Viele Dampfer und sogar Außenstehende bemerken, dass die E-Zigarette unerwarteten Gegenwind bekommt. Und zwar so koordiniert und orchestriert, dass bei vielen der Verdacht einer Verschwörung aufkeimt.
Nach fast vier Jahren vapers.guru ist es Zeit zurückzublicken. Zeit für eine Zäsur. Zeit für einen ausführlichen Themenschwerpunkt.
Seit mindestens fünf Jahren ist die E-Zigarette Anfeindungen ausgesetzt. Sie soll streng und strenger reguliert werden, wird mit der Tabakzigarette auf eine Stufe gestellt und Gesundheitsaktivisten warnen unablässig.
Hinzu kommt, dass in scheinbaren Wellenbewegungen negative, warnende und sensationsheischende Meldungen durch die Medien getrieben werden.
Das erscheint schwer nachvollziehbar. Denn schon 2015 war Public Health England, die staatliche Gesundheitsfürsorge in Großbritannien, in einer Meta-Studie zu dem Schluss gekommen, dass E-Zigaretten um mindestens 95% weniger gesundheitsgefährdend sind als Tabakzigaretten.
Im Februar 2018 legte sie noch einmal nach und schätzte das Krebsrisiko 99,5% geringer.
Inzwischen stellen immer mehr Wissenschaftler Nikotin in Abwesenheit von Tabak auf eine Stufe mit Coffein.
Nikotin verursacht entgegen landläufiger Meinung keinen Krebs und scheint auch nicht besonders suchtfördernd zu sein. Zumindest konnte es in entsprechenden wissenschaftlichen Versuchen nicht belegt werden.
Als Gradmesser der Sucht galt bisher der so genannte Fagerström Test. Offiziell hieß er lange eigentlich „Test für Nikotinabhängigkeit“.
Bereits 2011 räumte der unter Suchforschern hoch verehrte Prof. Karl Fagerström in einem Artikel im Oxford Journal ein, dass Nikotin nicht die alleinig ausschlaggebende Substanz für eine Sucht sei. Daher benannte er den Test um in „Test für Zigarettenabhängigkeit“.
Viele Ärzte und Gesundheitsorganisationen ziehen es jedoch bis heute vor, diese Umbenennung und die damit verbundenen Erkenntnisse zu ignorieren.
„Die größte Medizinische Erfindung seit der Impfung!“
Laut der Weltgesundheitsorganisation werden in diesem Jahrhundert geschätzte eine Milliarde Menschen an den Folgen des Rauchens sterben. Mehr als in allen Kriegen zusammen.
Etwa jeder zweite Raucher steuert einem vorzeitigen Ableben entgegen, Raucher leben im Schnitt zehn Jahre weniger.
Wie Prof. Dr. David Nutt, der oberste Drogenberater der britischen Regierung, es bereits 2014 in einem Interview mit dem Tagesspiegel formulierte: „Die E-Zigarette könnte jedes Jahr fünf Millionen Menschenleben retten. Mehr als an Aids, Malaria, Tuberkulose und Meningitis zusammen sterben. Die E-Zigarette könnte die größte medizinische Erfindung seit der Impfung sein.“
Nun sollte man davon ausgehen, dass Gesundheitsorganisationen, Politiker und Medien begeistert die Hände erheben und die E-Zigarette als empfehlenswertes Ersatzmittel empfehlen.
Doch das Gegenteil ist der Fall.
Die E-Zigarette wird reguliert, zum Teil strenger als die Tabakzigarette. Es werden sogar Gesetze erlassen Warnhinweise zum Nikotin auf Verpackungen anzubringen, obwohl die Produkte gar kein Nikotin enthalten.
Kleinste Forschungsergebnisse werden in den Medien zu schlagzeilenträchtigen Horrormeldungen aufgebauscht. Gesundheitsorganisationen warnen vor einer Suchtverlagerung. Und in den USA wird gar von einer Epidemie gesprochen, die eine ganze Generation von Nikotinabhängigen heranzieht. Obwohl die Zahlen so niedrig sind wie nie zuvor.
Hört oder liest ein Mensch etwas oft genug, schleifen sich Denkmuster ein. Irgendwann wird derjenige unempfänglich für anderslautende Fakten. Es besteht also die Möglichkeit, dass durch diese Art der Kommunikation eine Chance vertan wird. Eine Chance viele Menschenleben zu retten.
Diese Kommunikation zeigt bereits erste Erfolge. Inzwischen halten mehr Menschen als noch vor fünf Jahren die E-Zigarette für mindestens genauso gefährlich wie Tabakzigaretten.
Cui bono?
Nun liegt es nahe sich die Frage zu stellen, warum das so ist.
Und damit drängt sich die Frage auf, wer einen Nutzen davon hat. Schon Cicero fragte 80 v. Chr. „cui bono“. Wem nützt es?
Dabei entsteht im Kopf das Bild einer Verschwörung. Geldkoffer wechseln in nächtlichen Parkhäusern den Besitzer. Journalisten werden gekauft, um Artikel zu veröffentlichen. Politiker werden bestochen, um strengere Gesetze durchzubringen.
Das Bielefelder Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung hat gerade ihre „Mitte-Studie“ im Namen der Friedrich-Ebert-Stiftung veröffentlicht. Über die Hälfte aller Deutschen glauben demnach, die Regierung würde von „geheimen Organisationen“ beeinflusst.
Doch so funktioniert das in der Realität nicht. Ebenso wie Geheimdienstarbeit weniger mit James Bond als mehr mit Aktenablage zu tun hat.
Schnell glaubt man zwei Hauptverdächtige ausgemacht zu haben. Doch die sind mindestens problematisch.
Big Tobacco
Der erste Verdächtige ist die Tabakindustrie.
Die Motivation dahinter erscheint offensichtlich. Wer dauerhaft eine E-Zigarette nutzt, kauft keine Zigaretten mehr.
Die Tabak Lobby hat nachweislich versucht während der Planungsphase zur Tabakproduktregulierung (TPD 2) Einfluss auf die EU Kommission und das Parlament zu nehmen.
Bereits 2014 beschwerten sich einige Parlamentarier über fortlaufende und „aggressive“ Einladungen zu Dinner und Cocktails. Und der Guardian recherchierte, dass Philip Morris – die Macher von Marlboro – Lobbytreffen mit nicht weniger als 233 Abgeordneten hatten.
Die Motivation der Tabakindustrie gegen die E-Zigarette ist jedoch aus mehreren Gründen nicht so eindeutig.
Zunächst wird gerne vergessen, dass in der TPD vor allem Tabakprodukte reguliert sind. Beispielsweise wurden Zusatzstoffe wie Menthol verboten. Die Lobby hatte also zunächst vor allem versucht ihre eigenen Produkte vor Regulierungen zu schützen und weniger die Konkurrenz zu bekämpfen.
Zum zweiten ist die Tabakindustrie einzig an einem interessiert: ihren Aktienkursen. So lange die gut aussehen, ist alles andere sekundär.
Zwar werden seit Jahren die ständig sinkenden Zahlen der Raucher in Europa und Nordamerika von Gesundheitsorganisationen gefeiert. Doch schaut man sich die Medaille von der anderen Seite an, ist Tabak nach wie vor ein Wachstumsmarkt.
In Asien leben mehr Menschen als im Rest der Welt. Alleine in Indien und in China leben jeweils mehr Menschen als in Europa und Nordamerika zusammen. Und die sind noch lange nicht bei der Gesundheitspolitik Europas angekommen.
Es gibt nicht einmal verlässliche Zahlen, wie viele Menschen dort rauchen. Und es werden immer mehr, weil es immer mehr Menschen werden.
Die Weltbevölkerung soll bis 2050 auf 9,8 Milliarden Menschen wachsen. Was bedeutet, alleine in Asien gibt es dann wohl so viele Raucher wie derzeit auf der ganzen Welt.
Hinzu kommt, dass die Big Five, die größten privatwirtschaftlichen Tabak Konzerne, inzwischen alle selber E-Zigaretten am Markt haben. Und die sind nicht so erfolglos, wie man allgemein glauben könnte.
Gemäß einer Erhebung der Foundation for a Smokefree World im Oktober 2018 sind die zehn größten Hersteller von geschlossenen Systemen für 67% der Umsätze der E-Zigarette verantwortlich. Und die Tabakriesen gehören zu diesen zehn.
Zur Not hat man aber auch genug auf der hohen Kante, um sich strategisch in den Markt einzukaufen. Im vergangenen Jahr hat British American Tobacco die größte deutsche Vape-Ladenkette Highendsmoke übernommen und bereits 2017 hatte Fontem Ventures den Hersteller der E-Zigarette blu, Von Erl aus Österreich, übernommen. Fontem Ventures gehört zum Konzern Imperial Brands, zu dem auch Reemtsma gehört.
Im Dezember wurde bekannt, dass Altria sich für knapp 13 Milliarden Dollar 35% der Juul gesichert hat. Altria ist der Multi, dessen Unter-Konzern in den USA unter dem Firmierung Philip Morris USA Marlboro vertreibt.
Davon zu trennen ist Philip Morris International. Der Platzhirsch hat nicht nur inzwischen von selber auf Plakatwerbung verzichtet. Sondern er unterhält ein millionenschweres Forschungszentrum in Neuchâtel in der Schweiz. Und der Chief Executiv Calantzopoulos hat 2016 öffentlich erklärt, den Ausstieg aus dem verbrennbaren Tabak anzustreben.
Das Argument, die E-Zigarette würde den Tabakriesen Umsätze streitig machen, kann also nicht so ganz logisch erscheinen. Auch wenn es von Dampfern häufig angebracht wird. Vielleicht auch in Überschätzung der eigenen Wirksamkeit.
Deshalb ist die Tabakindustrie als Tatverdächtiger im Fall der E-Zigarette wohl eher zu vernachlässigen.
Big Pharma
Näherliegend erscheint unter den üblichen Verdächtigen die Pharmaindustrie.
Doch auch das scheint nicht so einfach zu sein, wie es auf dem ersten Blick aussieht.
Leicht könnte man vermuten, dass die Industrie der Nikotinersatzprodukte gefährdet ist. Also das Millionengeschäft der Nikotinpflaster, Kaugummis und Sprays.
Zu nennen sind hier vor allem Novartis, GlaxoSmithKline, Johnson & Johnson und Pfizer mit ihrer Tabakentwöhnungstablette Champix.
Doch da muss man als nüchtern kalkulierender Manager doch die Frage stellen, in wie weit die E-Zigarette diesen Markt überhaupt bedroht.
Nur ein Bruchteil der Bevölkerung raucht, ein noch geringerer Bruchteil versucht mit Hilfe solcher Ersatztherapien aufzuhören. Auch wenn sie ständig von Ärzten und einer Entwöhnungsindustrie angepriesen werden wie sauer Brot.
Die Frage stellt sich also, wie viele der wenigen Menschen, die vor allem in Europa und Nordamerika auf E-Zigaretten umgestiegen sind, es andernfalls mit diesen Mitteln versucht hätten.
Bedenken sollte man dabei auch, dass solche Versuche mit Ersatzmitteln temporär sind. Die Umsteigewilligen kaufen die Produkte wenige male. Danach schaffen es etwa fünf Prozent tatsächlich und der Rest gibt auf und raucht weiter.
Nikotinpflaster werden, im Gegensatz zu Zigaretten, nicht lebenslang genutzt.
Man sollte nicht vergessen, dass die Pharmaindustrie auch an anderen Krankheiten verdient. Beispielsweise an der Behandlung von Krebs. Das ist nicht von der Hand zu weisen.
Die Frage ist aber doch, ob die Pharmaindustrie deshalb tatsächlich massiv gegen die E-Zigarette vorgeht. Denn immerhin ist das Krebsrisiko eines ehemaligen Rauchers erst nach einigen Jahren wieder auf dem Stand eines Nichtrauchers. Und Lungenkrebs ist nur eine Krebsart von vielen.
Das Gleiche gilt für Erkrankungen des kardiovaskulären Systems.
Selbstverständlich hat die Pharmaindustrie ein Interesse daran, sich strategisch gegen die E-Zigarette zu positionieren. Doch es ist fraglich, ob dies so unmittelbar und direkt geschieht.
Interessant ist es für ein strategisches Vorgehen allemal, wie wir noch sehen werden.
Fehlendes Wissen wird durch Verschwörungstheorien ersetzt
Auf der Suche nach Verdächtigen versteigen sich einige Dampfer in Verschwörungstheorien.
Beispielsweise wird häufig vorgerechnet, dass ein früher versterbender Raucher eine Wohltat für die Rentenkasse ist. Doch auch das ist nur schwer zu berechnen. Denn eine Krebstherapie, die meist vor dem Ableben erfolgt, kostet üblicherweise mehr, als der Betreffende sein Leben lang eingezahlt hat. Und auch diese Kosten müssen ja ausgeglichen werden. Im Zweifelsfall vom Staat, der die Krankenkassen jährlich mit zweistelligen Milliardenbeträgen unterstützt.
Der bekannte Prof. Dr. Harald Lesch würde das sicher als „Maximalhypothese“ bezeichnen.
In der Wissenschaftstheorie gibt es das Sparsamkeitsprinzip. Das wurde bereits im 14. Jahrhundert von dem Mönch Wilhelm von Ockham aufgestellt. Daher nennt man es auch Ockhams Rasiermesser. Gemäß dem Prinzip wird alles abrasiert, was nicht zwingend notwendig ist, um eine Erklärung zu finden.
Man sollte sich einmal bewusst machen, was nötig wäre, wenn Politiker durch eine Verschwörung die Rentenkasse schonen und dafür die Menschen am Rauchen halten würden.
Es müssten Mails verschickt und Meetings abgehalten werden, Gesetzentwürfe besprochen und Gegner überzeugt werden.
Das alles müsste im Geheimen passieren. Von den tausenden Mitarbeitern, die in diesem Kommunikationsprozess involviert wären, dürfte niemand eine Mail weiterreichen, niemand die Medien informieren, keine Sekretärin dürfte Kopien ausdrucken.
In einer Zeit, in der nicht einmal die National Security Agency – die Behörde gewordene Definition von Geheimhaltung – es schafft interne Vorgänge geheim zu halten, soll das in der Rentenversicherung und dem deutschen Gesundheitsministerium möglich sein.
Das ist schwer zu glauben.
Eine Verschwörung ist gar nicht nötig
Es ist ein wenig wie in einem der typischen Fernsehkrimis. Das Prinzip Whodunit.
Der ermittelnde Kommissar bekommt stellvertretend für den Zuschauer eine Reihe von Verdächtigen präsentiert, die alle ein Motiv gehabt hätten den Mord zu begehen.
Neben der Möglichkeit die Tat zu begehen muss aber auch danach gefragt werden, ob das Motiv stark genug war um das Opfer zu ermorden.
Die Tabakindustrie verdient selber an der E-Zigarette und diese gefährdet ihre Aktienkurse auch nicht wirklich. Die Politiker haben einzeln weder die Macht noch die Kompetenzen, etwas gegen die E-Zigarette zu unternehmen.
Die naheliegende Verdächtige wäre sicher die Pharmaindustrie. Doch auch da muss man sich die Frage stellen, ob ihr Motiv ausreicht, um eine geheime Kampagne zu lancieren. Ohne dass das tatsächlich herauskäme.
Das Problem dabei ist, dass die meisten in die falsche Richtung schauen. Wie bei einem Zauberer auf einem Kindergeburtstag schauen alle auf eine Hand, während er mit der anderen die Karte aus dem Ärmel zieht.
Das Problem ist, dass alle nach einer Verschwörung suchen.
Aber eine Verschwörung ist eigentlich etwas anderes.
Wie der deutsche Name schon sagt ist dafür ein Schwur nötig. Es ist eine eingeschworene Vereinigung von Menschen, die ein gemeinsames Ziel verfolgen.
Wir sollten uns von diesem Bild verabschieden. Damit werden wir keine Verdächtigen und keine Erklärung finden.
Vielversprechender erscheint das Bild der Konspiration.
Für eine Konspiration ist es vollkommen ausreichend, wenn alle Beteiligten eine Zielsetzung haben, aber aus unterschiedlichen Gründen. Unterschiedliche Motivationen bringen sie dazu, das gleiche Ziel zu verfolgen.
Konspiration, die: „Zusammenarbeit mehrerer Personen unter einheitlicher Zielsetzung und bewusster Ausschaltung fremden oder öffentlichen Einblicks“
Nachrichtendienstliche Begriffsbestimmungen der „Organisation Gehlen“ und des frühen Bundesnachrichtendienstes, Bodo Hechelhammer, Bundesnachrichtendienst
Es ist ein wenig wie in dem berühmten Roman „Mord im Orient Express“ von Agatha Christie.
So lange der Leser rätselt, wer den Mord begangen hat, kommt er zu keinem Ergebnis. Am Schluss zeigt sich jedoch, dass alle den Mord begangen haben. Aus völlig eigenen Motiven heraus.
Dem Leser fehlten nur die Informationen das erkennen zu können.
Bleibt man hartnäckig bei der Erwartung, dass der Täter einen direkten Nutzen hat, wird man keinen Täter finden.
Räumt man aber ein, dass viele Interessensgruppen ganz unterschiedliche Vorteile vom Scheitern der E-Zigarette haben, weitet sich der Blick.
Ein großes Feld neuer Verdächtiger erscheint am Horizont. Verdächtige, die in der Wahrnehmung bisher gar nicht wirklich präsent waren.
Profiteure der Angst – Themenschwerpunkt
- Die Konspiration gegen die E-Zigarette
- Der Einfluss der Lobbyisten
- Wissenschaft und Medien
- Schwarzbrenner und Baptisten
- Das System Deutschland
Joey Hoffmann
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