- Präsidentin der Ärztekammer warnt vor E-Zigaretten
- Veröffentlichungen strotzen vor Falschaussagen und Unkenntnis der Sachlage
- Mitnahmeeffekt der Negativberichterstattung und Framing sind anzunehmen
Es war zu erwarten, dass nach den Horrormeldungen der vergangenen Tage auch die Gesundheitsindustrie auf den rollenden Propagandazug aufspringt.
In den USA war es zu verschiedenen Vorfällen gekommen, die begierig von den Medien aufgegriffen wurden.
Um den Bundesstaat Wisconsin waren einige Fälle von gesundheitlichen Problemen nach dem Gebrauch von E-Zigaretten gemeldet worden. Unabhängig davon, was überhaupt konsumiert wurde, wurde die E-Zigarette dafür verantwortlich gemacht.
Am Freitag hat es offenbar den ersten Toten gegeben.
Die sensationsheischende Berichterstattung in Deutschland steht jedoch im Gegensatz zur Berichterstattung in den USA selber. Anders als in den deutschsprachigen Medien wird nicht von einer „Lungenkrankheit“ gesprochen. Dort ist relativ klar, dass die Geschädigten eben keine handelsübliche E-Zigarette genutzt hatten. Einige der zumeist jungen Menschen haben längst eingeräumt, dass sie Tetrahydrocannabinol (THC) konsumiert hatten.
THC ist der psychoaktive Wirkstoff in Cannabis.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelte es sich in diesen Fällen jedoch nicht um Flüssigkeiten, die aus den Bestandteilen des Hanfs gewonnen wurden. Sondern um synthetischen Cannabis. Der ist unter Bezeichnungen wie K2 oder Spice seit mindestens 2015 auch in Deutschland auf dem illegalen Markt.
Es kommt immer wieder zu Berichten von schweren Gesundheitsproblemen durch synthetischen Cannabis. Er wir in Laboren hergestellt, mit ihm soll die Wirkung von Marihuana oder Haschisch imitiert werden.
In Deutschland hatte die Berliner Polizei bereits 2017 vor der Droge gewarnt. Im vergangenen Jahr wurden alleine im Bundesstaat Wisconsin von 56 Fällen berichtet, die nach dem Konsum von synthetischem Cannabis zum Teil sogar aus den Augen geblutet hatten. Die sichergestellten Proben enthielten Brodifacoum, ein Rattengift.
Dabei ist Spice nicht ausdrücklich für E-Zigaretten erdacht. Die Flüssigkeit wird häufig auf Kräuter aufgebracht, um natürliches Cannabis nachzuahmen. Doch da es flüssig ist, lag es nahe, es auch durch E-Zigaretten zu konsumieren.
Pressemitteilung der Präsidentin Wenker
Offensichtlich ist die Gesundheitsindustrie nun bemüht, die Panikwelle zur E-Zigarette zu nutzen und auszuschlachten. Bevor es weitläufig bekannt wird, dass es sich dabei den Vorgängen in den USA weder um ein neues Phänomen handelt, noch tatsächlich die E-Zigarette daran schuld ist.
Am vergangenen Sonntag erschien eine dpa Meldung, in der die stellvertretende Präsidentin der Bundesärztekammer sich eilig zu dem Thema meldete. In der auch, eigentlich zusammenhangslos, die Meldungen aus den USA wiedergegeben werden.
Dr. Martina Wenker ist sowohl Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen als auch Vizepräsidentin der Bundesärztekammer.
Während Wenker auf der Homepage der Ärztekammer Niedersachsen lediglich ein Werbeverbot fordert, warnt sie gemäß der Süddeutschen gleich vor E-Zigaretten im Allgemeinen.
Wie so häufig ist der Artikel so verfasst, dass der Leser nicht mehr eindeutig erkennen kann, welche Aussagen tatsächlich von Wenker stammen, welche aus der dpa Meldung sind und welche der ungenannte Redakteur sich schlicht ausgedacht hat.
In jedem Fall weisen beide Veröffentlichungen unabhängig voneinander geradezu hanebüchenen Unsinn auf. Und schlichte Falschaussagen.
Hanebüchener Unsinn und Falschaussagen
In den Veröffentlichungen wird Wenker wörtlich zitiert. „Die Aerosole aus den Tausenden erhältlichen Liquiden können schädliche Substanzen enthalten, deren toxikologische Werte im Falle einer Inhalation niemand kennt.“
Diese Formulierung ist streng genommen nicht falsch. Denn sie formuliert ja im Konjunktiv, die Liquids „können“ Substanzen enthalten. Doch sie geht an den Realitäten vorbei.
Liquids enthalten die Grundstoffe Propylenglykol und Glycerin, die gut erforscht sind. Sie sind nicht nur die Basis für Theater- und Disconebel, sondern auch für Nikotinsprays. Sie wurden auch lange für Asthma Sprays verwendet.
Die Aromen sind Lebensmittelaromen. Es geht also nur um den geringen Anteil der Geschmäcker, die inhaliert anstatt gegessen werden. Bisher ist keine Schädlichkeit nachgewiesen. Die Substanzen, bei denen bei denen eine Schädlichkeit nachgewiesen ist, sind längst untersagt. Dazu gibt es eine lange Liste in der Tabakerzeugnisverordnung.
Wenker tut hier so, als wenn Hersteller alles nach Lust und Laune zusammenschütten dürften.
Das ist nicht so.
Die nächste Aussage macht deutlich, wie intensiv Frau Dr. Wenker sich mit der Materie auseinandergesetzt hat.
Es sei unsicher, ob „nicht auch das Nikotin aus E-Zigaretten zu krebserregenden Mutationen führe, denn aufgrund der kurzen Zeit gebe es noch keine aussagekräftigen Langzeitstudien.“
Das wirft sofort die Frage auf, warum Frau Wenker zu glauben scheint, Nikotin aus E-Zigaretten und Tabakzigaretten mache Krebs, Nikotin aus Sprays und Kaugummis aber nicht.
Nikotin ist Nikotin ist Nikotin. Nikotin ist eine Substanz, eine chemische Formel (C10H14N2). Nikotin ist nicht einmal krebserregend und einmal nicht.
Und es ist offiziell und durch Behörden wie der europäischen Chemie-Behörde ECHA auch so eingestuft. Nikotin macht keinen Krebs. Das ist bekannt, erforscht und indiskutabel.
Was überhaupt „aussagekräftige Langzeitstudien“ sind, ist nirgendwo definiert. Dieses Argument könnten Gegner der E-Zigarette, Verleugner der Harm Reduction und Krebsbefürworter auch in 30 Jahren noch anbringen.
Wenn aber eine längst veröffentlichte Studie wie von Dr. Polosa auch nach vier Jahren noch nicht einmal entzündliche Vorgänge oder Blutdruckerhöhungen in den Körpern der Probanden nachweisen kann, dann ist das schon ein sehr starker Hinweis.
Medien setzen noch einen drauf
Wie das dann durch die Medien ausgeschmückt wird, kann man an der dpa Meldung der Süddeutschen ermessen.
Nicht nur, dass Wenker dort direkt vor jedem Gebrauch von E-Zigaretten warnt. Was sie auf der Seite der Ärztekammer nicht tut. Dort wird sie auch wörtlich zitiert. Jugendlichen würde weisgemacht, die E-Zigarette sei weniger schädlich.
Doch genau das ist sie nun einmal. Kaum ein Forscher würde das heute noch bestreiten.
Warum das aber ausschließlich Jugendlichen „weisgemacht“ wird, bleibt ihr Geheimnis. Eigentlich richtet sich das Argument doch eher an Raucher.
Weiter vermeldet die Süddeutsche, es gäbe ja noch Plakatwerbung und Internetwerbung auf Social Media.
Was eine schlichte Falschaussage ist, denn die Werbung für E-Zigaretten und nikotinhaltige Produkte ist im Internet durch die TPD seit über drei Jahren verboten.
Und selbst der private Handel oder Reviews sind auf Social Media von den Plattformen stark eingeschränkt.
Das Sahnehäubchen ist jedoch die Behauptung, Inhaltsstoffe würden nicht ausgewiesen.
Das ist eine glatte Lüge, man kann es nicht anders bezeichnen.
Doch wie bereits erwähnt, ist aufgrund der Formulierung nicht ersichtlich, ob diese Aussage nun von Wenker, der dpa oder der Süddeutschen stammt.
Die Herstellung der Liquids unterliegt unter anderem der CLP Verordnung. Das steht für „Classification, Labelling and Packaging“, also die Klassifizierung, Beschriftung und Verpackung von chemischen Produkten. Diese europaweit gültige Verordnung (Nr. 1272/2008) ist seit 2009 in Kraft.
Hinzu kommt, dass sogar Allergene und Reizstoffe ausgewiesen werden müssen.
Darüber hinaus gibt es die Bestimmungen durch die TPD, die Tabakproduktrichtlinie, die in Deutschland durch das Tabakerzeugnisgesetz und die Tabakerzeugnisverordnung umgesetzt sind.
Hersteller müssen sogar Rücksteller haben. Also Proben von jedem Batch, die bis zum Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums aufgehoben werden müssen.
Keine gesundheitliche Gefahr, sondern eine wirtschaftliche
Solche Pressemitteilungen entstehen nicht zufällig. Sie haben einen Sinn.
Der Sinn dieser Pressemitteilung ist sehr offensichtlich, wenn man sich etwas mit der Materie auseinandersetzt. Es geht schlicht um Framing.
Es geht nicht um eine tatsächliche Warnung vor der E-Zigarette. Denn dazu gibt es keinen Anlass, erst recht keinen aktuellen.
Mehr noch. Eigentlich sollte man von der Vize-Präsidentin der Bundesärztekammer erwarten, dass sie vor dem Konsum von synthetischem Cannabis warnt. Tut sie aber nicht.
Das ist, als würde das Gesundheitsministerium nach einer Welle von Herointoten in den USA anschließend in Deutschland vor Spritzen warnen.
Es geht auch nicht um das Werbeverbot. Denn auch dazu gibt es derzeit keinen Anlass, das Werbeverbot steht derzeit nicht akut auf der Agenda in Berlin.
Zumal es eh nur um die Außen- und Kinowerbung ginge. Alles andere ist bereits verboten.
Es geht einzig und allein darum, die E-Zigarette zu diskreditieren.
Was bietet sich da besser an, als die Meldungen aus den USA zu instrumentalisieren?
Das war zu erwarten. Andere Sprecher der Interessenverbände werden sich noch anschließen.
Denn die Bundesärztekammer ist Mitglied im Aktionsbündnis Nichtrauchen. Das seit längerem versucht die Rauchentwöhnung zur Kassenleistung zu machen. Es geht schlicht um Geld.
Doch da die Medien solche Hintergründe nicht hinterfragen, werden solche Pressemitteilung gerne ungeprüft verbreitet. Die Redakteure machen sich zu willigen Erfüllungsgehilfen. Und damit mitverantwortlich, wenn weiterhin Raucher wegen der falschen Information an Krebs und Herzinfarkt sterben.
Wenn eine solche Meldung jedoch so viel Unwahrheiten und realitätsferne Behauptungen beinhaltet, zeigt das lediglich, dass offenbar in aller Eile der Hype aus den USA mitgenommen werden sollte.
Meldung der Ärztekammer: https://www.aekn.de/news/presseinformationen/detailansicht/datum/2019/08/26/aerztekammer-praesidentin-dr-med-martina-wenker-fordert-ein-werbeverbot-fuer-e-zigaretten-in-deuts/
Themenschwerpunkt – Profiteure der Angst: https://www.vapers.guru/2019/05/07/profiteure-der-angst-1/
Joey Hoffmann
Neueste Artikel von Joey Hoffmann (alle ansehen)
- Razzia: 11 von 15 Verkaufsstellen mit illegaler Ware - 23. Februar 2023
- Aromenverbot: Politiker schmeißen alles durcheinander - 16. Februar 2023
- VAPERS.GURU vor dem Aus? - 8. Februar 2023