzeit arbeiten kann niemand mit Sicherheit sagen.
Hinzu kommt, dass durch die voraussichtliche Vervielfachung der Versandkosten ab Januar auch eine nachhaltige Änderung der Preise bei den Händlern zu erwarten sein dürfte.

China Handel vor dem Aus?

So große Unternehmen haben nur scheinbar viel Geld. Sie sind aber umso anfälliger für Einbrüche. Experten schätzen, dass durch eine stringentere Umsetzung der Gesetze im europäischen und amerikanischen Wirtschaftsraum die Umsätze von GearBest und Konsorten um 50% einbrechen könnten. Was ein Ende dieser Unternehmen zur Folge haben würde.

Den Online Handel aus China, wie wir ihn heute noch kennen, dürfte es nicht mehr lange geben. Und das hat absolut nichts mit einer Verschwörung gegen E-Zigaretten oder der TPD zu tun. Im Gegenteil, es würde den inländischen Markt der E-Zigarette langfristig stärken.

Auch wenn einige Schnäppchenjäger sich sicher darüber ärgern.
Es ist leicht, ein härteres Vorgehen gegen große Steuerhinterzieher zu fordern. Bis es an die eigene Tasche geht, aus der man eben diese großen Steuerhinterzieher unterstützt.
Geiz ist geil, das gilt für alle.


Bericht der SZ vom März: http://www.sueddeutsche.de/news/politik/eu-milliardenverlust-durch-zollbetrug-in-grossbritannien-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170308-99-579556
Bericht von techkou.net: https://techkou.net/news/germany-express-steuerhinterziehung/
Bericht der Welt am Sonntag: https://www.welt.de/wirtschaft/article169402707/Online-Shopping-im-China-Shop-Das-wird-kuenftig-teurer.html
Bericht zur Regulierung in Deutschland: https://www.vapers.guru/2016/10/31/regulierung-in-deutschland/

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Joey Hoffmann

Begründer und inhaltlich Verantwortlicher bei vapers.guru
Freier Redakteur, zuvor angestellter und selbstständiger Marketingberater und Mediengestalter, Fachbereich Facebook und Wordpress. Mitglied des Deutschen Fachjournalisten-Verbandes.

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