Die Verschärfung des Werbeverbotes wurde im Dezember
beschlossen.
Da wir in der Realpolitik der großen Koalition Merkel IV leben, bedeutet das, sie
muss nur an den Verhandlungstischen beschlossen werden. Denn da die Koalition
die Mehrheit im Bundestag hat, wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch das
nachher umgesetzt, was dort zuvor beschlossen wurde.
Die Abstimmung im Bundestag ist daher nur noch pro forma.
Das ist nicht schön, aber so funktioniert Demokratie nun einmal.
Ende Februar sendete das mit der Umsetzung beauftragte Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft eine so genannte Konsultation aus. Namentlich die Leiterin des Referats 223 Produktsicherheit Dr. Jutta Schaub.
In dieser Konsultation werden die Interessensvertreter
gefragt, welche Kosten mit der Umsetzung des Gesetzentwurfes verbunden wären.
Sowohl direkte wie auch indirekte Kosten.
Explizit wird danach gefragt, welche Umsatzeinbußen durch die Verschärfung der
Werbeverbote entstehen würde.
Darauf hat der Konsumentenverband IG-ED geantwortet. Und seine Antwort öffentlich gemacht. (Link unten)
Eigenen Artikel zurückgezogen
Als ich diese Antwort gelesen habe, auf die mich Simon Bauer von Vape Scene Investigation aufmerksam gemacht hatte, habe ich mich sehr aufgeregt.
Und da ich einen arbeitsreichen Sonntag hinter mir und mir gerade einen Longdrink aufgemacht und die Füße hochgelegt hatte, habe ich einen so genannten Rant dazu verfasst. Ich habe abgemotzt; subjektiv, rheinisch cholerisch und mit der Wucht meines umfangreichen Repertoires an Beschimpfungen. Viele Leser mögen das.
Ich habe diesen Beitrag inzwischen wieder offline genommen.
Nicht weil ich nicht dazu stehe, er angeblich „besoffen“ geschrieben war oder
ich niemandem vor den Kopf stoßen will.
Sondern weil ich an den Reaktionen gemerkt habe, dass die tatsächliche Kritik
durch die Form völlig unterging.
Offenbar nehmen viele Leute mich viel ernster als ich mich selber. Eine Lehre, die ich längst hätte verinnerlichen sollen. Und so ist ein solcher Rant lediglich dazu geeignet, die Diskussion zu verzerren.
Ich halte die Antwort der IG-ED an das Ministerium für grob fahrlässig. Und sie ist meiner Meinung nach nicht nur schädlich für das Ansehen aller Konsumenten. Sondern das schlimmste, was dieser Verein jemals getan hat.
Aber bevor die Diskussion erneut in Nebenkriegsschauplätzen versinkt, werde ich einmal sehr nüchtern erklären, was meiner Meinung nach daran so falsch ist.
Grundlagen der Kommunikation
Kommunikation ist jede Übertragung von Informationen. Und weil der Mensch ein komplexes Lebewesen ist, ist die Kommunikation sehr komplex. Deshalb bemühe ich ein Bild, so wie man das pädagogisch sinnvoll tun sollte.
Stellen wir uns einmal vor, ein Mann läuft über die Straße, ist sehr in Eile und hat keine Uhr. Also fragt er einen Passanten danach, wieviel Uhr es ist. Und der fängt an, ihm etwas über das Wetter zu erzählen.
Da ist im Kommunikationsaufbau etwas gehörig schiefgelaufen. Denn der Sender erwartet etwas vollkommen anderes als das, was der Empfänger ihm nun zurücksendet.
Er ist mit einer vollkommen anderen Motivation in die Kommunikation gegangen. Denn er wollte keinen Informationsaustausch auf der persönlichen Ebene. Er wollte auch nichts über das Wetter wissen. Er wollte nur in seiner Eile schnellstmöglich die Information der Uhrzeit.
Das führt bei ihm zu Frustration. Zwei Reaktionen sind denkbar.
Entweder, er hält den Passanten im besten Falle für bekloppt. Oder er ist so
frustriert, dass er sich verarscht fühlt und sogar aggressiv wird.
Das kann jeder an sich selber beobachten, wenn eine Kommunikation daneben geht.
Weil Sender und Empfänger eine unterschiedliche Motivation haben, zu
kommunizieren. Viele Streitereien in Beziehungen sind genau darauf
zurückzuführen, weil Männer und Frauen grundsätzlich anders und aus anderen
Gründen kommunizieren.
Genau das ist meiner Ansicht nach bei der Antwort der IG-ED passiert.
Werbeverbot
Zunächst weist das Anschreiben einige Formfehler und unschöne Unprofessionalitäten auf. Auf die ich aber nicht eingehen werde, um nicht wieder Nebenkriegsschauplätze aufzumachen.
Im ersten Abschnitt kommen einleitende Worte, was man
durchaus so machen kann.
Dann nimmt die IG-ED Stellung zum Werbeverbot. Und das ist bereits etwas neben
der Spur.
Natürlich kann ein Konsumentenverband sich dazu äußern. Aber doch nicht in einer
Antwort auf die Frage, was die Gesetzesänderung kosten würde.
Hinzu kommt, dass die IG-ED kritisiert, das Werbeverbot würde die Information für den Verbraucher „unverhältnismäßig“ einschränken.
Das Argument ist schon grenzwertig. Denn es wird auch weiterhin nicht verboten zu sein damit zu werben, dass E-Zigaretten weniger schädlich als Zigaretten sind.
Was eingeschränkt wird sind die Möglichkeiten von Herstellern für ihre Produkte zu werben, vor allem in Außen- und Kinowerbung. Weiterhin erlaubt bleiben beispielsweise auch redaktionelle Besprechungen von Produkten. Warum also das Recht der Konsumenten auf Information eingeschränkt wird, ist mindestens diskussionswürdig.
Dass Händlerverbände so argumentieren ist zu erwarten; aber ein Konsumentenverband?
Es folgen über zwei Seiten Aussagen, die man als belehrend bewerten kann. Inklusive konkreter Verweise auf die Tagesschau, die Erläuterung einer Studie und Zitate sowie Links.
Wie anders sollte man das bewerten als belehrend? Abgesehen davon, dass die Fachleute, die dort sitzen, sicher einen sehr kurzen Draht zum Bundesinstitut für Risikobewertung oder dem Deutschen Krebsforschungszentrum haben.
Hier wird auf zwei Seiten ausgebreitet, wonach das Bundesministerium überhaupt nicht gefragt hat. Zumal die Verschärfung längst beschlossen ist.
95% wissenschaftlich umstritten
In dem Abschnitt findet sich auch die Aussage, die mich überhaupt erst so aufgeregt hat.
Die staatliche Gesundheitsfürsorge Public Health England hatte 2015 das Risiko des Dampfens auf 95% geringer gegenüber dem Rauchen geschätzt. Im Jahr 2018 bezeichnete sie das Krebsrisiko als 99,5% geringer.
Die IG-ED sagt in Ihrer Antwort an das Ministerium nun, diese Angaben „mögen zwar wissenschaftlich umstritten sein“.
Da bin auch ich erst einmal fassungslos.
Nach meinem Kenntnisstand wurden diese Angaben nie bestritten. Erst recht nicht
wissenschaftlich.
Um das zu verstehen, benötigt man allerdings auch ein Maß an
wissenschaftlichem Verständnis.
Denn die Aussage ist nicht „wissenschaftlich“. Es ist eine Schätzung aufgrund
von wissenschaftlichen Studien.
So etwas kann man gar nicht wissenschaftlich widerlegen, ebenso wenig wie man
es beweisen kann.
Anstatt diese Schätzung, immerhin von einer staatlichen Gesundheitsbehörde
und vertreten durch einen europäischen Staat, hinzunehmen und zu verwenden,
liefert die IG-ED hier eine Steilvorlage.
Eine solche Aussage reicht bereits, dass beispielsweise ein ANBR nun hingehen
und argumentieren kann, die 95% würden sogar vom deutschen Konsumentenverband
angezweifelt.
Das ist kontraproduktiv und im höchsten Maße ungeschickt. Und das ist sehr zurückhaltend formuliert.
Jugendschutz
Im Weiteren geht die IG-ED dann auf den Jugendschutz ein.
Ein Thema, das vor allem ein Konsumentenverband möglichst unangetastet lassen
sollte. Denn das Minenfeld bietet eine Fülle von Möglichkeiten, sich um Kopf
und Kragen zu reden.
Doch nicht nur, dass die IG-ED dieses Thema überhaupt aufgreift. Sie versteigt sich sogar in Vorschläge zu Gesetzesänderungen. Dass nämlich Jugendlichen durch einen Arzt der Tabak Abusus bestätigt werden könnte, und diese dann E-Zigaretten erhalten dürfen sollten.
Nochmal: Ein kleiner Konsumentenverband schlägt in einer Konsultation eines Ministeriums eine Aufweichung des Jugendschutzes vor.
Abgesehen vom falschen Ort, falschen Ansprechpartner, falsche Form und realitätsferner Forderung; man muss erst einmal ein entsprechendes Selbstbild haben, um so etwas überhaupt zur Sprache zu bringen.
Erfüllungskosten
Die Antwort auf die eigentliche Frage, nämlich nach den Kosten, erstreckt sich dann auf etwa eine halbe der insgesamt sieben Seite.
Zu Recht wir hier angebracht, dass die Gleichstellung von nikotinhaltigen und nikotinfreien Flüssigkeiten einen höheren Aufwand bezüglich Emissionstests etc. ergeben würde. Doch dafür reichen der IG-ED wenige Sätze.
Genau das, was tatsächlich die Konsumenten betreffen würde, bleibt annähernd unbeantwortet. Denn wenn mittelständige Unternehmen plötzlich für alle Produkte Tests und Registrierungen vornehmen müssten, könnte dies nicht nur zu einem Anstieg des Endpreises führen. Sondern auch dazu, dass kleine Unternehmen den Aufwand nicht mehr stemmen können. Es würde also bestenfalls eine Marktverschiebung stattfinden, schlimmstenfalls eine Einschränkung der Produktvielfalt.
Geschweige denn, dass klare Zahlen genannt werden.
Dabei wäre das recht einfach gewesen: Man fragt bei einigen Herstellern nach
den Kosten für ein Produkt, schaut wie viele am Markt sind, und der Rest ist
einfaches Rechnen.
Es fällt an der Stelle schwer, der IG-ED keinen
Kompetenzmangel zu unterstellen. Es bestärkt meine Wahrnehmung, dass
Branchenteilnehmer gar nicht mit der IG-ED kommunizieren.
Sicher, es gibt wohl vereinzelte Kontakte. Aber die ablehnende Haltung des
Konsumentenverbandes gegenüber Gesetzgeber, Behörden, Organisationen und gegenüber
allem, was nach Kommerz und Markt aussieht, hat dazu geführt, dass er sich
isoliert hat.
Auf den letzten zwei Seiten lässt die IG-ED sich noch über die angebliche Epidemie in den USA und die anstehende Revision der Tabakproduktrichtlinie TPD aus.
Es fällt schwer, das zu lesen. War vorher bereits ein belehrender Tonfall zu vernehmen, wird er hier überdeutlich.
Die Frage nach der Uhrzeit
Ich habe keine Kompetenz eine Diagnose zu erstellen. Aber
natürlich interpretiere ich.
Bleiben wir bei dem Bild des Passanten, der nach der Urzeit gefragt wurde.
Da sitzt jemand die ganze Zeit alleine zu Hause rum und hat nur
ein Hobby: Meteorologie. Aber er hat niemanden, mit dem er sich austauschen
kann.
Er macht sich auch große Sorgen über das Wetter. Und so sucht er händeringend
nach jemandem, mit dem er darüber sprechen kann.
Er will seine Sorgen teilen. Und er will sein Fachwissen anbringen.
Und so geht er raus und sucht jemanden, mit dem er darüber sprechen kann. Aber er hat so lange alleine zu Hause gesessen, dass er gar nicht weiß, wie man ein Gespräch anfängt. Er kann nicht so kommunizieren, wie andere Menschen das tun.
Dann plötzlich spricht ihn jemand an. Er fragt ihn nach der
Uhrzeit.
Doch weil er aber einen solchen Druck empfindet und nun glaubt endlich jemanden
gefunden zu haben, sprudelt es aus ihm heraus. Die Frage nach der Uhrzeit hört
er gar nicht.
Und er versteht gar nicht, dass der andere sich fluchend umdreht und weggeht. Er
versteht auch nicht, warum vorbeigehende Passanten den Kopf schütteln oder ihn
anstarren.
Zum Schaden für alle
Das macht traurig.
Ich meine das total ernst. Die IG-ED tut mir total leid.
So wie ich das sehe, ist das eine Handvoll Menschen, die es eigentlich ja gut meinen. Prinzipiell haben sie ja ein halbwegs vernünftiges Ziel, wenn auch durchsetzt von einigen etwas spinnerten Vorstellungen.
Aber die IG-ED hat keine Kompetenz das zu erreichen, was sie eigentlich will. Weil ihr das grundsätzliche Handwerkszeug fehlt.
Daher überwinde ich mein Mitgefühl schnell. Weil sie in meinen Augen allen anderen schadet.
Selbst das könnte man noch abtun. Sie wollen ja nichts Böses.
Aber seit mindestens 2014 wird die Kritik an der IG-ED immer lauter. Und die Mitglieder laufen weg.
Da werden Dampfergeschichten gesammelt, für verhältnismäßig viel Geld als Buch gedruckt und an Politiker geschickt. Eine Maßnahme, die von vorn herein zum Scheitern verurteilt ist. Auf so vielen Ebenen.
Dann erklärt die IG-ED öffentlich, gegen die TPD klagen zu wollen. Begleitet von einer Kampagne, an der sich auch andere YouTuber beteiligen. Intern kommt aber heraus, dass der Vorstand zu dem Zeitpunkt nicht einmal einen Anwalt konsultiert hatte.
Dann ruft die IG-ED implizit und explizit zu einer Mailaktion wegen einer Äußerung des DKFZ auf. Daraufhin wird die Facebook Seite gebombt, die Bewertungen sacken ab und die Seite wird vom Netz genommen. Bis mal jemand (ich) darauf aufmerksam macht, dass das nicht die Seite des DKFZ ist, geschweige denn der zuständigen Stelle. Sondern die DKFZ Seite für die Betreuung von Krebskranken und ihren Angehörigen. Die gezielt von Dampfern kaputt gemacht wurde.
Und zu guter Letzt geht der Kassenwart mit dem Vereinsvermögen stiften. Wobei dann auffällt, dass er bereits seit Jahren Geld unterschlagen hat und Jahresbeiträge nicht eingezogen wurden. Was aber bei einem Verein, der sich lediglich virtuell zusammenfindet, keiner gemerkt zu haben scheint.
Zu ernst für einen Rant
Und nun geht der Verein hin und antwortet offiziell auf eine
Konsultation eines Ministeriums. Und vertritt dabei die Stimme aller Dampfer.
Und einige kommentieren das auch noch mit „Super“ und „Selten
soviel Hand und Fuss auf einem Haufen gelesen!“.
Meine Kritiker hatten recht.
Die Sache ist viel zu ernst, als dass ich mir den Spaß eines Rants machen
sollte. Und dadurch dann völlig unwichtige Debatten über Umgangsformen
aufmache.
Ich möchte nicht, dass ein solcher Verein in meinem Namen spricht. Und ich möchte nicht, dass er die Interessen der Dampfer gegenüber den wenigen vertritt, die überhaupt noch mit ihm sprechen. Denn am Ende des Tages geht es nicht um das persönliche Glück der Dampfer, sondern um die Leben von Rauchern.
Da ist auch kein Platz mehr für Mitleid. So etwas macht sauer.
Nicht, weil der Verein offensichtlich nicht weiß wie es geht. Nicht weil er seine Chance gesehen hat gehört zu werden und es an falschem Ort und in falscher Form aus ihm heraussprudelt. Nicht einmal, weil er so ungeschickt ist, Steilvorlagen zu liefern.
Sondern weil er es seit Jahren entgegen aller Ratschläge und Kritik unterlässt, es anders zu machen. Sich aber trotzdem noch auch in meinem Namen äußert.
Stellungnahme IG-ED (Guru Server): https://www.vapers.guru/wp-content/uploads/2020/03/StellungnahmeIGED.pdf
Joey Hoffmann
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