In England ist sie bereits zu haben: Die erste serienreife E-Zigarette mit Ultraschall.
Nur ein Gimmick oder die Zukunft des Dampfens?
Ich durfte sie exklusiv im deutschsprachigen Raum für Euch testen.
Wer gedacht hat die Entwicklung der E-Zigarette oder Nikotin Produkten zur Harm Reduction sei am Ende, der muss sich schon seit einiger Zeit eines Besseren belehren lassen.
Der junge Markt ist im Wandel. Nicht nur, dass die weltweiten Regulierungen so langsam spürbar werden und immer mehr größere Unternehmen den Markt bearbeiten. Auch die Geräte verändern sich.
Alteingesessen Firmen und Produkte wie ProVari verschwinden. Volt wurde von Watt abgelöst. Das Temperaturdampfen kam auf. Auf einmal drängen vor allem die Chinesen massiv mit preiswerten Geräten auf den Markt, die auch immer höheren Leistungen bringen.
Als Gegenbewegung kommen seit etwa einem Jahr wieder gute M2L Verdampfer auf den Markt. Und inzwischen feiern die Kartuschen Systeme der zweiten Generation eine echte Renaissance. Vor allem die Juul sorgt in den USA für Aufsehen.
Entwicklung der Dampfe nicht abgeschlossen
Als wenn das nicht reichen würde, drängen inzwischen auch die Tabakkonzerne mit eigenen Produkten auf den Markt.
In Japan ist die Ploom von Japan Tobacco ein echter Renner. Bei dieser Dampfe in Form einer Zigarette wird ein Tabak Granulat bei sehr geringen Temperaturen verdampft.
Wohl durch die starken Regulierungen der herkömmlichen E-Zigarette ist auch die IQOS ein Verkaufsschlager.
Mit der IQOS drängt gerade Philip Morris International auch auf den europäischen Markt.
Sie ist ein reiner Tabakverdampfer, ähnlich wie die eher erfolglose Glo von British American Tobacco.
Der aufgearbeitete Tabak wird nur erwärmt, der entstehende Dampf kann dann inhaliert werden.
Und natürlich finden sich die ersten, die lamentieren dass früher alles viel besser war. Wie in allen Bereichen.
Jetzt kommt Ultraschall
Nun steht aber auf dem Gebiet der „klassischen“ E-Zigarette eine weitere, echte Innovation ins Haus.
Xiangyuan Technology ist eine Unternehmensgruppe, die in Guangdong im Großraum Shenzhen in China beheimatet ist. Gemäß der eigenen Website wurde sie 2014 gegründet.
Bisher hat sie sich mit Transmittern und „neuen Materialien“ beschäftigt, besitzt mehrere Unternehmen und verfügt über eigene Forschungseinrichtungen.
Sie hat nun die Marke Usonicig begründet. Eine Marke die versucht mit ihren Erfahrungen aus anderen Bereichen die E-Zigarette zu revolutionieren.
Jetzt ist ihre erste Dampfe erschienen: Die Rhythm.
Bei dem Gerät handelt es sich tatsächlich um eine E-Zigarette, wie wir sie kennen und definieren.
Liquids aus Propylenglykol und Glycerin werden verdampft und können dann inhaliert werden. Und doch ist sie etwas völlig neues.
Denn das Verdampfen geschieht bei diesem Gerät nicht mittels Erhitzen. Sondern durch Ultraschall.
Von liebgewonnenen Attributen wie Wattzahl und Ohmzahl muss der Dampfer sich also verabschieden.
Eigentlich ein Kartuschengerät
Vereinfacht ist das Prinzip eigentlich sehr verständlich.
In die Flüssigkeit wird ein Impuls gegeben. Dieser ist so gering und vor allem schnell, dass er für den Menschen weder zu hören noch zu spüren ist. Im Fall der Rhythm sind das sage und schreibe 2.400.000 „Hits“ pro Sekunde.
Das führt dann dazu, dass die Bindung der Flüssigkeit auf atomarer Ebene „gelockert“ wird und die Flüssigkeit verdampft.
Offenbar findet dabei aber doch eine gewisse Abnutzung statt. Denn bricht man es herunter, ist die Rhythm nichts anderes als ein Kartuschen-Gerät.
Mit einigen Vorteilen, aber auch deutlichen Nachteilen.
Die Kartuschen sind quadratisch. Auf ihnen ist das Mundstück fest verbaut.
Sie können sehr einfach in die Halterung des Akkuträgers eingesetzt werden, sie werden magnetisch fixiert. Die Halterung ist tadelsfrei, es klappert nix und rappelt nix. Sehr angenehm, es hinterlässt einen wertigen Eindruck.
Allerdings ergeben sich durch das Mundstück die ersten Nachteile.
Die Probleme oben drauf
Dass es fest verbaut ist, ist sicherlich noch akzeptabel. Es gibt auch „klassische“ E-Zigaretten, bei denen das Drip Tip nicht auswechselbar ist. Oder nur ein Plastik Tubus zum überstülpen ist.
Durchmesser und Öffnung des Drip Tips sind der Dampfmenge völlig angemessen, es bewegt sich im Mittelfeld von etwa 13 mm.
Befüllt werden kann der Pod durch einfaches Drehen des Drip Tips. Dadurch werden die Öffnungen am Deckel der Kartusche geöffnet. Die Öffnungen sind absolut dicht und ich hatte durch ihre Größe auch keine Probleme mit dünnen Chubby Gorilla Flaschen zu befüllen. Bei dicken könnte es etwas kniffelig werden.
Und da taucht bereits das erste Problem des Gerätes auf.
Befeuert man eine klassische E-Zigarette, passiert annähernd nichts. Erst wenn man an ihr zieht oder in die Air Flow pustet entweicht ihr Dampf in relevanten Mengen.
Beim Ultraschall ist das nicht so. Der Dampf kommt auch so. Was dann bautechnisch bedeutet, dass ihm erst später Beiluft zugemischt werden muss. Denn sonst würde man ja einfach nur einen Unterdruck in den Tank saugen und das Liquid wie durch einen Strohhalm ziehen.
Keine Air Flow Control
Diese Beiluft umströmt also nicht die Wicklung, wie Dampfer es kennen. Sondern die Air Flow sitzt unmittelbar am Fuße des Mundstücks.
So etwas wurde schon vor einigen Jahren beim Aspire Triton versucht. Der verfügte neben der Normalen Air Flow über eine solche Öffnung am Mundstück.
Warum sich das nicht durchgesetzt hat dürfte offensichtlich sein: Umso mehr Beiluft nachträglich beigemischt wird, umso weniger Aromen hat man anteilig im Mund, umso geringer ist der Geschmack.
Dummerweise verfügt die Rhythm aber über keine Air Flow Control. Die Menge der beigemischten Luft ist nicht einstellbar. Es ist fast Open Draw und nicht zu ändern. Das hat gleich zwei fatale Effekte.
Zum ersten kann der Dampfer nicht seinen gewünschten Zugwiederstand einstellen. Man mag ihn wie er ist, oder man mag das Gerät nicht. Damit sind M2L Dampfer eh schon außen vor, die von den chinesischen Produzenten entgegen der europäischen und amerikanischen Vorlieben gerne vernachlässigt werden.
Beiluft nie gut für den Geschmack
Zum zweiten vermindert die Beiluft den Geschmack. Der ansonsten aber tatsächlich sehr klar und rein ist. Was auch logisch erscheint, denn es finden keine weiteren physikalischen Manipulationen des Liquids statt. Es wird nicht erhitzt, es kann beispielsweise keine Oxidation stattfinden und Faktoren wie der Eigengeschmack der Watte scheiden aus.
Es würde mich auch nicht wundern, wenn Labortest bei einer Verdampfung durch Ultraschall noch weniger Schadstoffe als bei „klassischen“ E-Zigaretten nachweisen könnten.
In einem kleinen Experiment habe ich einfach einmal eine Seite der beidseitigen Luftöffnung manipuliert. Erst zugehalten, dann abgeklebt. Und siehe da, es kam nicht nur meinem persönlich bevorzugten Dampferlebnis sehr nahe. Der Geschmack war sofort nochmal um einiges besser.
Das Gerät ist also ausdrücklich nur für Dampfer zu empfehlen, die einen sehr geringen Zugwiderstand bevorzugen. Die also beispielsweise Tröpfler oder Squonker mögen. Das Dampferlebnis ist tatsächlich sehr vergleichbar.
Allerdings ist die Dampfmenge eher vergleichbar mit einem Verdampfer der Mittelklasse.
Doch leider hat die Rhythm noch weitere Einschränkungen.
Nicht für alle Liquids geeignet
Bedingt durch das Verdampfen durch Ultraschall kann sie nur Liquids mit einem Anteil von 50% bis 60% PG gut verarbeiten.
Ich habe sowohl ein Liquid mit 70% Propylenglykol probiert. Da PG aber eher der Geschmacksträger im Liquid ist, und das VG für die Dampfentwicklung zuständig, kam dabei nichts raus. Und das ist nicht übertragen gemeint, es entwickelte sich weniger Dampf als bei einer Zigarette Rauch.
Leider war das Ergebnis bei über 70% VG dann aber das gleiche. Damit konnte das Gerät offenbar nicht umgehen.
Dabei sehe ich ein deutliches Problem bei der Zielgruppe, ähnlich wie bei der Air Flow.
Das Gerät ist eher für Dampfer ausgelegt, die Nebelwerfer mögen. Oder zumindest Open Draw.
Das sind aber meist auch diejenigen Dampfer, die High VG Liquids bevorzugen. Die werden wohl kaum fertige Liquids mit 50/50 zu Hause haben (und sich darauf festlegen lassen wollen). Noch können sie mit dem Gerät die inzwischen üblichen Liquid Moden ausprobieren, denn die haben üblicherweise über 60% VG.
Auch ich musste mir für die Tests erst einmal fertige Liquids mit 50/50 kaufen.
An dieser Stelle muss man aber auch etwas Positives anmerken.
Üblicherweise wird Propylenglykol kratziger empfunden als Glycerin. Was auch ein Grund ist, warum die oben besagte Zielgruppe mehr VG bevorzugt.
Das spielte nach meiner Wahrnehmung bei diesem Gerät aber keine Rolle. Trotz höherem PG Anteil war der Dampf sehr sanft und hatte kaum Throat Hit. Und das immerhin bis zu getesteten 12mg Nikotin hoch.
Rudolf-Diesel-Gedenk-Minute beim Dampfen
Eins ist jedoch auch den amerikanischen Reviewern aufgefallen: Man kann nicht einfach losdampfen.
Als ich das Gerät das erste Mal an den Mund gesetzt habe, dachte ich, ich hätte Liquid getrunken. Oder zumindest eine Aromenüberdosis abbekommen.
Man muss es erst einmal einige Sekunden befeuern. Am besten man hält es sich ans Ohr, es fängt an zu zischen wie eine normale E-Zigarette. Beim zweiten bis dritten Zug ist es dann voll da.
Aber um ehrlich zu sein kann ich das nicht als furchtbar negativ bewerten. Das kennt man auch von einigen Akkuträgern und Kartuschengeräten.
Was aber sicherlich vielen merkwürdig erscheinen wird ist, dass der Dampf Zimmertemperatur hat.
Das könnte dem ein oder anderen, der sonst Open Draw Geräte bevorzugt, nicht gefallen. Ich empfand es hingegen tatsächlich und ausdrücklich als sehr angenehm.
Leistung für die Größe echt ok
Ebenfalls angemerkt wurde, dass der Akku recht warm wurde. Das kann ich so nicht bestätigen. Er wurde spürbar warm, aber nicht irgendwie stören.
Das zeugt zwar davon, dass hier viel Power im Spiel sein muss. Dennoch reichte der kleine Akkuträger mit immerhin 1500 mAh locker für zwei Tanks. Die aber leider nur 2ml fassen, wohl aus Rücksicht auf den großen britischen Markt.
Auf den Bildern wirkt die Rhythm sehr klobig. Sie hat definitiv ein gewisses Gewicht, wirkt aber auch sehr gut verarbeitet.
Mit ihren 49,5 x 23 x 22 mm ist sie aber kaum größer als ein Eleaf Pico und verschwindet in der Hand.
Distribution über England
Für Europa hat sich die Firma Vape and Volts die Distribution sichern können.
Die steht auch hinter Vapedex und der Londoner Shop wurde schon mehrfach zum besten Shop Großbritanniens gekürt.
Für Deutschland gibt es inzwischen eine eigene Distribution, es finden gerade Gespräche mit Großhändlern statt.
Nach meinen Informationen soll erst einmal mit einer vergleichsweise kleinen Stückzahl der deutsche Markt sondiert werden.
Das macht tatsächlich auch langfristig Sinn. Denn offensichtlich wird hier nachhaltig und langfristig gedacht. Inzwischen wurde mir auch zugetragen, dass schon der Entwurf für das nächste Gerät in einer Schublade in Shenzhen liegt.
Die Rhythm ist bereits in Europa angemeldet, ein Verkaufsstart wird noch in diesem Monat angestrebt. Es liegt nicht mehr an der Fertigung oder Zulassung, nur noch am Vertrieb.
Das Gerät soll in Deutschland für unter 50,- € erhältlich sein. Die Pods, die etwa zwei bis drei Wochen halten, für unter fünf Euro.
Das sind Zahlen, die durchaus aufhorchen lassen.
Fazit
Noch nie ist es so schwer gefallen, ein fundiertes Fazit abzugeben, in dem man einem Gerät wirklich gerecht wird.
Denn es handelt sich hier ja tatsächlich um etwas völlig Neues. Eine ganz neue Technik, eine völlig andere Umsetzung. Es wäre zu kurz gesprungen, das Gerät einfach nur an anderen E-Zigaretten zu messen und danach zu beurteilen.
Gemessen an anderen Modellen „klassischer“ E-Zigaretten ist diese erste Umsetzung eher mittelprächtig. Es ist gewöhnungsbedürftig, es ist speziell.
Keine einstellbare Air Flow, deutliche Adressierung an D2L Dampfer, eingeschränkte Flexibilität bei den Liquids… Das alles sind zwar keine Mängel im Sinne der Bauart. Aber sie schränken doch schon sehr ein, für wen diese Dampfe etwas sein könnte.
Da muss die Rhythm sich ein wenig Skepsis gefallen lassen.
Ich glaube aber, dass der ein oder andere, der sonst Tröpfelt oder mit einem großen Nebelwerfer unterwegs ist, an diesem kleinen Ding tatsächlich Spaß haben könnte. Vorausgesetzt er lässt sich darauf ein und gibt sich und der Rhythm Zeit sich aneinander zu gewöhnen.
Die Technik Nerds unter uns werden sich das Dingen eh angucken. Und für den Preis würde ich dann auch guten Gewissens sagen, das lohnt sich.
Ultraschall ist aber tatsächlich etwas völlig Neues.
Und sollte ich das beurteilen, würde ich sagen, da könnten noch große Dinge auf uns zu kommen. Denn die Technik hat einige unbestreitbare Vorzüge.
Ein sehr sauberer, klarer Geschmack. Keine Dry Hits. Lange Lebzeit der Pods. Wahrscheinlich noch weniger Schadstoffe als eh schon.
Wenn Xiangyuan Technology in der Lage sein wird, die Schwachstellen dieser ersten Version auszubügeln und die Vorteile zu unterstreichen, dann traue ich der Ultrasonic Cig wirklich Großes zu.
Zu dem Fazit kam auch Phil, dessen Video ich Euch anhänge.
Das ist das Problem wenn vapers.guru etwas vor den YouTubern hat: Es gibt keine deutschsprachigen Reviews dazu. Tut mir leid.
Joey Hoffmann
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