Nun ist passiert was zu erwarten war. German Flavours wurde übernommen. Von Polen. Aus dem Rheinland.
Der Mitbegründer und Chef der Forschung und Entwicklung gab in einem persönlichen Gespräch Einblicke.
Die Option des Essens war bei der Verabredung offen gelassen worden. Was gut war, denn angesichts der Wespen im Biergarten in der Fußgängerzone blieb es dann bei Kaffee und Wasser.
Michael Hofmann war zu einem persönlichen Gespräch bereit.
Er ist Head of R&D, also der Leiter der Forschung und Entwicklung bei dem in Danzig ansässigen Unternehmen Flavourtec.
Die Historie von Flavourtec begann eigentlich schon im Jahr 2010, als Hofmann neben seinem Studium der Wirtschaftsinformatik in Bonn einen eigenen Online Shop eröffnete. Die Möglichkeiten der Branche erschienen damals nahezu grenzenlos, weshalb er auch Interesse an einer eigenen Liquid Produktion entwickelte.
Fabian Klein, den er bereits aus Schulzeiten kannte, machte damals seinen Master of International Business and Management an der Kozminski Universität in Warschau. In einer kleinen Runde erzählte Hofmann ihm von seiner Idee.
Anwesend war eher zufällig auch Robert Borkowski, der jetzige CEO von Flavourtec. Er war bereits in leitender Position in der Lebensmittelbranche tätig. Und so war der Entschluss schnell gefasst, die Unternehmung zu wagen.
Ein kometenhafter Aufstieg
Schon Ende 2012 gingen die ersten Bestellungen ein.
Man wollte sich von vorn herein auf die reine Produktion und den Business to Business Bereich konzentrieren. Also der Produktion für andere Brandings, der so genannten OEM oder White Label Produktion.
Absatzmarkt war und ist der gesamte europäische Kontinent.
Auf die Frage, welche Liquids deutsche Dampfer auf dem Hause Flavourtec denn kennen könnten, antwortete Hofmann nur Wespen verscheuchend und verschmitzt lächelnd „Fast jeder Dampfer dürfte schon einmal eines unserer Lqiuids im Tank gehabt haben. Ohne es zu wissen.“
Die Firma legte einen Aufstieg wie aus dem Bilderbuch hin. Die Zuwachsraten, für die diese Branche bekannt ist, wurden übertroffen.
Nach der ersten kleinen Fertigung musste man aus Platzgründen mehrfach umziehen. Im Jahr 2015 wurde dann die erste selbstgebaute Halle bezogen, eigens für die Produktion von Liquids konzipiert.
Inzwischen ist auch diese zu klein, eine zweite selbstgebaute Produktionsstätte wurde in diesem Sommer bezogen.
Betrieben werden derzeit zwei vollautomatisierte Produktions- und Verpackungsanlagen, die täglich etwa 12 Stunden durchlaufen. Hinzu kommen zwei halbautomatische Abfüllungen und eine Abteilung für die manuelle Konfektionierung.
Das Unternehmen beschäftigt derzeit etwa 100 Mitarbeiter und erreicht so eine Produktion von ca. 1,8 Millionen Liquids im Monat.
Darüber hinaus unterhält das Unternehmen die Flavourtec BVBA, einer Distributionsfirma mit Sitz in Belgien.
Investor eingestiegen
Tar Heel Capital ist ein Equity Fund. Es ist, vereinfacht gesagt, ein Investitions Fond.
Menschen oder Unternehmen, die Geld investieren wollen, geben ihr Geld dem Equity Fund. Dieser investiert das dann wiederum in andere Unternehmen. Es funktioniert, laienhaft ausgedrückt, also wie eine Aktiengesellschaft.
Im vergangenen Oktober ist Tar Heel bei Flavourtec mit 50% eingestiegen. Und das gibt der ganzen Sache natürlich nochmal einen Schub.
Beispielsweise kann man durch die Vernetzung von THC nicht nur auf Vertriebswege zurückgreifen. Sondern auch Spitzenkräfte anwerben. Der jetzige Managing Director und der Manager für die Benelux Staaten kommen aus der Tabak Branche und waren vorher u.a. für British American Tobacco tätig.
German Flavours aufgekauft
Die Verhandlungen mit German Flavours liefen bereits seit etwa acht Monaten.
Seit wenigen Tagen ist German Flavours nun im Besitz der Flavourtec.
Das traditionsreiche Unternehmen war als Familienbetrieb aufgebaut und von den vorherigen Besitzern regelrecht vor die Wand gefahren worden. (vapers.guru berichtete, Link unten)
Unsinnig erscheinende Investitionen, wie der Kauf eines Weingutes und die Entwicklung einer E-Zigarette für Golfer, wurden realisiert. Der örtliche Sportplatz in Sprockhövel wurde gesponsert und in German Flavour Travel Arena umbenannt. Während Verbindlichkeiten nicht bedient und eigene Shops nicht beliefert wurden. Aus dem Händlerverband BfTG wurde German Flavours wegen nicht gezahlter Beiträge ausgeschlossen.
Die German Flavour Flagstores und die Gravity Stores, ein zweites Branding das aufgebaut werden sollte, wurden bereits im Februar an Niko Liquids abgegeben. Diese sollen durch die vorhandene Marke Dampffuchs unter neuer Ägide in neuem Licht erstrahlen.
Diese Entwicklung ist sicherlich schade. Denn nicht nur, dass German Flavours unbestritten zu den Pionieren in Deutschland gehörte. Die Liquids waren bekannt, die Marke hatte Potential. Und in Zeiten, als das Geld noch nicht mit vollen Händen ausgegeben wurde, stand in fast jedem Dampferladen ein Regal der beliebten Aromen und Liquids.
„Wir sind uns bewusst, dass in der Vergangenheit viele Fehler gemacht wurden. Aber wir wissen, dass wir die Möglichkeiten dazu besitzen, verloren gegangenes Vertrauen der Partner und Kunden wiederzugewinnen. Indem wir German Flavours als verlässliches und professionell geführtes Unternehmen positionieren. In dieser Verantwortung sehen wir uns, auch unseren Mitarbeitern gegenüber.“
Michael Hofmann, Head of R&D, Flavourtec, im Gespräch mit vapers.guru, 29.08.2018
Nur Aktiva übernommen
Flavourtec hat nun die Aktiva der Firma übernommen.
Das verwundert erst einmal einige Branchenkenner. Denn nach den Kapriolen der alten Leitung gilt die Marke eigentlich als „verbrannt“, das Branding als „nichts mehr wert“. Zu vielen wurde vor den Kopf gestoßen, zu viele wurden vergätzt.
Doch die Marke German Flavours soll tatsächlich wiederbelebt werden. „Da drei von vier von uns Gründern aus dem Rheinland stammen, ist es schon so ein wenig eine Herzensangelegenheit, dem alten Namen zu neuem Glanz zu verhelfen.“ sagte Hofmann am Mittwoch.
Die Überlegungen sind strategisch, der Equity Fund macht es möglich. Gemäß Pressemitteilung möchte Flavourtec so seine Position in ganz Europa stärken. Die Übernahme soll eine Präsenz an einem der stärksten Märkte in Europa ermöglichen.
„Die Aktiva übernommen“ bedeutet, dass nicht nur die Fertigungsanlagen übernommen wurden. Sondern auch das Logo, die Marke und die Rezepte für die Liquids. „Das ist sogar einer der wichtigsten Punkte“.
„Wir glauben an die Stärke der Marke und möchten uns auf die Werte zurückbesinnen, welche German Flavours zu einem der wichtigsten Produzenten in Deutschland gemacht haben. Das heißt Liquids in Top-Qualität und mit beliebten Geschmacksrichtungen.“
Michael Hofmann, Head of R&D, Flavourtec, im Gespräch mit vapers.guru, 29.08.2018
Ob das Portfolio so bleiben wird wie es ist, konnte Hofmann noch nicht verlässlich sagen.
„Sicherlich wird man das sehr genau prüfen müssen. Die Produktvielfalt ist sehr groß.“
Zum Schluss hatte German Flavours etwa 300 Geschmacksrichtungen im Programm, als Liquids in verschiedenen Nikotinstärken und als Aromen. Die Palette erscheint überbordend, während sich derzeit kleine Firmen mit einem halben Dutzend Shake and Vape Produkten am Markt versuchen.
Es ist viel zu tun
Die Prioritäten sind erst einmal andere. Alles ist noch im Umbau.
Beispielsweise firmiert die Marke derzeit unter „Diamant 171. GmbH“. Darauf angesprochen musste Hofmann grinsen.
Der Name ist gar nicht auf dem Mist des polnisch-rheinischen Quartetts gewachsen. Sondern die Kanzlei aus Düsseldorf, welche die Übernahme juristisch begleitet, hatte diese GmbH gleichsam noch in der Schublade. Das wird geändert werden.
Arbeitsverträge müssen umgeschrieben, Produktionsabläufe neu durchdacht, um potentielle Kunden muss geworben werden. Die Konzentration wird erst einmal im B2B Bereich liegen, hier kennt man sich aus.
Zu den übernommenen Aktiva zählen zwar keine Shops mehr. Doch es gibt noch drei Franchisenehmer. Auch das wird geprüft werden.
Ein Sponsoring für irgendetwas wird es wohl nicht geben, alte Verbindlichkeiten verbleiben bei den bisherigen Besitzern.
Transparenz ist wichtig
Wichtig ist Michael Hofmann vor allem die Transparenz.
Flavourtec ist sich darüber bewusst, dass Polen einen eher schlechten Ruf hat. In Deutschland, aber vor allem auch in Frankreich. Zu Unrecht. „Ich bin inzwischen echter Polen Fan. Das Bild, das ich ja vorher auch hatte, ist sowas von falsch.“
Trotzdem werden die Produkte mit dem Branding German Flavours auch weiterhin in Sprockhövel produziert werden. „Made in Germany“ ist immer noch ein Verkaufsargument.
Das Nikotin für die Produkte von Flavourtec kommt übrigens aus der Schweiz.
Es war ein sehr angenehmes, offenes, langes und lustiges Gespräch. Rheinländer unter sich. Und doch war alles irgendwie so europäisch.
Wenn nur die Wespen nicht gewesen wären.
Reaktionen nach dem Bericht zu German Flavours: https://www.vapers.guru/2018/03/02/gf-artikel-reaktionen-und-drohungen/
Gerichtsbeschluss gegen nikotinlösung.de: https://www.vapers.guru/2017/09/28/nikotinloesung-de-strafe-beantragt/
Joey Hoffmann
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