Der Fernsehsender Sat1 veröffentlichte am vergangenen Donnerstag einen Beitrag, der gestern ein juristisches Nachspiel hatte. Ein weiteres Zeichen einer Zeitenwende für die E-Zigarette in Deutschland.
Das Format „Auf Streife – Die Spezialisten“ des Senders Sat1 ist eine dieser Sendungen, die im Volksmund auch als Hartz-IV-Fernsehen bezeichnet werden.
Konstruierte Fälle von Einsatzkräften, wie der Polizei oder der Feuerwehr, werden so dargestellt, als würden sie live passieren und eine Wirklichkeit wiedergeben. Diese Form der Darstellung wird auch als Scripted Reality (Drehbuch Realität), Pseudo Doku oder Doku Soap bezeichnet.
Das Format ist vor allem bei Privatsendern sehr beliebt, da es bei sehr geringen Produktionskosten viel Raum für Werbeplätze lässt. Die erdachten Geschehnisse werden üblicherweise durch Laiendarsteller vorgeführt und mit Mitteln einer Dokumentation abgebildet. Häufig werden bestehende Vorurteile genutzt, um Zuschauer anzulocken.
Auch im Fall von „Auf Streife – Die Spezialisten“ handelt es sich um solche erdachten Fälle. In diesem Fall ist den Machern jedoch durch mangelnde Recherche ein Fehler unterlaufen, der nun Konsequenzen hatte.
Drogen aus der E-Zigarette
In der Sendung, die am vergangenen Donnerstag ausgestrahlt wurde, ging es um den Fall einer Mutter, die den Notarzt informierte. Ihre Tochter sei verschwunden. Sie hätte aber Informationen, dass diese sich mit Freunden irgendwo am Rheinufer aufhalte und dort ohnmächtig geworden sei.
Die mit Kamerateam eintreffenden Sanitäter stellten bei der gefundenen Minderjährigen und ihrem Freund eine Überdosierung so genannter Legal Highs fest.
Diese angeblich legalen Drogen waren mittels einer E-Zigarette konsumiert worden. Dabei hatten sich bereits sehr viele fachliche Fehler und Ungereimtheiten eingeschlichen.
Ein Sanitäter fand bei dem nicht mehr ansprechbaren Freund der Tochter dann nicht nur eine E-Zigarette. Sondern auch ein Fläschchen Liquid, welches die Drogen enthalten sollte.
Dieses bezeichnete er dann als „Happy Liquid“. Er erklärte dazu, dieses Liquid enthielte generell Drogen, wie das dem Extasy (MDMA) ähnlichen Amphetamin Mephedron.
Nachlässig den falschen erwischt
Happy Liquid ist auch Werbepartner von vapers.guru und gehört zu den größten Herstellern in Deutschland. Es ist eine eingetragene Marke der Happy People GmbH in München.
Diese vertreiben ihre Liquids vor allem im B2B Bereich an Vape Shops, aber auch an Kioske und Tankstellen.
Happy Liquid ist am Markt vor allem auch für seine hohen Standards bekannt. Begründer des Unternehmens sind ein Arzt und ein Apotheker.
Hinweise von Kunden
Auch wenn „Happy Liquid“ sicher ein naheliegender Name für ein Liquid mit Partydrogen zu sein scheint, so waren die „Happys“ aus München wohl wenig über diese Darstellung erfreut.
Bereits am darauffolgenden Freitag gingen mehrere Hinweise auf diesen Beitrag in der Münchner Firmenzentrale ein.
„Wir wurden schon am Freitag von mehreren Kunden (und lustigerweise auch nicht Kunden) darauf aufmerksam gemacht, dass Happy Liquid in Sat1 „negativ“ erwähnt wird. Alle haben sich geäußert, dass es eine Frechheit ist, eine Firma wie uns, mit solch hohen Standards, der Forschung und mit dem Fachwissen, in Verbindung mit illegalen Drogen zu bringen.“
Thomas Mrva, Geschäftsführender Gesellschafter Happy People GmbH
Abmahnung durch den Happy Anwalt
Daher hat die Firma ihren Rechtsanwalt damit beauftragt, gegen Sat1 vorzugehen.
Dieser hat den Sender nach Prüfung des Sachverhalts umgehend abgemahnt und eine entsprechende Unterlassungserklärung zugesendet. Mit Fristsetzung bis zum gestrigen Montag um 15:00 Uhr.
Wohl um gerichtlichen Streitigkeiten aus dem Weg zu gehen hat der Sender die Unterlassungserklärung unterzeichnet. Darüber hinaus wurde die gesamte Sendung, die auch andere Beiträge enthielt, inzwischen aus der Online Mediathek entfernt. Der entsprechende Beitrag war bereits gestern Nachmittag nicht mehr auf der Internetseite zu sehen.
„Das Video ist nicht mehr verfügbar.
Leider dürfen wir dieses Video aus rechtlichen Gründen nicht mehr anbieten.“
Sat1 Mediathek
E-Zigarette setzt sich durch
Sat1 ist ein Sender der ProSiebenSat.1 TV Deutschland Holding mit einem Jahresumsatz von über 2.100 Millionen Euro im Jahr. Das täuscht jedoch darüber hinweg, wie groß der Mutterkonzern ist. Denn Inhaber ist die ProSiebenSat.1 Media SE. Diese firmiert in Unterföhring und weist einen Jahresumsatz von fast vier Milliarden Euro aus.
Sicherlich wird es keine weiteren Konsequenzen oder gar eine Gegendarstellung durch den Sender geben. Dennoch ist dieser Vorgang durchaus als ein Zeichen der weiteren Emanzipation der E-Zigarette in Deutschland zu bewerten.
Denn es zeigt, dass ein Hersteller von Liquids durchaus als marktwirtschaftlich relevanter Player auf Augenhöhe erkannt wurde.
Da diese Formate mit Werbung beladen sind, dürften dem Sender durch diesen Vorgang sicher größere Summen durch Werbeeinnahmen verloren gehen.
Zwar schützt das die E-Zigarette nicht generell vor Falschdarstellungen durch die Medien. Immerhin ging es hier nur um eine Markenrechtsverletzung.
Aber es ist ein deutliches Zeichen, dass die Schreiber und Redakteure der Sender in Zukunft wohl sehr viel genauer darauf achten müssen, was sie veröffentlichen.
Blog Kommentar zu dem Beitrag: https://www.vapers.guru/2017/10/29/sat1-drogen-in-der-dampfe/
Joey Hoffmann
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