Ständig fassen Dampfer sich an den Kopf, weil Politiker, Journalisten und manchmal sogar Wissenschaftler vermeintliche Neuigkeiten über die Gefahren des Dampfens erzählen.
Dabei meinen die das oftmals nicht böse. Die glauben häufig den Unfug, den sie da erzählen.
Ein psychologischer Erklärungsversuch.
Der Mensch gehört zu den intelligentesten Spezies auf diesem Planeten. Aber was ihn in der Evolution nach vorne gebracht hat, ist gleichseitig seine größte Schwäche. Der Mensch begeht nämlich so viele Fehler, dass man ihn ruhigen Gewissens für doof halten darf.
Wir alle neigen dazu, gedankliche Leistungen zu erbringen, die Humbug sind. Wir stellen so genannte Korrelationen her.
Eine Korrelation ist eine Beziehung zwischen zwei Ereignissen, Merkmalen, Funktionen oder Zuständen.
Das können auch Tiere, die sind da aber weniger fehleranfällig. Weil sie vermeintlich dümmer sind.
Stellen wir uns einfach einmal vor, zwei Höhlenmenschen ziehen vor 50.000 Jahren gemeinsam los, um etwas zu essen zu finden. Sie kommen an einen Busch mit Beeren, vor dem ein toter Vogel liegt.
Während der eine davon ausgeht, der Vogel sei tot vom Himmel gefallen und sich hungrig auf die Beeren stürzt, fängt der andere an zu grübeln. Warum der Vogel wohl tot vor dem Busch liegt.
Was unser Vorfahre da betreibt ist Wissenschaft. Er hinterfragt etwas, um eine Erkenntnis zu gewinnen. Er fragt sich, ob der tote Vogel vielleicht etwas mit den Beeren zu tun hat. Er versucht eine Korrelation herzustellen.
Plötzlich fällt sein Kumpel tot um. Damit weiß der frühe Wissenschaftler, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass die Beeren tatsächliche etwas mit dem toten Vogel zu tun haben. Und da sein Kumpel nun auch tot ist, hat er es sogar empirisch nachgewiesen.
Diese wissenschaftliche Herangehensweise ist evolutionär sehr sinnvoll. Denn schließlich kehrt er nun alleine in seine Höhle zurück und kann sich fortpflanzen. Sein Kollege hat sich jedoch selber aus dem Gen Pool entfernt.
Die Kognitive Verzerrung
Das ist gleichsam die Reinform einer Kognitiven Verzerrung. Und davon gibt es ganz viele. Die meisten haben mit Korrelationen zu tun.
Bei einem Attributionsfehler werden beispielsweise Menschen Eigenschaften zugeteilt, die sie gar nicht haben. Deshalb halten wir glatzköpfige Menschen für aggressiver, Schwangere Frauen für liebevoller und Gutaussehende werden im Job besser bezahlt.
Oder die Kontrollillusion, bei der wir uns einreden unkontrollierbare Ereignisse kontrollieren zu können. Große Teile von Religionen beruhen darauf. Denn führen wir einen Regentanz auf und es fängt an zu regnen, dann ist das der Beweis, dass es funktioniert.
Zwei Ereignisse oder Zustände miteinander zu verknüpfen, die gar nichts miteinander zu tun haben, nennt man eine illusorische Korrelation. Auch sie gehört zu den Kognitiven Verzerrungen.
Häufig haben wir es im Dampferbreich aber mit einem anderen Phänomen zu tun. Der so genannten Scheinkausalität. Der scheinbaren Begründung.
Oftmals wird diese mit dem Lateinischen Wort „cum hoc ergo propter hoc“ beschrieben. Was man vereinfacht mit „dieses ist so, also muss jenes so sein“ übersetzen könnte.
Wird eine Korrelation angenommen, die manchmal ja nicht einmal vorhanden ist, wird die häufig mit einer Ursache verwechselt.
Scheinkausalitäten
True Story: Eine Grundschullehrerin in Bayern fragte einmal ihre Klasse, woher der Wind kommt.
Ein Mädchen meldete sich aufgeregt fingerschnipsend und verkündete dann weise, der Wind käme von den Bäumen.
Die verdutzte Lehrerin fragte natürlich nach. Worauf die Kleine wissend erklärte, wenn die Bäume anfangen sich zu bewegen, dann gäbe es Wind.
Das ist das Urmodell einer Scheinkausalität. Weil bewegende Bäume und Wind gemeinsam auftreten, geht die Kleine davon aus, dass das eine auch das andere begründet. (Tut es in dem Fall auch, nur eben genau andersherum.)
Im Studium der wissenschaftlichen Grundlagen wird dies mit dem englischen Spruch gelehrt: Correlation is no causation. (Korrelation ist keine Kausalität, oder Zusammenhang ist keine Begründung)
Correlation is no causation
Übersetzen wir das auf das Dampfen, drängt sich die Behauptung der Schädlichkeit auf.
Viele Wissenschaftler ziehen sich Samples von Dampf aus E-Zigaretten und malträtieren damit dann Zellen in Petrischalen. Diese sterben früher oder später ab. Daraus schlussfolgern sie dann, dass der Dampf mehr oder weniger schädlich ist.
Üblicherweise sind das Grundlagenstudien, die wissenschaftlich durchaus Sinn machen. Einige Wissenschaftler schießen hier aber bereits über das Ziel hinaus. Beispielsweise weil sie einem möglichen Geldgeber ein gewisses Ergebnis liefern wollen. Oder wenn sie durch eine Publikation auf sich aufmerksam machen wollen.
Doch die Mehrheit der Wissenschaftler ist seriös. Spätestens die Journalisten begehen dann einen Fehler, indem sie von dem einen auf das andere schließen. Sie stellen eine Scheinkausalität her, indem sie dann über den Artikel zu dem Experiment schreiben „E-Zigaretten schädlich“.
Eigentlich hat der Wissenschaftler nur bewiesen, dass irgendein ganz bestimmter Dampf aus irgendeiner ganz bestimmten E-Zigarette Zellen in einer Petri Schale schneller abtötet als die Raumluft.
Natürlich legt das Ergebnis nahe, dass Dampfen schädlicher ist als frische Seeluft. Es verrät aber nichts darüber, wie schädlich. Es sagt nichts über die Relation. Und die ist immerhin ganz entscheidend.
Denn der mitteleuropäische Dampfer an und für sich ist ein komplexes System. Er ist sogar ein selbstreparierendes System. Mit einer tollen Selbstreinigungsfunktion. Der noch dazu ganz unterschiedliche Dosierungen des schädlichen Dampfes zu sich nimmt.
Und das kann bedeuten, dass dieser eine bestimmte Dampf für einzelne Zellen in vitro schädlicher ist als Raumluft, für einen dampfenden Dampfer aber noch lange nicht.
Wer das nicht glaubt kann gerne einmal menschliche Zellen in Apfelsaft, Nutella oder Cola einlegen und zuschauen was passiert. Die Lebenszeit der Zellen dürfte weit kürzer ausfallen als im Dampf einer E-Zigarette.
Aber wer öffentlich etwas schlechtes über Nutella sagt hat eh die Kontrolle über sein Leben verloren.
Die Irrtümer schlauer Menschen
Erschreckend und viel schwerer zu entkräften ist, wenn Ärzte Unfug über das Dampfen verbreiten. Das ist deshalb schwierig, weil grundsätzlich alle Mediziner als Wissenschaftler angesehen werden. Was aber nicht den Realitäten und der täglichen Praxis entspricht.
Eine Erhebung in den USA hat beispielsweise ergeben, dass Jugendliche die regelmäßig Dampfen doppelt so häufig auch anfangen zu rauchen. Im Gegensatz zu nikotinnaiven Jugendlichen, also Jugendlichen die nie irgendetwas ausprobiert haben.
Dieses „Ergebnis“ wird gerade von allen möglichen Protagonisten durchs Dorf getrieben.
Zahlen lügen nicht. Man kann dem wohl durchaus Glauben schenken. Das Problem ergibt sich zwischen den Ohren derer, die das interpretieren.
Denn vor allem jene, die an eine Nikotinsucht glauben, sind natürlich geneigt, das als Beweis anzusehen. Jugendliche werden durch das Dampfen zum Rauchen verführt. Hinzu kommen die Moralapostel, die sich zwar Gesundheit auf die Fahne geschrieben haben, aber die Inhalation grundsätzlich als unerwünschtes Verhalten ablehnen.
Die Frage, was an Nikotinkonsum so schlimm ist, wenn er niemanden schädigt, traut man sich schon gar nicht mehr zu stellen. Aus Angst als potentieller Kindswohlgefährder abgestempelt zu werden.
Aber die Zahlen lassen einen Rückschluss eben nicht zu. Denn eigentlich sind es keine Zahlen, es ist lediglich eine Relation.
Es ist noch nicht einmal möglich, daraus eine vermeintliche Gateway Bewegung abzulesen.
Was bedingt denn nun was?
Das Problem dieser Scheinkausalität reicht noch weiter. Da wird es dann jedoch schwer, das einem Politiker zwischen Tür und Angel begreiflich zu machen.
In der Suchtforschung weiß man inzwischen, dass es ganz viele Einflussfaktoren gibt, die bedingen ob ein Jugendlicher später einmal Drogen konsumiert oder nicht. Viele dieser Faktoren sind bereits zum Beginn der Pubertät angelegt.
Beispielsweise rauchen weit mehr Hauptschüler als Gymnasiasten. Kinder von geschiedenen Eltern neigen mehr als doppelt so häufig im Leben zum Alkoholmissbrauch. Und die Nachfahren von Konsumenten von harten Drogen sind exponentiell mehr gefährdet.
Ein Suchtforscher kann sich einen Jugendlichen ansehen und mit hoher Treffergenauigkeit prognostizieren, ob er einmal Drogen konsumieren wird oder nicht. Und sogar welche Art von Drogen.
Inzwischen sind sogar Gene identifiziert, die offenbar mit Süchten und Neigungen zu bestimmten Drogen zusammenhängen.
Wenn also doppelt so viele Jugendliche die regelmäßig dampfen danach regelmäßig rauchen, muss man sich doch fragen, ob diese Kids nicht eh angefangen hätten zu rauchen, wenn es gar keine E-Zigarette gäbe.
Das ist wissenschaftlich aber unmöglich festzustellen.
Erkenntnisse werden ignoriert
Man könnte höchstens einmal schauen, wie viele Kinder zuvor geraucht haben, und wie viele Kinder nun rauchen. Die Zahl der derzeitigen Raucher addiert man dann zur Zahl der Dampfer. Ist diese Zahl der Gesamtmenge der Inhalierer dann merklich höher, würde das bedeuten, dass durch die E-Zigarette tatsächlich Jugendliche zum Rauchen geführt werden.
Das gäbe wenigstens einen Annäherungswert.
Diese Zahlen gibt es. Doch sie werden von den Dampfgegnern und Moralaposteln schlicht ignoriert. Und somit kennen die meisten Politiker sie nicht.
Beispielsweise hat Prof. Linda Bauld von der Universität Stirling die Zahlen aus drei Jahren von 60.000 Kindern ausgewertet. In Zusammenarbeit mit 13 anderen Universitäten. Was für eine solche Erhebung riesig ist.
In dieser Untersuchung gaben nur zwischen 0,1% und 0,5% der Schülerinnen und Schüler an regelmäßig zu dampfen, obwohl sie vorher nicht geraucht hatten. Eine Bewegung von der Dampfe zum Tabak war nicht feststellbar.
Was noch einmal verdeutlicht, dass „doppelt so viele“ sich zwar dramatisch anhört. Aber zwei von 60.000 ist eben auch das Doppelte von eins.
Korrelationen, Scheinkausalitäten und Relationen sind die Schlachtfelder, auf denen der Informationskrieg der E-Zigarette geführt wird. Und die Gegner sind nicht nur die Moralapostel und selbsternannten Gesundheitsschützer. Sondern der Unverstand und die Uninformiertheit der Entscheidungsträger. Allen voran der Politiker.
Slider der schönsten Scheinkorrelationen
Um das zu verdeutlichen hier einmal einige beeindruckende Scheinkausalitäten. Denn man kann sich eigentlich genauso sicher sein, dass Dampfen Kinder zum Tabak verführt, wie die Veröffentlichung von Filmen mit Nicolas Cage mit dem Ertrinken in Pools zu tun hat.
Auf seiner kleinen Internetseite zeigt der Autor Tyler Vigen humorvoll was immer gelten wird:
Correlation is no causation!
Homepage der lustigen Korrelationen: http://www.tylervigen.com/spurious-correlations
Bericht zur Gateway Studie: https://www.vapers.guru/2017/09/01/studie-widerlegt-gateway/
Joey Hoffmann
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