Man kann auch abseits des Mainstreams auf kleine Perlen stoßen.
Die Wicked Vaper Aromen von dem kleinen Team des Vape Shops Steam Rebels sind so eine Perle.
Gilching. Die Kleinstadt im westlichen Speckgürtel von München muss man einfach gerne haben. Geprägt von der Stadtnähe bewahrt sie sich ihren fast dörflichen Charakter mit kleinen Geschäften, Lebensmittelmärkten und einem Baumarkt. Hier grüßt man sich und bleibt noch für ein Schwätzchen beim Nachbarn stehen.
Mitten in diesem Kleinod bayrischer Gemütlichkeit findet sich „Steam Rebels“, der Dampferladen von Marko und Astrid Schröter. Innerhalb kurzer Zeit hat sich Steam Rebels zu einer festen Institution gemausert.
Zu der Stammbesetzung von vier Vollzeitvapern und Border-Colli Piper gesellt sich der langjährige Freund und Stammkunde Frank aka c-a-sh.
Frank ist gelernter Koch und seit vielen Jahren Dampfer, zudem komponierte er hobbymäßig eigene Aromen. Sein geübter Geschmackssinn kommt ihm hierbei sehr zu Gute. Irgendwann Mitte 2018 baute Frank den Red Fire Orange-Whiskeylikör der Firma Bavarian Moonshine einfach mal zum Spaß als dampfbares Aroma nach. Das Ergebnis überzeugte nicht nur das Steam Rebels-Team. Sondern auch deren Kunden, die natürlich probieren durften. Es folgten die weiteren drei Moonshine-Sorten Wild Smokey Cherry, Apple Pie und Peach Fever.
Da viele Rauchumsteiger nach guten Tabak-Aromen suchten, entwickelte Frank parallel dazu einige Tabak-Geschmäcker, darunter El Catalán, Marrakesh Express und London Callin‘.
Der Vertrieb wurde über den Dampfshop aufgezogen und in Eigenarbeit gemanagt. Hieraus wurde das Label „Wicked Vaper“ geboren.
Auch hier wurde das Logo zur Aromenserie in Eigenregie entworfen, getreu dem Motto: Mach es selbst, wenn du es kannst. Der Totenschädel mit Coilgebiss ist seit September 2018 als deutsche Wort-Bildmarke beim DPMA eingetragen.
Bavarian Moonshine lud die Steam Rebels Anfang September 2018 ein, mit auf die MyVape in Braunschweig zu kommen.
Für den gemeinsamen kleinen Messestand dort fertigen sie 3400 Aroma-Flaschen in Handarbeit – ein Lohnabfüller war bei den vergleichsweise kleinen Abfüllmengen unrentabel.
Die Stammkunden halfen fleißig mit, wodurch sich die Blasenbildung an den Händen wenigstens halbwegs in Grenzen hielt. Merke: Tausende Chubby-Gorilla-Flaschen feste zudrehen tut weh!
In Braunschweig verirrte sich Martin Hartkopf alias Dampfwolke 7 auf den Wicked-Vaper-Stand. Er fand die Aromen so gut, dass er sie live auf Youtube in „Let‘s talk about taste“ vorstellte. Das Video war ein voller Erfolg.
Inzwischen werden die Aromen von einem Lohnabfüller professionell gefertigt, wenn auch noch in relativ kleinen Mengen und damit nicht ganz billig. Zumal Wert auf hochwertige, „nicht klebrige“ Etiketten gelegt wird.
Zur PureVape 2019 in München konnten drei neue Sorten ohne schmerzende Hände vorgestellt werden.
Der Test
Entgegen meiner eigentlichen Passion, den Fruchtaromen, entschied ich mich für diesen Test für eine Auswahl von Tabak- und schweren Aromen. Wobei natürlich die Neuerscheinungen nicht fehlen durften.
Beworben werden die Kreationen durchweg als komplexe Aromen mit teilweise elf Grundaromen.
Ich mag den Marketingausdruck „komplex“ nicht. Das klingt für mich nach unstrukturiertem Zusammengemische vieler Geschmäcker.
Vorweg: diesen Eindruck hatte ich bei keinem der Aromen, sondern es handelt sich durchweg um homogene und ausgewogene Geschmäcker.
Das vordosierte, konzentrierte Aroma wird jeweils in einer auffüllbaren 60ml Chubby-Gorilla-Flasche geliefert. Es gibt keine abschraubbaren Dosierspitzen zum befüllen, sondern – ich war positiv überrascht – alle Flaschen waren bequem mit dem Daumennagel zu öffnen. Die nervige Suche nach Schraubendreher oder sonstigem Hilfswerkzeug entfällt.
El Catalan
„Milder Tabak mit Cognac und viel frischer katalanischer Feige. Der Tabak hält sich dabei im Hintergrund und sorgt für eine breite Aromabasis. Der Cognac bringt eine zusätzliche Geschmacksdichte, die das Feigenaroma perfekt unterstützt.“
Es gibt Beschreibungen, bei deren Formulierungen ich erst mal die Augen rolle.
Feige. OK. Das traue ich einem guten Aromakoch noch zu. Aber katalanische Feige als Aroma – eher unwahrscheinlich.
Egal, Flasche geöffnet um Base dazuzugeben – und ich bin fast betäubt vom intensiven Geruch.
Weinbrand in reiner Form, unglaublich gut getroffen.
Nach drei Tagen Reifezeit ein schwerer, weicher Geschmack auf der Zunge, der erstaunlich nah am Cognac ist. Schon beim ersten Zug sehr präsent und langanhaltend.
Auf der Zunge eine leichte Fruchtsüsse, die eine Geschmacksverbindung mit dem Weinbrand eingeht. Sanfter Tabak, eher in Richtung Light-Zigarette, wird nach einigen Zügen in der Nase und am Gaumen spürbar.
Langanhaltende Eindrücke, die nach einigen Zügen mehr zu erdig-würzig tendieren. Der Tabak kommt etwas stärker durch. Beim Abklingen verblasst zuerst das Fruchtige, am Längsten hält sich der würzige Eindruck.
Alles in Allem eine absolut gelungene Komposition, keine künstlichen Nebengeschmäcker und insgesamt sehr stimmig.
Marrakesh Express
„Orientalische Tabakmischung mit schwarzem Tee und kräftiger Minze. Der kräftige und doch frische, nur leicht süßliche Geschmack erinnert stark an marokkanischen Tee, wie man ihn in einem Souk in Marrakesch genießt.“
Ich möchte unbedingt den Kompositeur dieses Geschmacks kennenlernen.
Auf meiner Montagetätigkeit in arabischen Ländern gab es zuweilen Espresso mit Minztee und Kardamom. Zu Hause konnte ich den Geschmack nicht wieder nachbilden – dieses Liquid schafft es.
Kräftig, herber Grundgeschmack mit perfekt dosierter Minze. Nicht wie ein Beuteltee, sondern frisch vom Orientmarkt. Lange nach dem letzten Zug ist der Geschmack noch präsent. Frische Minze auf der Lippe und Zungenspitze gefolgt von einem malzigen Tee.
Auch hier ein langanhaltendes, langsam abklingendes Geschmackserlebnis.
Parisienne Walkaways
„Ein Highlight für alle Liebhaber der „Grünen Fee“! Hier treffen sich Tabak, Limette und eine kräftige Absinth-Note, über die sich Freunde von Wermut, Anis und Fenchel freuen dürften.“
Das Überraschungsliquid für mich.
Die einzelnen Zutaten lesen sich sehr eigenwillig, als Gesamtkunstwerk eine echte Wucht.
Starker Absinth, wie ich ihn schon lange nicht mehr gefunden habe. Eine leichte, passende Säure… Tabak schmecke ich überhaupt nicht heraus. Der dominante Absinth überdeckt alle Nebengeschmäcker, harmoniert aber hervorragend mit der fruchtigen Säure. Sehr stabil und dauerhaft faszinierend gut.
Fenchel? Man müsste einen Vergleich ohne diese Zutat haben – herausschmecken kann ich es nicht. Ich möchte an diesem Liquid aber schlichtweg nichts verbessern. Passt.
Danke an den Aromakoch.
Dark Malaysian
„Die Mangostane ist eine ungewöhnliche, süße Mischung aus Litschi und Mango, die vermutlich aus Malaysien stammt. In Kombination mit warmer, dunkler Schokolade bietet die „Königin der Früchte“ ein einzigartiges, für Wicked-Vaper-Aromen relativ süßes Geschmackserlebnis für erfahrene Dampferzungen.“
Mangostane… eine Frucht, die mir bisher nicht bekannt war.
Ich musste mir erst mal eine besorgen, was gar nicht so einfach war, um einen Referenzgeschmack zu bekommen. Ein Thai-Laden in der nächsten Stadt (ein Hoch auf das Landleben) hatte tatsächlich welche. Der Geschmack der Frucht ist bombastisch. Süß und säuerlich zugleich, eine Mischung aus Ananas, Traube und Litschi.
Auch hier wurde der Geschmack hervorragend getroffen, etwas bittersüß im Abgang. Aber nicht unangenehm. Der Fruchtgeschmack ist sehr ausgeprägt und rein, erst beim Ausatmen durch die Nase gewinnt die Schokolade die Oberhand. Im Mund bleibt aber der süße Geschmack bestehen.
Ich erwische mich dabei den Dampf im Mund zu kauen und bei gerollter Zunge auszuatmen um den letzten Rest des Geschmacks zu erleben.
Viva la Revolution
„Warmer Tabakgeschmack mit einer kräftigen Rumnote: Definitiv etwas für Geschmacks-Rebellen, die das Besondere suchen. Che Guevara und Castro wären begeistert – es lebe die Revolution!“
Das einzige Liquid in der Testreihe, das mir etwas überdosiert ist.
Ein recht derber, erdiger Rumgeschmack. Für Rumfreunde sicherlich eine hervorragende Wahl, mir persönlich ist er zu „scharf“. Auch wenn ein süßlicher Beigeschmack vorhanden ist. Das Geschmacksbild ist sehr nah an einem Rum, den man für Grog verwendet.
Dieser Eindruck bleibt selbst Minuten nach dem letzten Zug.
Strawbs Madagascar
„Vanille-Eis mit Erdbeeren und grünem Pfeffer – ein klassisches Dessert aus der Nouvelle Cuisine, hier neu aufgelegt für eure Verdampfer. Das leicht herbe Pfefferaroma gibt der cremig-fruchtigen Mischung den besonderen Kick. Ein echtes Schmankerl für Gourmet-Dampfer!“
Hier empfehle ich entgegen meiner Gewohnheiten eine Reifezeit. Strawbs Madagascar sollte eine Woche Ruhe nach dem Anmischen bekommen. Zum einen wird dabei der Pfeffer ausgeprägt, zum anderen verändert sich der Gesamtgeschmack vom ordinären „Vanille mit Seifenote“ direkt nach dem Mischen hin zu der finalen „Erdbeermilch“ mit Schärfe im Abgang. Diese Schärfe bleibt lange angenehm im Gaumen präsent.
Für D2L-Dampfer sehr lecker, in kleinen M2L-Geräten finde ich es eher unspektakulär.
Asti Tedesco
„Was wären laue Urlaubsabende in Bella Italia ohne spritzigem Spumante? Unser Aroma Asti Tedesco hat dieses prickelnd-frische italienische Lebensgefühl perfekt eingefangen. Ideal für alle, die auf den schweren Kopf am nächsten Morgen gerne verzichten können.“
Asti Tedesco riecht nach Mädelsabend. Kommt man morgens ins Wohnzimmer und überall stehen noch halbvolle Sektgläser und Flaschen… genau so riecht es.
Geschmacklich sehr nah am trinkbaren Original, sogar das prickelnde Gefühl wurde durch einen Säureanteil gut nachgebildet.
Zuerst schmeckt man die fruchtige Süße auf der Zunge, gefolgt von der perligen Säure an Gaumen und Rachen.
Meine Frau hat das Liquid probiert und verteidigt es seither wie eine Bärenmutter ihr Junges.
Es ist gleichermaßen für Backen und Lungendampfer empfehlenswert und geschmacksstabil über einen sehr weiten Leistungsbereich. Ein echtes Schmankerl für laue Sommerabende.
Ein Kleinod gefunden
Mit den Wicked-Vaper-Aromen habe ich ein echtes Kleinod gefunden.
Sämtliche getesteten Liquids sind sehr facettenreich und entgegen dem Mainstream nicht überkühlt oder gesüßt. Man erhält den Geschmack der draufsteht – klar und unverfälscht.
Wenn in der Komposition zusätzliche Geschmäcker verwendet wurden, so heben diese lediglich die Hauptnoten hervor oder runden das Gesamtbild ab, stören aber nie.
Es wäre mir nicht möglich eine Rangliste zu erstellen, so eng liegt die Wertung auf hohem Niveau zusammen. Alle Geschmäcker sind zudem sehr langanhaltend, noch Minuten später ist das Aroma ohne Fehlgeschmack präsent.
Was besonders auffällt ist, das alle Regionen bedient werden. Zunge, Gaumen, Rachen, Nase…. und das bei jeder Komposition. Das findet man nicht allzu häufig in dieser Güte.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis relativiert sich durch das ungewöhnlich gute Geschmackserlebnis.
Das einzige (nicht ganz faire) Contra ist, dass die massenkompatiblen Märkte wie Frucht und Kuchen kaum angesprochen werden.
Da diese Serien aber auch nicht darauf abzielen fließt es nicht in die Wertung ein.
Ich war auch als passionierter Fruchtdampfer absolut angetan von den mir eigentlich nicht so zusagenden Geschmacksrichtungen.
Shake & Vape aus München: https://www.vapers.guru/2019/04/07/shake-vape-von-happy-liquid/
Der Extreme von Vapor Giant: https://www.vapers.guru/2018/08/30/extreme-von-vapor-giant/
Timo Manges
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