Vor wenigen Wochen wurde eine neue Stiftung zum Kampf gegen den Tabak ins Leben gerufen. Von einem ehemaligen, ranghohen Mitarbeiter der WHO. Und sie befürwortet die E-Zigarette.
Doch nun sind die Grabenkämpfe offen ausgebrochen. Auslöser ist vor allem, woher die Stiftung ihr Geld bekommen wird.
Derek Yach stammt ursprünglich aus Südafrika, wo er auch sein Medizin Studium absolviert hat. Seinen Master hat er dann im Fachbereich Öffentliche Gesundheit an der John Hopkins Bloomberg School of Public Health gemacht. Die John Hopkins gehört zu den ersten Adressen in den USA und dürfte vielen aus dem Schweigen der Lämmer bekannt vorkommen.
Vor zehn Jahren hat er einen Ehrendoktor der Georgetown University verliehen bekommen.
Während viele andere Wissenschaftler – und jene die sich dafür halten – damit ringen, einen oder zwei Artikel in einem Fachmagazin zur veröffentlichen, hat Derek Yach inzwischen über 200 Artikel zur Öffentlichen Gesundheit publiziert oder mitgeschrieben.
Man darf ihn also mit einer gewissen Berechtigung zu den weltweit führenden Denkern in diesem Bereich zählen.
Yach bei der WHO
Er war der leitende Kopf hinter der Framework Convention on Tobacco Control (FCTC) der WHO.
Das ist eine Übereinkunft von 180 Staaten zur Bekämpfung des Tabaks.
Der Unterschied zwischen Yach und der WHO besteht schlicht darin, dass er tatsächlich die Folgen des Tabak Konsums eindämmen will. Die WHO jedoch eine moralische Perspektive vertritt, E-Zigaretten zum Tabak zählt und sie damit ebenso bekämpft wie Zigaretten.
WHO will E-Zigaretten verbieten lassen
So hat die WHO anlässlich einer Konferenz in Indien alle Mitgliedstaaten aufgerufen, die E-Zigarette zu verbieten. Oder wenigstens zu regulieren. Auf dieser Konferenz war kurzfristig Mitgliedern der Presse der Zugang verwehrt worden.
Sie sagt Tabak, meint aber jede Form der Inhalation.
Daher behauptet sie auch, ihre Tabak Direktive hätte die Öffentliche Gesundheit „substanziell“ verbessert. Die Zahlen belegen das Gegenteil. In vielen Industrienationen sind die Raucherzahlen zwar um wenige Prozentpunkte abgesunken, dafür aber in andere Teilen der Welt stark angestiegen.
Foundation for a Smoke-Free World
Nun hat Dr. Derek Yach eine neue Organisation gegründet. Die Foundation for a Smoke-Free World, die Stiftung für eine rauchfreie Welt. Was im ersten Moment leicht größenwahnsinnig erscheinen mag, wird durchaus denkbar, wenn man sich diesen Hintergrund von Yach klar macht.
Diese Stiftung soll auf vier Säulen stehen. Zum ersten auf der Unterstützung der Forschung auf diesem Gebiet weltweit. Zum Zweiten soll sie Zahlen erheben und abbilden. Zum Dritten will sie die Länder unterstützen, angepasst an ihre ökonomische Situation. Und zu guter Letzt will sie sogar dabei mithelfen, die Tabak Pflanzer in den Ländern auf das Absinken des Konsums vorzubereiten.
Dabei schließt sie die E-Zigarette ausdrücklich nicht als Mittel zum Rauchstopp aus. Im Gegenteil.
Zusammenarbeit mit Aron Biebert
Seine positive Haltung zur E-Zigarette hat Yach eindrücklich unter Beweis gestellt, als er für die Dokumentation A Billion Lives von Aaron Biebert interviewt wurde.
Und Biebert war es auch, der das Filmmaterial für das Marketing zur Verfügung gestellt und den veröffentlichten Trailer gemacht hat.
Großer Spender von unerwarteter Seite
Die Stiftung hat sich selber Regeln auferlegt. Unter anderem, dass Stiftende keinen Einfluss auf die Arbeit oder Forschung haben dürfen. Dies ist in ihrer Satzung so belegt. Und war es auch, bevor der skandalöse Stiftende, der danach aufgetaucht ist, sich zu irgendetwas verpflichtet hat.
Gerade hat der Tabak Konzern Philip Morris International (PMI) erklärt, sich von seinem Kerngeschäft der klassischen Verbrennungszigarette zurückziehen zu wollen. Was eine richtungsweisende Entscheidung sein dürfte. Denn PMI ist nach China National Tobacco der größte Tabak Multi der Welt, sein Flaggschiff Marlboro die meistverkaufte Marke.
PMI hat sein Ziel darin erkannt, auf alternative Formen des Konsums zu setzen. Auf der Homepage von PMI prangt der Slogan „Designing a Smoke-Free Future“ (Eine rauchfreie Zukunft entwerfend). Nach eigenen Angaben wurden Milliarden in die Entwicklung der IQOS gesteckt. Einem Heat not Burn System, das Tabak verdampft.
Eine Milliarde Dollar
Nun hat PMI zugesagt, Yachs Stiftung ab 2018 jährlich 80 Millionen Dollar zukommen zu lassen. Über einen Zeitraum von 12 Jahren. Was einer Gesamtsumme von fast einer Milliarde Dollar entspricht.
Alleine dadurch wäre die Foundation auf einen Schlag ein Global Player und die wohl größte derartige Organisation weltweit.
Da sie bereits mit anderen Organisationen und sogar Regierungsbehörden zusammenarbeitet, sieht die WHO offenbar ihr moralisches Monopol im Bereich der Tabakbekämpfung gefährdet.
Abwehrschlacht voll entbrannt
Dieser Kampf um die Deutungshoheit ist voll entbrannt. Bereits am 19. September veröffentlichte die Abteilung für die Tabakbekämpfung der WHO eine offizielle Erklärung. Die natürlich vor allem in den englischsprachigen Medien verbreitet wurde.
In dieser rät sie nicht nur davon ab, mit der Foundation zusammen zu arbeiten. Sondern sie macht in sehr harschem Ton klar, dass sie alleine durch die Zusammenarbeit mit der Stiftung einen Bruch ihrer Direktive sieht. Obwohl diese Direktive für die Unterzeichnenden in keiner Weise bindend ist. Es ist eine Willenserklärung.
Fantastische Aussagen
Zunächst stellt die WHO klar, dass Yach diese Direktive in seiner Zeit bei der WHO nicht alleine entworfen hat. Diese Distanzierung ist umso fragwürdiger, da dies niemand behauptet hat.
Sie bezeichnet ihre Direktive sogar als „weltweit einzigen, auf Beweisen basierenden Vertrag“. Was der bekannte Grazer Forscher und Leiter der universitären Pharmakologie Prof. Dr. Bernd Mayer als selbstironisch empfindet. „Die FCTC mag alles sein, aber „evidence-based“ ist der Vertrag definitiv nicht.“
„Bei der Festlegung und Durchführung ihrer gesundheitspolitischen Maßnahmen in Bezug auf die Eindämmung des Tabakgebrauchs schützen die Vertragsparteien diese Maßnahmen in Übereinstimmung mit innerstaatlichem Recht vor den kommerziellen und sonstigen berechtigten Interessen der Tabakindustrie.“
Rahmenübereinkommen der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (FCTC, Artikel 5 (3)
Jegliche Zusammenarbeit mit der Foundation würde einen klaren Bruch dieses Artikels bedeuten.
Was die WHO als Konsequenz daraus herleiten würde, hält sie natürlich offen. Denn sie hat keinerlei Handhabe.
Darüber hinaus verweist sie auf einen Artikel ihrer FCTC, der neben Passivrauch und Tabakkonsum auch Nikotinabhängigkeit bekämpfen will. Und deshalb auch die Versuche der Industrie andere Darreichungsformen zu etablieren als reine Profitsucht und keineswegs im Interesse der Öffentlichen Gesundheit angesehen werden.
Worin die Gefahren bei Wegfall der lebensbedrohlichen Randerscheinungen liegen sollen, erläutert sie nicht. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass viele Suchtforscher inzwischen eine Abhängigkeit von Nikotin kritisch sehen oder gleich ganz bestreiten.
Und gleich nochmal nachlegen
Es dauerte dann noch einmal eine Woche, bis die WHO als Ganze eine Stellungnahme veröffentlichte. In ihr wiederholt die Organisation erneut die Behauptungen der Erklärung ihrer Abteilung für Tabakbekämpfung.
Auch hier wird herausgestellt, dass man einer von der Tabakindustrie finanzierten Forschung nicht vertrauen könne. Auch hier wird ignoriert, dass gerade die Tabak Industrie die höchsten Qualitätsstandards in ihren Forschungen einhält. Nicht nur, weil sie das Geld dazu hat. Sondern auch um sich nicht angreifbar zu machen. Denn kaum ein Forscher möchte als tabakfreundlich verschrien sein.
Man kann diese Aussagen als reine Stimmungsmache betrachten. Denn es wird in den Äußerungen der WHO a priori unterstellt, dass PMI hier einen starken Einfluss nehmen würde. Dass die Stiftung diese Einflussnahme aber ausgeschlossen hat, wird unerwähnt gelassen. Sie hat bisher nicht einmal ihre Arbeit voll aufgenommen.
Das alles in dem autoritären Ton, der durch Lautstärke versucht zu verbergen, dass er eigentlich keine Autorität hat.
Weitere Geldgeber und Kooperationen erwartet
Dr. Derek Yach indes reagierte bemerkenswert gelassen. Er bedauerte lediglich diese Einstellung der WHO.
Diese Gelassenheit ist nachvollziehbar. Denn die Foundation geht davon aus, noch weitere Stifter zu finden und Zusammenarbeiten etablieren zu können.
Aber auch die kratzbürstige Reaktion der WHO ist verständlich. Denn sie ist abhängig davon, sich als möglichst wichtig darzustellen. Schwindet ihr Einfluss, schwinden auch die Gelder. Über 50% des Budgets werden inzwischen durch freiwillige Abgaben der Mitgliedsstaaten finanziert, wovon wiederum etwa die Hälfte alleine aus den USA kommt.
Die Tabakkontrolle dürfte intern nicht die größte Rolle spielen. Auch wenn die WHO sich diese offenbar aus Ermangelung anderer öffentlichkeitswirksamer Betätigungsfelder auf die Fahnen geschrieben hat.
Sie muss also diese Stiftung zwangsläufig als Konkurrenz ansehen.
Einen kommenden Big Player, der sich gerade aufmacht den Tabak zu bekämpfen. Und die E-Zigarette als hervorragendes Mittel dafür ansieht.
In Bieberts Trailer sagt Yach lächelnd, er möchte einfach das von anderen klauen, was in der Öffentlichen Gesundheit funktioniert. Und der konservative Weg der Verbote und Regulierungen scheint es nicht zu sein. Das stellt die WHO seit Jahrzehnten nachdrücklich unter Beweis.
Homepage der Foundation for Smoke-Free World: https://www.smoke-freeworld.org/
Erklärung der Tabakbekämpfung der WHO: http://www.who.int/fctc/mediacentre/statement/secretariat-statement-launch-foundation-for-a-smoke-free-world/en/
Erklärung der WHO: http://www.who.int/mediacentre/news/statements/2017/philip-morris-foundation/en/
Die FCTC (deutsch): https://www.vapers.guru/wp-content/uploads/2017/10/FCTC.pdf
Joey Hoffmann
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