- Es wurde nicht „die E-Zigarette“ getestet, sondern ein Nischenprodukt eines Tabakkonzerns
- Die Auswirkungen von E-Zigaretten auf das menschliche Gehirn wurden nicht untersucht
- Die Studie wurde von der FDA bezahlt
Gemäß den Pressebeiträgen der letzten Tage hat eine Studie angeblich herausgefunden, dass E-Zigaretten das Hirn schädigen.
Diese Meldung ist überraschen. Da derzeit doch die Bewegung der Wissenschaft eher in die Richtung weist, dass Nikotin sogar gut fürs Hirn ist und neuronalen Erkrankungen wie Alzheimer vorbeugen kann.
Doch selbst der gemeine Menschenverstand sollte aufhorchen lassen. Denn Nikotinsprays, -pflaster und -Kaugummis standen nie ernsthaft auch nur in dem Verdacht. Und die jahrzehntelange Forschung zum Tabak hat einen solchen Zusammenhang auch nie nachweisen können. Zigaretten werden für vieles verantwortlich gemacht, aber sicher nicht für Hirnschäden.
Die Studie wurde herausgegeben von der University of California. Diese Einrichtung war bereits 2017 durch eine überraschend unwissenschaftliche Arbeit aufgefallen, in der behauptet wurde, E-Zigaretten erhöhen den Blutdruck. Und es ist die gleiche Einrichtung, die in San Francisco das Center for Smoking Cessacion unterhält, das wiederum mittelbar vom Pharmariesen Johnson & Johnson gesponsert wurde und von dem pathologischen Gegner der E-Zigarette Stanton Glantz geleitet wird.
Abgesehen von diesen Offensichtlichkeiten wird es aber spannender, wenn man sich die Studie und die daraus resultierenden Medienberichte einmal genauer anschaut.
Dann wird erst das ganze Ausmaß der Perfidität klar, mit der hier gezielte Propaganda unter dem Deckmantel der Wissenschaft betrieben wird. Dass dies gezielt ist, muss man unterstellen.
Was wurde überhaupt getestet?
Zunächst geht aus der Studie selber gar nicht hervor, welche E-Zigaretten bei dem Versuch getestet wurden. Was schon sehr unseriös ist. Denn eine Studie sollte immer so dokumentiert sein, dass sie von anderen Forschern im Peer to Peer Review Prozess nachgebildet werden kann.
In der Studie steht lediglich, dass es sich um sog. cig-a-likes handelt, die angeblich zu den meistverkauften in den USA gehören und von einem US-amerikanischen Tabakunternehmen stammen. Und dass sie online, in einer Tankstelle und einem Supermarkt erstanden wurden.
In der Mitteilung der Universität erklärte die leitende Dr. Zahedi aber, dass es sich um eine Vuse handelte. Also tatsächlich um ein Nischenprodukt der ersten Generation.
Es gibt verschiedene Produkte des Brandings Vuse, die ersten sind seit mindestens 2014 am Markt.
Auch gibt es keine offiziellen Erhebungen darüber, wie häufig solche Produkte genutzt werden. Man darf aber bezweifeln, dass sie zu den meistverkauften gehören. In Europa dürfte der Marktanteil aller Geräte dieses Typs zusammen im niedrigen einstelligen Prozentbereich liegen.
Selbst wenn man nicht unterstellen möchte, dass absichtlich ein solches Gerät ausgewählt wurde um für die E-Zigarette schlechte Ergebnisse zu erzielen, so ist das doch mehr als fragwürdig.
Da es in der Studie explizit erwähnt wurde, wurde offenbar unbedingt ein Gerät eines Tabakkonzerns gesucht. Vuse ist eine Marke von Reynolds, die inzwischen zu BAT gehören und u.a. auch Zigarettenmarken wie Winston und die in den USA recht beliebte Kool produzieren.
Bereits an diesem Punkt kann man ausschließen, dass die Ergebnisse für alle E-Zigaretten gelten. Wie es in den Medien dargestellt wird. Ebenso wie die Ergebnisse einer Abgasuntersuchung eines Trabbis sicher nicht für alle Autos gelten können.
Die üblichen Fehler
Um das Aerosol zu gewinnen wurden die E-Zigaretten an eine Smoking Machine angeschlossen. Was sicher auch ein Grund sein dürfte, warum bis heute fernab der Konsumentenrealität gerne cig-a-likes für solche Versuche verwendet werden. Denn mit solchen Maschinen werden auch Zigaretten getestet.
Amüsant war der Hinweis in der Studie auf eine Versuchsanordnung in einer Arbeit von 1998, fast zehn Jahre bevor die ersten E-Zigaretten überhaupt in den USA auf den Markt kamen.
Das grundsätzliche Problem dabei ist, dass eine solche Maschine natürlich nicht bemerkt, wenn der Liquidnachfluss abreißt. Der so genannte Dry Burn oder Dry Hit wird aber von einem Konsumenten gar nicht inhaliert, weil er grauenvoll schmeckt und zu einem Hustenanfall führt.
Gezogen wurde 4,6 Sekunden lang. Jeder Dampfer darf das gerne bei seiner E-Zigarette an dieser Stelle nachstellen. Am besten mit einem M2L Gerät, noch besser einer cig-a-like.
Auch der Hinweis, dass der geringste Zugwiderstand gewählt wurde, kann wenig überzeugen.
Dieses Aerosol und auch Liquids wurden dann direkt auf Zellkulturen aufgebracht. Die Liquids hatten eine Konzentration von 44 mg/ml, mehr als das Doppelte der in Europa zulässigen Konzentration.
Der Versuch fand also in vitro statt, in der Petrischale. Es gab weder Versuche an Menschen noch an lebenden Organismen.
Die Zellkulturen waren so genannte embryonale Stammzellen von Mäusen.
Diese werden in der Biologie gerne verwendet, da sie sehr empfindlich sind. Und somit leicht und schnell Ergebnisse liefern.
Dabei ist anzumerken, dass eine Übertragbarkeit auf den Menschen nahezu unmöglich ist. Noch dazu auf einen lebenden Menschen, dessen Organismus sich ständig selber repariert.
Stammzellen sind Blaupausen der Zellen eines Organismus. Sie sind weiße Blätter, die beschrieben werden können. Denn aus Stammzellen können sich andere Zellenformen entwickeln. Während eine „normale“ Zelle immer nur Zellen des gleichen Typs erzeugen kann.
Neuronale Stammzellen sind Stammzellen, die im Nervensystem zu finden sind. Denn sie können Informationen weitergeben.
Eine Schädigung dieser Zellen kann zur Alterung beitragen oder Krankheiten auslösen.
Das ist deshalb zu erläutern, weil die Medien damit aufmachen, E-Zigaretten würden zu Hirnschäden führen. Davon steht in der Studie aber gar nichts explizit drin.
Die Studie hat nicht die Auswirkung von E-Zigaretten auf das Hirn untersucht.
Abschließend muss man darauf hinweisen, dass wohl jede Substanz solche Zellen in einer Petrischale früher oder später schädigt. Die Überlebenszeit der Zellen in Liquid dürfte sich nicht großartig von der in Cola, Orangensaft oder Zahnpasta unterscheiden.
Solche Grundlagenforschung wird üblicherweise betrieben, um Anhaltspunkte für weitere Forschungen oder erste Erkenntnisse zu gewinnen.
Der Schritt in der Entwicklung ist zu vergleichen mit der Erforschung der Verbrennung von Treibstoffen im Labor und der Konstruktion einer Rakete. Die wenigsten menschlichen Gehirne werden mit einer Nikotinkonzentration von 44 mg/ml in Berührung kommen.
Bezahlt von Gegnern der E-Zigarette
Die junge Leiterin der Studie, Dr. Atena Zahedi, hat ein Stipendium der University of California erhalten. Das ist ein Programm, mit dem Doktoranten an die Universität gebunden werden, um dort zu forschen.
Co-Autorin der Studie ist Prue Talbot, Professorin für Zell Biologie. Sie dürfte die Rolle einer Tutorin bei dieser Studie gehabt haben.
Das liegt nahe, denn Prue Talbot hat in den vergangenen Jahren verschiedene Arbeiten zur E-Zigarette veröffentlicht. Von dem Dampf der Juul bis zu den chemischen Komponenten von Aromen in Liquids.
Offenbar ist sie auf einem Kreuzzug gegen die Harm Reduction, denn alle Arbeiten waren nach ähnlichem Muster und mit ähnlichen Ergebnissen. Seit mindestens 2015 erscheint sie in amerikanischen Medien als Ansprechpartner.
Dieses Engagement wird sicher nicht selbstlos sein. Ein direkter Zusammenhang ist jedoch schwer nachzuweisen.
Dazu sollte man sich jedoch klar machen, dass das öffentliche System der University of California gar nicht vom Staat getragen wird. Nur 13% des jährlichen Budgets kommen aus öffentlichen Kassen.
Die Studie von Zahedi wurde indes bezahlt vom National Institute on Drug Abuse, den National Institutes of Health und der Regulierungsbehörde FDA. Der gleichen Behörde, die postfaktisch von einer Nikotin Epidemie unter Jugendlichen spricht und deren zurückgetretener Leiter jüngst zum Pharmariesen Pfizer gegangen ist.
Es fällt schwer eine solche Studie mit solchen Auftraggebern als ergebnisoffen ansehen zu können.
Hirnschäden machen sich immer gut
Die Medien überschlagen sich freudig. Denn eine solche Schlagzeile verspricht Klicks.
Die Bild titelt – fast schon sachlich – E-Zigaretten könnten das Hirn schädigen. Futurezone fragt gleich, ob E-Zigaretten dumm machen. Und auf inFranken.de hat man gar festgestellt, dass E-Zigaretten unsere geistigen Fähigkeiten beeinflussen. Auf heilpraxis.net weiß man, dass E-Zigarettendampf Zellen im Gehirn zerstört. Obwohl nur Mäusezellen in Petrischalen gestresst wurden.
Erstaunlich ähnlich sind diese Berichte. In Absätzen teilweise wortgleich. In allen wird entweder direkt auf die Pressemitteilung der University of California hingewiesen, oder es werden ohne Hinweis die immer gleichen Zitate der Studienleiterin Zahedi wiedergekäut. Die wiederum gar nichts über die Studie selber aussagen. Einige wenige verweisen auf die Veröffentlichung im Fachjournal Cell Press.
Die Seite inFranken.de verspricht im Teaser sogar „Alle Infos zur Studie finden Sie hier!“. Aber nicht nur, dass man so gut wie keine Informationen in dem Artikel findet. Er gibt nicht einmal einen Hinweis darauf, dass die Studie tatsächlich gelesen wurde.
Erwähnenswert ist auch ein Zitat auf der Seite des österreichischen Radiosenders KroneHit, einem Ableger der Krone Zeitung:
“Die Folgen können Alzheimer, Demenz oder Parkinson sein. Es gibt viele Studien, die einen Zusammenhang zwischen Nikotin und Erkrankungen des Gehirns zeigen. Nicht zu vergessen, dass Nikotin ganz schlecht für unsere Durchblutung ist.“
Dr. Wolfgang Auer, Homepage KroneHit, ohne Datum
Der Allgemeinmediziner beschäftigt sich vor allem mit „alternativer Naturheilkunde“ und ist Erfinder des „Basenpulver Dr. Auer“. Was von forschenden Medizinern schon als „Geschäftemacherei“ bezeichnet wurde.
Tatsächlich ist es so, dass die Forschungen derzeit zeigen, dass Nikotin gegen Demenz, Alzheimer und Parkinson zu helfen scheint. Also das genaue Gegenteil dessen, was Auer behauptet. Es ist auch bekannt, dass Nikotin die Durchblutung fördert. Weshalb Nikotin und Coffein bereits seit Jahrzehnten zum Doping genutzt werden.
Da eine Studie der University of California üblicherweise weder ein solches Echo in der deutschsprachigen Presse findet, noch eine Pressemitteilung auf der eigenen Homepage so häufig rezipiert wird, darf man sich die Frage stellen, wie die Medien auf das Thema aufmerksam geworden sind.
Immerhin wurde der Artikel auf Cell Press bereits am 28. May veröffentlicht. Und einen Monat später wird er etwa eine Woche lang durch die Blätter getrieben.
Naheliegend wäre, dass eine Instanz in Deutschland die Medien auf das Thema aufmerksam gemacht hat. Das würde auch die sehr ähnlichen Passagen bei einigen Medien erklären.
Unterm Strich:
- Es wurde nicht getestet, ob E-Zigaretten zu Hirnschäden führen!
- Getestet wurde nicht „die“ E-Zigarette, sondern ein Nischenprodukt (cig-a-like) einer alten Marke eines Tabakkonzerns.
- Getestet wurden Liquids mit einer mehr als doppelt so hohen Konzentration wie in Europa zulässig.
- Die E-Zigaretten wurde nicht entsprechend ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung getestet. Die Verwendung muss fast zwangsläufig zu einem Abriss des Nachflusses führen, was höhere Schadstoffemissionen bedingt.
- Die Zellen wurden auch dem Liquid direkt ausgesetzt.
- Getestet wurde an embryonalen Zellen von Mäusen. Eine Übertragung der Ergebnisse auf den Menschen ist annähernd unmöglich.
- Der Versuch lief in vitro, Rückschlüsse auf lebende Menschen sind unseriös.
- In der Studie wird nicht explizit von Hirnschäden gesprochen.
- Die Universität ist nicht finanziell unabhängig.
- Die Studie wurde von öffentlichen Behörden bezahlt, unter anderem von der FDA, welche die E-Zigarette unabhängig vom Ergebnis regulieren will.
- Die Titel der Medien sind mindestens verzerrend, teilweise unwahr.
- Die Studie wurde Ende Mai veröffentlicht und erscheint über einen Monat später mit sehr ähnlichen Passagen in vielen Medien. Ein Hinweis durch einen deutschsprachigen Wortgeber ist anzunehmen.
Die E-Zigarette in den nachrichten: https://www.vapers.guru/2019/04/08/11686/
Wie die Medien einen Todesfall ausschlachten: https://www.vapers.guru/2019/02/05/mann-stirbt-nach-explosion-seiner-e-zigarette/
Joey Hoffmann
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