- Studie weist angebliche Erhöhung des Risikos eines Herzinfarktes durch die E-Zigarette nach
- Wissenschaftler fordern das Fachjournal öffentlich auf, die Veröffentlichung der Studie zurückzunehmen
- „Eine nicht zu vertretende Verletzung jeglicher annehmbaren Standards für die Forschung“
- Studie von Behörden und mit Verknüpfungen zum Hersteller von Nicorette bezahlt
Heute wurde ein Streit unter Forschern öffentlich.
Wie USA Today heute Mittag veröffentlichte, hat ein Wissenschaftler das Journal der American Heart Association aufgefordert die Veröffentlichung einer Studie zur E-Zigarette zurückzuziehen.
Ein durchaus nicht alltäglicher Vorgang.
Im vergangenen Monat veröffentlichte Prof. Dr. Stanton Glantz eine Studie, die angeblich einen Zusammenhang zwischen E-Zigaretten und Myokardinfarkten (Herzinfarkt oder Herzanfall) nachweist.
Nachdem Glantz bereits im vergangenen Jahr eine ganz ähnliche Studie veröffentlicht hatte, die auch von deutschsprachigen Medien aufgegriffen wurde, war diese nicht so sehr in den Medien besprochen worden. Lediglich einige Fachzeitschriften nahmen Notiz.
Umso überraschender ist es, dass der Medizinprofessor Dr. Brad Rodu von der University of Louisville das Journal nun öffentlich angriff.
Rodu ist eigentlich Zahnarzt und unter anderem auch Stiftungsprofessor im Bereich der Themen Tabak und Harm Reduction am James Graham Brown Cancer Center. Er ist starker Befürworter der E-Zigarette, war schon in einigen Fernsehsendungen zu Gast und auch in der Dokumentation A Billion Lives von Aaron Biebert zu sehen.
Die üblichen Verdächtigen
Stanton Glantz ist kein Unbekannter. Er ist Professor für Medizin, hat aber nie ein medizinisches Studium absolviert.
Eigentlich ist er Ingenieur und hat auch schon für die NASA gearbeitet. Daher bezeichnet er sich auch gerne als „echten Raketenforscher“.
In die Medizin ist er gekommen, weil er sich mit Computermodellen zu Berechnungen zum Herzmuskel beschäftigt hat.
Er gründete 1981 die „Californians for Nonsmokers‘ Rights“, die wegen des geschäftlichen Erfolgs kurz darauf in „Americans for Nonsmokers‘ Rights“ umbenannt wurde. Alleine die Stiftung des Johnson & Johnson Konzerns spendete dieser Organisation seit 1996 über 22 Millionen Dollar. Hinzu kamen Einnahmen durch den Staat und andere Spender.
Seit 1972 gab Johnson & Johnson auch über 160 Millionen Dollar an die University of California. Und 2002 spendete die Stiftung des Pharmariesen 10 Millionen Dollar, um das „Center for Smoking Cessacion“ (Zentrum für Rauch-Entwöhnung) zu gründen.
Im Jahr 2005 wurde Stanton Glantz an das Zentrum berufen. Inzwischen ist er dessen Leiter und hat als Ingenieur einen Lehrstuhl für Medizin.
Die Vernetzung mit dem Hersteller der Nicorette Produkte ist offensichtlich.
Es regnet, weil ich ins Freibad gehe
Für die besagte Studie wurden von Glantz und seinem Co-Autor Dharma N. Bhatta, einem Mitarbeiter am Zentrum in San Francisco, Zahlen aus dem „Population assessment of tobacco and health (PATH)“ ausgewertet. Einer öffentlichen Erhebung des Gesundheitsministeriums.
Es wurde also gar nicht selber „geforscht“.
In dieser Erhebung verglichen Glantz und Bhatta die Zahlen der Nutzer von E-Zigaretten und derer, die einen Herzinfarkt hatten. So kamen sie zu dem Schluss, dass die Gefahr einen Herzinfarkt zu erleiden mehr als doppelt so hoch ist, wenn man eine E-Zigarette nutzt. Weil doppelt so viele Menschen, die eine E-Zigarette nutzen, einen Herzinfarkt hatten.
Das wurde medienwirksam kommuniziert, offenbar gab es dazu auch eine entsprechende Pressemitteilung.
Das ist bereits ein Ansatz, der allen wissenschaftlichen Grundlagen widerspricht. Denn eine absolute Grundregel der Wissenschaft lautet, dass eine Korrelation keine Ursache wiedergibt.
Ebenso logisch wäre es anzunehmen, dass es regnet, weil man ins Freibad geht. Weil es mehrfach angefangen hat zu regnen, wenn man im Freibad war.
In diesem Fall wäre es denkbar, dass die Konsumenten von E-Zigaretten vorher jahrelang – oder besser jahrzehntelang – Tabak geraucht haben. Und dass die Infarkte Folgen des Tabakkonsums waren.
Das legen auch andere Studien nahe. Nur ein geringer einstelliger Prozentsatz der Dampfer hat zuvor nie geraucht. Und ein Zusammenhang ist medizinisch nicht nachgewiesen. Und wohl auch nicht zu erwarten. Weil beim Dampfen keine Verbrennungsprodukte entstehen, welche die Gefäße schädigen und zu Herzinfarkten führen.
Prof. Dr. Brad Rodu sah sich daher die Zahlen genauer an. Und seine Ergebnisse zeigen, dass es ab da sogar noch abenteuerlicher wird.
Herzinfarkt bevor es E-Zigaretten gab
Die Erhebung des Gesundheitsministeriums befragte Konsumenten, nicht deren Ärzte. Die Angaben beruhen also ausschließlich auf der Selbstauskunft.
Das kann durchaus Informationen liefern, ist jedoch als medizinischer Beweis eher dürftig.
Unter den „Variablen“ der 19 seitigen Studie geben Glantz und Bhatta das in einem kurzen Absatz sogar an.
Das Gesundheitsministerium stellte die Frage, ob „ein Arzt, eine Krankenschwester oder ein medizinisch Tätiger“ den Teilnehmern gesagt hätte, dass sie einen Herzinfarkt hatten.
Das ist deshalb entscheidend, weil viele Infarkte unentdeckt bleiben und nicht diagnostiziert werden. Wahrscheinlich genauso häufig ist es daher, dass gegenüber Patienten der Verdacht geäußert wird, dass ihre jeweiligen Symptome durch einen „kleinen“ Herzinfarkt bedingt sein könnten. (Schmerzen im Brustraum, Kurzatmigkeit, Bluthochdruck, etc.)
Vor allem nicht wissenschaftlich ausgebildete Menschen im medizinischen Bereich gehen mit solchen „Kurzdiagnosen“ häufig gedankenlos um.
Genau ein Prozent der Befragten gaben an, die E-Zigarette regelmäßig zu nutzen. Weitere 1,4% gaben an, sie „manchmal“ zu nutzen (oder genutzt zu haben).
Lediglich 38 von 45.971 Teilnehmern der Studie nutzten die E-Zigarette und hatten einen Herzinfarkt. Weniger als 0,001% der Teilnehmer.
Dafür war es nicht erforderlich, dass sie dafür im Krankenhaus waren oder behandelt wurden. Es war auch ausreichend, wenn eine Krankenschwester oder ein Physiotherapeut ihnen gesagt hatte, dass sie wohl einen Herzinfarkt hatten.
In seiner Analyse kam Prof. Dr. Rodu nun auch noch zu dem Ergebnis, dass die meisten der 38 Teilnehmer den Herzinfarkt hatten, bevor sie jemals eine E-Zigarette konsumiert hatten. Im Schnitt mehr als zehn Jahre.
Also auch zu einer Zeit, als es noch gar keine E-Zigaretten gab.
Würde man Autofahrer fragen, wie viele bereits einen Unfall hatten und wie viele jemals einen Erbeer-Joghurt gegessen haben, käme man so auf den Nachweis, dass Erdbeer-Joghurt die Gefahr von Autounfällen deutlich erhöht.
Zahlentricks zur Desinformation
Brad Rodu schrieb dazu „…ihre Analyse ist eine nicht zu vertretende Verletzung jeglichen annehmbaren Standards für die Forschung nach Ursachen und Zusammenhängen.“ Ungewohnt starke Worte im wissenschaftlichen Betrieb.
Mit unterzeichnet hatte das Schreiben auch Nantaporn Plurphanswat, eine Spezialistin für Gesundheitswirtschaft am James Graham Brown Krebs Zentrum.
Glantz bringt zwei Zahlen zusammen, die nicht das Geringste miteinander zu tun haben. Ausgewertet in einem 19 seitigen Analyse, die in einem Fachjournal der American Heart Association veröffentlicht wurde.
Anschließend gibt er dieses Zahlenspiele an die Medien, die eine Schlagzeige wie „E-Zigaretten verdoppeln Risiko auf Herzinfarkt“ natürlich dankend aufgreifen.
Dabei beweist die Erhebung des Gesundheitsministeriums nicht einmal, dass auch nur ein einziger der 45.971 Teilnehmer einen Herzinfarkt durch die E-Zigarette hatte.
Die Motivation hinter diesem Taschenspielertick ist offensichtlich. Auch wenn man die Vita von Glantz nicht kennt.
Interessanter wird es, wenn man betrachtet, wer diese Studie bezahlt hat.
Mit dabei ist das Tabak Zentrum der Regulierungsbehörde FDA. Jener Behörde, die aufgrund eines sehr ähnlichen Zahlenspiels eine „Epedemie“ von Dampfern unter Jugendlichen entdeckt zu haben glaubt und „eine Generation von Nikotin Abhängigen“ kommen ahnt.
Mit dabei ist auch die University of California San Francisco. Genau die öffentliche Einrichtung, die Millionen des Pharmariesen Johnson & Johnson einstreicht, dem Hersteller von Nicorette. Und Arbeitgeber von Glantz.
Es fällt schwer bei solchen Umtrieben nicht von einer gezielten Desinformation der Öffentlichkeit zu sprechen.
Die Protagonisten profitieren von den Zuwendungen der Pharmaindustrie. Doch die Motivation der Gesundheitsorganisationen und Pharmariesen wird in der breiten Öffentlichkeit wenig zu Kenntnis genommen.
In Deutschland kämpft das Aktionsbündnis Nichtraucher unter dem Deckmantel der Gesundheitsfürsorge für die Anerkennung der Rauchentwöhnung als Kassenleistung. Der Zusammenschluss von Arztverbänden will dies sogar gerichtlich durchsetzen. Der sich daraus ergebende Markt bietet Umsätze in dreistelligem Millionenbereich.
Doch wer erfolgreich auf die E-Zigarette umgestiegen ist benötigt keine Entwöhnung mehr. Diese Einnahmequellen sind dann versiegt.
Ganz ähnlich ist es auch in den USA.
Mit dem Rauchentwöhnungsmedikament Champix, das inzwischen auch in Europa zugelassen ist, verdiente Pfizer alleine 2017 in den USA über 271 Millionen. Mehr als doppelt so viel wie mit Viagra.
Das macht deutlich, welche Gewinne im weniger regulierten Markt der Pflaster, Kaugummis und Sprays zu machen sind. Geschweige denn, diese werden durch die Beiträge aller Versicherten über Krankenkassen bezahlt.
Dass dieser Vorgang es in den nächsten Tagen in die deutschsprachigen Medien schafft ist nicht zu erwarten.
Meldung in USA Today: https://eu.usatoday.com/story/news/health/2019/07/17/vaping-heart-attacks-false-claims-sexual-harassment-allegations/1676473001/
Studie im Original: https://www.vapers.guru/wp-content/uploads/2019/07/JAHA.119.012317.pdf
Chjef der FDA wechselt zu Pharma: https://www.vapers.guru/2019/07/15/regulierer-der-e-zigarette-wechselt-zu-pharmariesen/
Joey Hoffmann
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