Seit Monaten boomt der Markt mit CBD Liquids. Doch damit könnte bald Schluss sein.
Gestern ging die Staatsanwaltschaft München in einer Großrazzia gegen CBD Händler vor.
Cannabidiol (CBD) wird aus der Hanf Pflanze gewonnen. Anders als das bekanntere Tetrahydrocannabinol (THC) hat CBD jedoch keine nennenswerte psychotrope Wirkung. Es macht nicht „breit“.
CBD Produkte versprechen eine entspannende Wirkung. Darüber hinaus gibt es erste Hinweise, dass es eine imunsuppressive Wirkung hat. Und damit geeignet ist, Symptome wie Schmerzen und entzündliche Prozesse zu lindern.
Auch bei Autoimmunerkrankungen wie Multipler Sklerose und Krebserkrankungen wurden mit CBD bereits Erfolge erzielt.
Sicherlich ist auch deshalb ein Boom um CBD Produkte entstanden. Nicht nur Öle und Cremes werden mit dem Inhaltsstoff beworben. Auch immer mehr CBD-haltige Liquids kommen auf den Markt.
Die Herkunft ist häufig eher unklar, einige Produkte werden in Osteuropa gefertigt.
Hinzu kommt, dass einige Produkte offenbar nur auf einer Welle mitschwimmen wollen. Da die Konzentration des CBD häufig unter dem liegt, was Mediziner überhaupt für wirksam und sogar wahrnehmbar halten.
Ein drittes Problem ist, dass das CBD-haltige Zwischenprodukt üblicherweise ein Öl ist. Und sich daher nicht nur denkbar schlecht zum Dampfen eignet. Sondern auch nur sehr schwer dauerhaft in den Trägerstoffen der Liquids gelöst werden kann.
Was viele Konsumenten und sogar Händler nicht zu wissen scheinen: Der Handel mit CBD ist in Deutschland streng reguliert. Es hat sich bisher nur keiner darum gekümmert.
Doch es könnte nun eng werden um den aufstrebenden Markt.
180 Polizisten, elf Staatsanwälte
Gestern Morgen führten 180 Polizeibeamte unter der Leitung von elf Staatsanwälten eine Großrazzia durch.
Durchsucht wurden 14 Geschäfte in München.
Hinzu kamen weitere Durchsuchungen in den Landkreisen Dachau und in Ebersberg; in Baden-Württemberg und in Privatwohnungen. Insgesamt gab es alleine in Bayern 17 Durchsuchungsbeschlüsse.
In Geschäften wie Hanf im Glück, Nordic Oil, Breathe Organics und Hanfgöttin wurden große Teile der Waren beschlagnahmt.
Bei mindestens einem Unternehmen wurde in einem der Produkte eine zu hohe Konzentration THC nachgewiesen, womit es sich um einen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz handelt. Darüber hinaus werden einige Produkte als Medikamente eingestuft.
Bereits seit Ende 2018 kam es gemäß Staatsanwaltschaft zu einer starken Häufung von Fällen in München, in denen vor allem Jugendliche mit Hanf Produkten aufgegriffen wurden. Diese gaben an, sie offen in einem der nun durchsuchten Läden gekauft zu haben. Weil sie dachten, diese seien legal.
Die Händler dürften nun auch noch den Vorwurf der Abgabe an Minderjährige erwarten.
Rechtslage kompliziert
Die Rechtslage ist in Deutschland relativ eindeutig.
Es liegt wohl eher an der unübersichtlichen Struktur und Differenzierung der Regulierung, dass diese kaum beachtet wird.
Erschwert wird das auch durch die unterschiedliche Rechtspraxis der einzelnen Bundesländer. Während in Nordrhein-Westfalen auch schon mal Besitz von mehreren Gramm Marihuana zur Einstellung führt, werden in Bayer auch geringe Verstöße konsequent verfolgt.
„CBD-Produkte wie etwa lose Cannabisblüten, Tee oder Öle, die ausschließlich Cannabidiol aus dem weiblichen Hanf, jedoch nur geringe oder gar keine Anteile von THC enthalten, können zwar unter Umständen legal sein“ erklärte die Oberstaatsanwältin Anne Leiding. Aber das ist eben nur eine Seite der Medaille.
In der Anlage zum Betäubungsmittelgesetz ist Cannabidiol ausgenommen, wenn im Produkt weniger als 0,2% THC vorhanden sind. Oder das CBD von einer Pflanze stammt, die durch die EU als Sorte ausgenommen ist.
In der Ausnahme der Anlage 1 steht jedoch auch, dass die Abgabe ausschließlich zu gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken erfolgen darf, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließt. Also beispielsweise wenn es als Zwischenprodukt für Kosmetika oder Gewebe gehandelt wird.
Die Abgabe und sogar der Erwerb zum Eigenverbrauch ist damit ausgeschlossen.
Darüber hinaus greift auch die Verordnung zur Verschreibungspflicht.
Denn wird ein Produkt mit Heilversprechen angepriesen, greift die Arzneimittelverschreibungsordnung (AMVV). Und damit wäre das Cannabidiol seit 2016 verschreibungspflichtig. Ausgenommen davon ist die Anwendung auf Haut, Haaren oder Nägeln.
Dieser strengen Interpretation folgte nun die Staatsanwaltschaft. Beide Verstöße wurden in München bereits am Tag der Razzia bei Produkten festgestellt.
Den Letzten beißen die Hunde
Seit Beginn des Jahres ist noch ein weiterer Streit um CBD entbrannt.
Die EU Kommission hatte CBD als „Novel Food“ eingestuft. Das ist eine Empfehlung an die Mitgliedsstaaten, CBD als Nahrungsergänzung zu regulieren. Auch solche, die nur die natürliche Konzentration von CBD in Hanfprodukten wie Ölen enthalten.
Es ist also durchaus möglich, dass die Behörden sich auch bundesweit nun mehr mit dem Thema befassen.
Auslöser für die Razzia in und um München war jedoch wohl etwas anderes. Wie die Sprecherin der Staatsanwaltschaft durchblicken ließ. „Problematisch ist, dass ein Grenzbereich ausgenutzt und suggeriert wird, das sei alles legal.“
Das Unberechenbare an der Situation dürfte durch diesen bayrischen Vorstoß für die Einzelhändler entstehen.
Denn die Hersteller werden sicherlich nicht im größeren Umfang behelligt werden. Da sie ja ausschließlich gewerblichen Handel betreiben und zudem häufig im Ausland sitzen.
Probleme könnte aber der kleine Vape Shop um die Ecke bekommen. Der einerseits kaum sicher sein kann, dass die von ihm angebotenen CBD Liquids wirklich unter 0,2% THC enthalten. Und der andererseits diese auch sehr eindeutig zum Eigenverbrauch an Konsumenten abgibt.
Podiumsdiskussion mit Bundestagsabgeordneten: https://www.vapers.guru/2019/04/03/podiumsdiskussion-zur-dampfe-der-wind-dreht-sich/
Influencerin verliert vor Gericht: https://www.vapers.guru/2019/03/22/influencerin-verliert-vor-gericht-wegen-schleichwerbung/
Joey Hoffmann
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