Schon lange rumorte es in Berlin. Die Außenwerbung für Tabakprodukte soll verboten werden. Nun ist der Gesetzesentwurf da.
Das Problem: In dem Entwurf werden Tabak und E-Zigaretten gleich behandelt.
Spätestens bei der Verabschiedung des Tabakerzeugnisgesetzes 2016 kam das Thema wieder auf die Agenda. Deutschland ist das letzte Land der EU, in dem noch Außenwerbung und Kinowerbung für Tabakprodukte erlaubt ist.
Das soll nun durch einen Gesetzesinitiative der Grünen geändert werden. Der Gesetzesentwurf wurde in der vergangenen Woche eingereicht und ist somit amtlich.
Dass es auch weiterhin erlaubt war, wird dem einen oder anderen Dampfer aufgefallen sein. Denn nicht nur, dass einige wenige große Unternehmen aus der Dampfbranche großflächig plakatiert haben.
Philip Morris International hat diese Werbung massiv genutzt, um seinen Tabakerhitzer IQOS am Markt zu platzieren. Kaum eine Großstadt, in der nicht die Werbekampagne des Verdampfers an Bushaltestellen prangt.
Auch die E-Zigarette ist betroffen
Nun könnte man meinen, dass dies für E-Zigaretten keine größere Relevanz hätte.
Doch es gibt dabei einiges zu bedenken. Sowohl im Handel, wie auch bei den Enddampfern. Denn die vermeintlich kleine Gesetzesänderung hält einige Überraschungen bereit.
Konkret sieht der Gesetzesentwurf das Verbot von Außenwerbung vor. Davon ausgenommen sollen Gebäude von Geschäften sein.
Die Shop Betreiber brauchen sich also keine größeren Gedanken machen. Sie können auch weiterhin eine Außenwerbung an ihren Geschäften anbringen.
Allerdings wären bereits die so genannten Kundenstopper betroffen, mit denen einige Vape Shops in Fußgängerpassagen auf sich aufmerksam machen.
Der Gesetzesentwurf arbeitet hier mit einer Ausnahme. Jede Außenwerbung soll verboten werden, außer auf Gebäudeflächen des Fachhandels. Und Kundenstopper gehören nicht zu den Gebäudeflächen.
Doch selbst das wäre leicht zu umgehen. Denn es darf lediglich nicht für E-Zigaretten und „Nachfüllbehälter“ geworben werden. Also nikotinhaltige Liquids.
Aber natürlich könnte man auch weiter neutral auf sein Geschäft aufmerksam machen oder beispielsweise nikotinfreie Liquids anpreisen.
Keine Gewinnspiele mehr
Die zweite Änderung ist für Dampfer und die Dampferbranche von geringerem Interesse. Mit ihr soll Kinowerbung verboten werden, die in der Dampferbranche nicht genutzt wird.
Die dritte Änderung hat es jedoch in sich. Und würde ganz nebenbei die Landschaft des Dampfens in den Social Media Kanälen nachhaltig verändern.
Zunächst soll mit der dritten Änderung jede gewerbemäßige Ausspielung untersagt werden.
Das Bedeutet auch jedes Gewinnspiel, bei dem die Unternehmen Preise für ein Gewinnspiel zur Verfügung stellen.
Also auch Gewinnspiele, wie viele YouTuber, Facebook Gruppen oder auch vapers.guru sie öfter durchführen.
Doch leider geht es noch weiter. Denn auch die kostenlose Abgabe soll untersagt werden.
Das würde beispielsweise auch die Abgabe von Produkten betreffen, die für wohltätige Zwecke zur Verfügung gestellt werden.
Projekte, die beispielsweise zugunsten der Kinderkrebshilfe eine Tombola veranstalten, dürften das zwar noch tun. Denn sie betreiben das nicht „gewerbsmäßig“. Aber die Unternehmen dürften ihnen keine Preise mehr zur Verfügung stellen, die unter das Tabakerzeugnisgesetz fallen. Es wäre damit also eine Tombola um Aromen, T-Shirts und Watte.
Für YouTuber könnte es kniffelig werden
Doch auch viele YouTuber bekommen die Geräte für die Reviews von den Unternehmen gestellt. Auch das dürften diese dann nicht mehr.
Dazu muss man sich etwas verdeutlichen:
Die Unternehmen sitzen meist in China. Es würde für die deutschen Behörden also sehr schwer nachzuweisen, dass die Geräte kostenlos abgegeben würden. Bei deutschen Unternehmen wäre das sehr viel einfacher.
Dieser Gesetzesentwurf würde damit also ungewollt die chinesischen Unternehmen in der Werbung bestärken, während sie deutsche Unternehmen benachteiligen würde.
Die YouTuber wären selber davon nicht betroffen. Denn es würde die Abgabe unter Strafe gestellt, nicht die Annahme. Die können also recht beruhigt sein.
Zur Not könnten sie ein Nebengewerbe anmelden, was einige der großen Reviewer eh schon haben. Damit wäre es gewerblich und sie wären eh aus dem Schneider.
Es könnte also im Einzelnen tatsächlich etwas kniffelig werden. Ein Ende der Reviews auf YouTube ist allerdings nicht in Sicht.
Die häufigen Gewinnspiele wären dadurch allerdings dramatisch eingeschränkt.
20a Verbot der Außenwerbung
Es ist verboten, Außenwerbung für Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten oder Nachfüllbehälter zu betreiben. Satz 1 gilt nicht für Werbung an Gebäudeaußenflächen von Geschäftsräumen des Fachhandels.20b Verbot der Kinowerbung
Es ist verboten für Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten oder Nachfüllbehälter bei öffentlichen Filmveranstaltungen zu werben.20c Verbot der kostenlosen Abgabe und der Ausspielung
(1) Es ist verboten, Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten oder Nachfüllbehälter gewerbsmäßig kostenlos abzugeben.
(2) Es ist verboten, Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten oder Nachfüllbehälter gewerbsmäßig auszuspielen.Gesetzesentwurf der Grünen, 25.04.2018, Drucksache 19/1878
Bemerkenswerter Absender
Bemerkenswert ist, dass dieser Gesetzesentwurf in der Form von den Grünen kommt. Denn diese hatten das Thema bereits in der Verabschiedung zum Tabakerzeugnisgesetz vor zwei Jahren zur Sprache gebracht.
Bei der Abstimmung zum Gesetz hatte die Fraktion des Bündnis 90/Die Grünen sich geschlossen enthalten. Was von vielen Dampfern wohl als Zustimmung zur E-Zigarette gedeutet wurde. Nun zeigt sich, dass diese Interpretation wohl falsch war.
Bemerkenswert ist dies jedoch noch aus einem zweiten Grund. Denn die Grünen plädieren seit Jahren für eine Freigabe von Cannabis.
Dafür gibt es viele, wirklich gute Gründe. Die Entlastung der Justiz, ökologische Vorteile eines schnell nachwachsenden Rohstoffes, den Einsatz zu therapeutischen Zwecken und vieles mehr.
Mit im Katalog der Argumente steht auch die Harm Reduction. Denn würde Cannabis legalisiert, würden Beschaffungskriminalität und die unkontrollierte Abgabe wegfallen. Konsumenten würden entstigmatisiert und vielleicht so auch schneller um Hilfe ersuchen. Kiffer könnten ihr Zeug frei kaufen, anstatt zum Dealer zur gehen, der auch gestreckte Drogen und Heroin im Angebot hat.
Der Gedanke der Harm Reduction ist fundamentaler Bestandteil der grünen Politik.
Doch das ist offensichtlich nur selektiv so. Die deutlich harmlosere Variante der E-Zigarette soll auf eine Stufe mit Tabak gestellt werden, der gemäß Public Health England unter anderem ein 99,5% höheres Krebsrisiko verspricht.
„Mit ihrem aktuellen Gesetzentwurf fordern Sie nämlich nicht nur ein Tabak-Werbeverbot, sondern möchten auch gleich die wirksamste Hilfe beim Tabakstopp mitregulieren. Damit setzen die Grünen die zu 100% tabakfreie E-Zigarette nicht nur mit Tabak-Produkten gleich, sie nehmen auch den Rauchern die Chance, sich über die risikoärmere Tabak-Alternative zu informieren.“
Bündnis für Tabakfreien Genuss auf seiner Facebook Fanpage, 28.04.2018
Zwei gesundheitspolitische Aspekte
Es gibt dabei zwei gesundheitspolitische Aspekte. Die offenbar nicht von den Grünen bedacht wurden. Oder sogar billigend in Kauf genommen werden.
Zum ersten schränken sie durch die Gleichbehandlung der E-Zigarette weiter ein, dass Raucher, die vom Tabak weg kommen wollen, auf die Dampfe aufmerksam werden.
Sicherlich gibt es dazu andere Kanäle als das Kino. Und wie bereits erwähnt geht es ja nur um die Werbung für bestimmte Produkte, nicht um Gesundheitskampagnen zur Aufklärung. Dennoch ist und bleibt es eine weitere Beschränkung.
Und als Zweites begünstigen sie damit die Tabakindustrie gegenüber der E-Zigarette.
Denn Tabakunternehmen müssen keine Werbung für Zigaretten machen. Die meisten Raucher greifen noch vor dem 18 Lebensjahr regelmäßig zur Kippe.
Doch E-Zigaretten werden, wie wir inzwischen durch genügend wissenschaftliche Erhebungen wissen, fast ausschließlich von langjährigen Rauchern genutzt. Und die müssen natürlich angesprochen und vom Tabak weggeführt werden.
Man kann sich also des Eindrucks nicht erwehren, dass auch die Grünen hier eher moralische Motivationen haben. Der Traum von einer nikotinfreien Welt.
Cannabis ist in Ordnung, Nikotin aber nicht. Harm Reduction gerne, aber eben nicht bei allem.
Eine andere Interpretation lässt dieser Gesetzesentwurf gar nicht zu.
Verabschiedung noch nicht in Sicht
Spannend ist auch, dass die treibende Initiatorin Frau Dr. Kappert-Gonther zu sein scheint.
Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie aus Bremen ist Drogenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion.
Sie war auch eine von denen, die vom BfTG und der eGarage zur gerade stattgefundenen Podiumsdiskussion in Berlin eingeladen wurden, aber nicht erschienen sind.
Bis es zu einer Verabschiedung kommt, wird noch viel Wasser den Rhein hinunter fließen. Abgesehen davon, dass es sicherlich auch wieder eine Übergangsfrist geben wird.
Geht das Gesetz in die erste Lesung, wird es wahrscheinlich erst einmal in die Ausschüsse gehen. Relevant wäre hier neben dem Gesundheits- auch der Wirtschaftsausschuss.
Und dann wird es auch spannend werden, wie die SPD sich positioniert. Denn bereits bei der Verabschiedung des Tabakerzeugnisgesetzes hatte die SPD einen starken Focus darauf, was mit den Arbeitsplätzen passiert.
Inzwischen ist die SPD wieder in einer Koalition mit der CDU. Und diese vertritt als konservative Partei auch wirtschaftliche Interessen.
Diese Punkte waren bereits 2016 in der damaligen Debatte ein Thema, sie waren in mindestens einem Entwurf enthalten.
Dagegen war auch die Werbebranche sturmgelaufen. Gemäß Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung wurden 2015 fast 100 Millionen Euro von der Tabakindustrie für Außenwerbung ausgegeben.
Bundestagsdebatte zum TabakerzG: https://www.vapers.guru/2016/02/25/das-gesetz-ist-durch/
Joey Hoffmann
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