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FDA: Neues Level der Absurdität erreicht

„Von den Fakten verabschiedet“

Philip Morris International drängt mit seinem Heat not burn Produkt IQOS auf den Markt. Hierfür wollte das Unternehmen die Zulassung das Gerät als sicherere Alternative zum Tabak bewerben zu dürfen. Ein Gremium der FDA sollte der Behörde eine Empfehlung aussprechen und erreicht in ihrem Beschluss ein neues Level der Absurdität.
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Die FDA ist die Food and Drug Administration der USA. Sie ist für die Zulassung von Lebensmitteln, Medikamenten und Tabakprodukten zuständig. Sie gehört zu den mächtigsten und marktwirksamsten Behörden.
Der durch den Präsidenten neu eingesetzte Scott Gottlieb, selber Arzt und Krebsüberlebender, sorgte im vergangenen Juli für Aufsehen, als er in einer Rede ein Umdenken in der Tabakpolitik ankündigte. Unter anderem stellte er das zuvor Unaussprechliche offiziell klar: Nicht das Nikotin tötet Menschen, sondern der Teer.

Kurz zuvor war die so genannte Deeming Rule in Kraft getreten, die durch ihre harten Regulierungen ein Ende des freien Marktes für die E-Zigarette bedeutet hätte. Beispielsweise durch ein absurdes Beratungsverbot in den Vape Shops und einen teuren Zulassungsprozess von Produkten, den die meist klein- und mittelständigen Betriebe in der Dampfbranche sich nicht hätten leisten können.
Diese beiden Regulierungen wurden mit sofortiger Wirkung zurückgezogen, die Fristen auf Jahre verschoben.
Die aktuellen Vorgänge innerhalb der FDA zeigen, dass die sicher gut gemeinten Ankündigungen jedoch scheitern, wenn der Großteil der Behörde an alten Denkmustern festhält.

Der Geist der Nikotinsucht

Inzwischen ist eine neue Klassifizierung von Tabakprodukten eingerichtet. Die so genannten Modified Risk Tobacco Products („Tabak Produkte mit modifiziertem Risiko“; kurz MRTP) haben durch ihre Zulassung einige Vorteile, da sie nicht unter die Regulierungen anderer Tabakprodukte fallen.
Unter anderem ist angekündigt, den Nikotingehalt von Zigaretten durch Regulierung so weit abzusenken, dass keine Suchtgefahr mehr von ihnen ausgehen kann.
Die Argumentation zeigt bereits, dass die Behörde nach wie vor die Substanzabhängigkeit im Vordergrund sieht und die anderen Komponenten der Abhängigkeit schlicht ignoriert.

PMI IQOS

IQOS, FDA, Philip Morris
Die IQOS von Philip Morris

Philip Morris International drängt seit einigen Monaten mit ihrem Produkt IQOS auf den Markt. Das Heat not Burn Produkt hat nach Angaben von PMI Milliarden Entwicklungsgelder gekostet und zeichnet sich durch ein weit geringeres Risiko aus. Die Zahlen schwanken hier zwischen 80% und 95%.
In der IQOS werden kurze Tabak Stick so erwärmt, dass die Inhaltsstoffe des Tabaks verdampfen aber nicht verglimmen. Der schädliche Teer und die karzinogenen Stoffe werden dadurch reduziert.

Dafür hat PMI nun eine Zulassung als MRTP beantragt. Dies wurde durch ein Komitee der FDA geprüft.
Wie die Nachrichtenagentur Reuters in der Nacht zum Donnerstag berichtet, wurde diese Zulassung nun abgelehnt. Große Medien haben diese Entscheidung bereits aufgegriffen und berichten darüber.

Absurde Begründung

Die Begründung des Komitees ist dabei mindestens absurd. Wissenschaftlich ist sie sicher auch nicht, obwohl genau dies die Entscheidungsgrundlage des Tobacco Products Scientific Advisory Commitee (Komitee für wissenschaftliche Beratung bei Tabak Produkten) sein sollte.
Die Berater sahen es als erwiesen an, dass die IQOS weniger Risiko als herkömmliche Zigaretten hat. Dennoch verweigerten sie die Empfehlung einer Zulassung.

„Das Gremium sagte, Philip Morris habe nicht nachgewiesen, dass die IQOS den Schaden im Vergleich zu Zigaretten reduziert.
Es kam zu dem Schluss, dass das Produkt die Nutzer geringeren Konzentrationen schädlicher Chemikalien aussetzt. Doch das Unternehmen habe nicht nachgewiesen, dass das Verringern dieser Chemikalien logischerweise auch auf eine messbare Reduzierung auf Krankheit und Tod übertragen werden kann.“
Reuters, 25.01.2018

Die Basis der Logik verlassen

Auch neutrale und wohlwollende Beobachter dürfen an diesem Punkt schlussfolgern, dass das Gremium damit nicht nur die Basis des gesunden Menschenverstandes, sondern auch der Logik und Wissenschaft verlassen hat.
Über Jahrzehnte wird der Öffentlichkeit gesagt, dass die Schäden durch die Zigarette durch die hohe Konzentration von Schadstoffen bedingt sind. Und nun kommt es zu dem Schluss, dass eine Reduzierung der Schadstoffe nicht gleichbedeutend mit der Reduzierung der Schäden ist.




Marc Scheineson, Partner der internationalen Rechtsanwaltskanzlei Alston & Bird mit Sitzen u.a. in New York, Brüssel, Bejing und Washington machte in einem Gespräch mit dem Sender CNBC auf einen weiteren Umstand aufmerksam. Der ehemalige hochrangige Mitarbeiter der FDA verwies auf Swedish Match. Diese hatten versucht für ihren Snus eine so genannte Premarket Applikation zu bekommen, eine Marktzulassung. Diese war dem größten Hersteller von Kautabak in den USA verweigert worden, obwohl sie einen ganzen „Schwall an klinischen Daten“ vorgelegt hatten.
Erst nachträglich wurden ihre Produkte durch die Behörde zugelassen.

Snus, IQOS und Dampfe in einem Boot

Das macht klar, dass Snus, IQOS und E-Zigaretten in einem Boot sitzen. Denn die Bestimmungen für solche Zulassungen, vor allem für eine Zulassung als MRTP mit reduziertem Risiko, werden offenbar individuell so hoch gelegt, dass sie nicht erreicht werden können. Um nicht zu sagen willkürlich.
Denn es ist so gut wie unmöglich für ein Produkt nachzuweisen, dass sein reduziertes Risiko auch zu weniger Krankheit führt. Die Schäden durch Tabak werden oftmals erst nach jahrzehntelangem Rauchen in erhötem Alter sichtbar. Ein solcher Nachweis wäre also, wenn überhaupt, erst in einigen Jahrzehnten zu erwarten.

Das kann wiederum bedeuten, dass auch E-Zigaretten trotz der vollmundigen Ankündigungen durch Scott Gottlieb wieder auf der Abschussliste landen. Beispielsweise bei der drastischen und aus Sicht von Suchtforschern einigermaßen unsinnigen Reduzierung des Nikotingehaltes.

„Von den Fakten verabschiedet“

Tweet, Clive Bates, FDA
Tweed von Clive Bates zur Entscheidung

In Kreisen der Harm Reduction Befürwortern hat diese Entscheidung für Aufsehen gesorgt. So schrieb Prof. Dr. Bernd Mayer von der Uni Graz gestern auf seinem Facebook Account „Man informiert die Bevölkerung jahrzehntelang über die schädlichen Wirkungen der Inhaltsstoffe von Tabakrauch, bezweifelt dann aber das geringere Gesundheitsrisiko eines Produkts mit nachweislich 90 %-ig reduziertem Schadstoffgehalt.“

„Die abgelehnte Empfehlung ist keine Überraschung.“ sagte Gregory Conley, Präsident der American Vaping Association gegenüber Reuters. Damit hätten die Mitglieder des Gremiums sich „von den Fakten verabschiedet zugunsten der Ideologie.“

Der vielen Dampfern aus dem Film A Billion Lives bekannte britische E-Zigaretten Befürworter Clive Bates veröffentlichte auf Twitter einen Text von 10 Tweeds. Auch seine Reaktion ist mindestens Unverständnis.

„Mitglieder des Gremiums haben keine Konsequenzen für das fälschliche Zurückweisen von wahren Behauptungen zu befürchten. Einschließlich offensichtlich wahrer Behauptungen. Raucher, die Menschen die tatsächlich in Gefahr sind, tragen die Konsequenzen. Durch das Verweigern von Informationen um informierte Entscheidungen zu treffen. Die Konsequenzen können für einige von ihnen tödlich sein.“
Clive Bates, 26.01.2018

Philip Morris zuversichtlich

Letztendlich ist die Entscheidung des Komitees nur eine Empfehlung. Die FDA muss sich nicht daran halten. Es ist schwer vorherzusagen, zu welcher Entscheidung die Behörde kommen wird. Denn einerseits zeigt diese Argumentation die völlige Abwesenheit von Verantwortungsbewusstsein zugunsten von moralischen Vorstellungen. Andererseits hat die spätere Zulassung des Snus von Swedish Match aber Flexibilität gezeigt.
Es kann durchaus sein, dass Scott Gottlieb den Vorgang aufgrund der großen Öffentlichkeit zur Chefsache macht.

„Ich denke, genau das ist die Strategie“ sagte Marc Scheineson. „Philip Morris hat damit bewirkt, dass dies gute, kostenlose Publicity ist. Es befindet sich nun in einem wissenschaftlichen Forum, in dem diskutiert wird, wie dieses neue Produkt funktioniert und was die Unterschiede zur E-Zigarette sind.“

Cores Henry, Sprecher von Philip Morris International, äußerte sich gegenüber CNBC zuversichtlich. „Wir vertrauen in unsere Fähigkeit die stichhaltigen Fragen, die das Komitee aufgeworfen hat, an die FDA stellen zu können, während der Prozess unserer Zulassung weitergeht.“

Eine Entscheidung der FDA wird frühestens in den nächsten Monaten erwartet.


Rede von Scott Gottlieb: https://www.vapers.guru/2017/07/30/sensationelle-rede-des-chefs-der-fda/
Bericht zu Snus (Swedish match): https://www.vapers.guru/2018/01/22/erstes-gerichtsverfahren-gegen-tpd/

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Joey Hoffmann

Begründer und inhaltlich Verantwortlicher bei vapers.guru
Freier Redakteur, zuvor angestellter und selbstständiger Marketingberater und Mediengestalter, Fachbereich Facebook und Wordpress. Mitglied des Deutschen Fachjournalisten-Verbandes.

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