Es dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben, dass die Brüder Karl und Theo Albrecht Aldi gegründet haben und sich der Name von „Albrecht-Diskont“ ableitet. Auch dass Adidas vom Namen seines Gründers Adolf „Adi“ Dassler herrührt, ist mäßig spannend. Interessanter ist schon, dass sein Bruder Rudolf Dassler dann die Marke Puma begründete.
Spannender ist die Geschichte der Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler, die heute noch als eine Art Franchise unter dem Akronym Edeka existiert.
Aber kaum einer, der sich morgens Nutella aufs Brötchen schmiert, weiß, dass die Creme von dem italienischen Konditor Pietro Ferrero erfunden wurde. Und deshalb aus dem englischen Wort für Nuss „nut“ und der italienischen Verniedlichung „-ella“ gebildet wurde.
Ja, wir alle essen hin und wieder Nüsschen-Brötchen.
Die geistigen Väter von Firmen- und Produktnamen lassen sich häufig viel einfallen. Was ebenso häufig in Vergessenheit gerät oder gar nicht erkannt wird.
Der Sportschuh Nike wird im Gegensatz zu seiner deutschen Aussprache nicht nur im Englischen „Neikie“ genannt. Sondern er leitet seinen Namen eigentlich von der griechischen Göttin des Sieges ab. Der praktischerweise genauso heißt. Also korrekterweise so ausgesprochen werden müsste, wie er geschrieben wird.
Diese bedeutungsschwangere Namensgebung findet inzwischen natürlich auch bei E-Zigaretten statt. Und es ist spannend zu sehen, dass oftmals chinesische Hersteller sehr bewusst Namen aus der europäischen Historie verwenden.
Aegis von Geek Vape
Das „ae“ wird im alten Griechisch korrekterweise „ai“ gesprochen. Und die römische Elite sprach üblicherweise kein Latein, sondern Griechisch. Was aus dem bekannten Caesar (C am Anfang immer K; fälschlich gesprochen „Zäsar“) dann schnell Kaisar macht. Und erklärt, warum das eigentlich kein Titel ist und alle römischen Kaiser den Beinamen Caesar führten. Denn die Kaiser waren gar keine Kaiser, sondern Imperatoren. Erst bei Karl dem Großen wurde dann 800 nach Christi ein Titel daraus.
Das ist dann amüsant, wenn man sich anschaut, welche merkwürdigen Verformungen Reviewer dabei produziert haben, um den Namen des Akkuträgers Aegis von Geek Vape möglichst englisch auszusprechen.
Die Ägis, oder ganz korrekt Aigis, war ein goldenes Ziegenfell, mit dem die griechischen Götter durch Schütteln Gewitter erzeugen konnten. Der Gott des Feuers und der Schmiedekunst Hephaistos fertigte daraus dann ein Schild für Athene. Was naheliegend war, denn zu der Zeit waren griechische Schilde häufig nur mit Leder bespannte Holzgeflechte.
Dieser Schild konnte nicht einmal durch Zeus Blitze zerstört werden und wurde von verschiedenen Göttern unter anderem auch im trojanischen Krieg benutzt.
Aus dem Namen leitet sich noch heute die Formulierung ab, unter jemandes Ägide (Schutz) zu stehen.
Aromamizer Ragnar RDTA Advanced von Steamcrave
Es ist vor allem bei Spielen gerade Mode, ein Branding herauszubringen und nachfolgenden Teilen dann – anstatt sie einfach nur „Teil 2“ zu nennen – einen eigenen Titel zu geben.
Diese überbordende Kreativität gepaart mit einem Schuss Einfallslosigkeit ergibt dann häufig ellenlange Namensungetüme. Was auch bei E-Zigaretten Einzug hält.
Der Aromamizer von Steamcrave („Dampfbegehren“) ist da nur ein Beispiel.
Zunächst ist die Wortschöpfung Aromamizer aus „Aroma“ und „Atomizer“ recht pfiffig. Sie ließe sich höchstens mit so etwas wie „Aroma-Zerstäuber“ übersetzen.
Offenbar haben die chinesischen Hersteller aber erkannt, dass derzeit in Europa und den USA fast jeden Unfug wie geschnitten Brot geht, wenn man „Wikinger“ draufschreibt. Von geschichtsrevisionistischen Serien bis zu Computerspielen.
Also hat man einen der Nachfolger dann einfach „Ragnar“ genannt. Das erinnert stark an Ragnar Lodbrok, den legendären dänischen König und Vater der Ragnarsson Brüder, die an der Eroberung Englands teilgenommen haben. Er ist auch Hauptfigur der derzeit populären Serie Vikings.
Angelsaxen und dänische Wikinger waren aber soziokulturell vereinfacht Norddeutsche, die größte Wikinger-Siedlung war Haithabu beim heutigen Schleswig. Daher kann man den Namen bis zum Althochdeutschen zurückverfolgen: Ragin für den Rat und heri für Heer, also ein Heeresberater… Ragnar heißt im Deutschen schlicht Rainer.
Dem wurde dann noch die Gattungsbezeichnung RDTA angefügt, was Rebuildeable Dripper and Tank Atomizer heißt. Und den gibt es jetzt auch in der Ausführung „Advanced“.
Übersetzt heißt das Ding also „Fortgeschrittener Aroma-Zerstäuber Rainer, Wiederherstellbarer Tröpfler und Tank Zerstäuber“.
Brunhilde von Vapefly
Im Jahr 2018 fanden sich 103 Enthusiasten unter der Leitung des Reviewers Martin „Dampfwolke“ Hartkopf zusammen, um mit dem Startup Vapefly aus Shenzhen einen Verdampfer zu entwickeln.
Als es an die Namensfindung ging, kam man überein, dass es etwas typisch Deutsches sein sollte. Da er ja von den „German 103“ gestaltet wurde. Und weil sich „Warentrenner“, „Kippfenster“ und „Reihenendhaushälfte“ wohl wenig eigneten, kam man auf das deutsche Nationalepos: Die Nibelungen.
Diese Idee wurde bei weiteren Projekten beibehalten: Siegfried und Kriemhild.
Der erste Name ist jedoch etwas unglücklich gewählt, wenn man das einmal genauer betrachtet.
Dazu sollte man sich zunächst vergegenwärtigen, dass wir einem Anachronismus unterliegen, wenn wir an die Nibelungen, Beowulf oder die Artus Erzählungen denken. Unser Bild ist geprägt von Rittern in glänzenden Rüstungen. Denn die Erzählungen wurden meist im Hochmittelalter niedergeschrieben. Tatsächlich fußen diese Erzählungen aber alle in der Spätantike.
Und so taucht die Figur der Brunhilde auch in der Thidrekssaga, der Völsungasaga, der Snorraedda und anderen Erzählungen auf.
In den Nibelungen sind deutliche Bezüge zu historischen Momenten gegeben. Und die fanden alle in der Völkerwanderungszeit statt. Attila, die historische Person hinter der Figur Etzel, lebte im 5. Jahrhundert. Siegfried dürfte also weniger wie ein Ritter ausgesehen haben, als eher wie ein spätrömischer Soldat. Keine glänzenden Stiefel, sondern Ledersandalen.
Und Brunhilde hieß auch nicht Brunhilde, sondern Brünnhild oder Brynnhild. (brunni = Brustschutz, hiltja = Kampf)
Das wäre soweit ja alles nicht schlimm. Wenn nicht auch das Bild der emanzipierten, unbezwingbaren Kämpferin im Nibelungenlid einen argen Knacks bekommen würde.
Denn Brünnhild, die Königin von Island, ist nur so lange unbezwingbar und mit magischer Stärke ausgestattet, so lange sie ihre Jungfräulichkeit bewahrt. Also hilft Siegfried unter seinem Tarnumhang (Gruß an Harry Potter) bei einem Wettstreit seinem Homie Gunther dabei, Brünnhild im Zweikampf zu besiegen. Woraufhin sie ihn heiraten muss.
Das Debakel wiederholt sich in der Hochzeitsnacht, als Brünnhild Gunther einfach am Kleiderhaken aufhängt, als er kuscheln will. Und ihn da bis zum Morgen hängen lässt. In der Nächsten Nacht hilft Siegfried unterm Tarnumhang dabei, dass Gunther seine Braut zureiten kann. Woraufhin sie ihre Kraft und ihr Königreich verliert.
Mittelalterliche Epen hielten sich nicht an die für uns selbstverständlich gewordenen moralbereinigten Handlungsabläufe von Hollywoodfilmen. Grimms Märchen übrigens auch nicht. Und was wir heute als Nibelungen im Fernsehen sehen, ist eine mehrfach weichgespülte Version dessen, was Richard Wagner nach der Wiederentdeckung im 19. Jahrhundert patriotismusbesoffen daraus gemacht hat.
Tatsächlich ist Brünnhild von den strahlenden Helden betrogen und vergewaltigt worden.
Im Mittelalter verstand das jeder als Formel dafür, dass die Frau dem Manne untertan zu sein hat und ihr Wille zur Not mit Gewalt gebrochen wird.
Alle großen Figuren des Nibelungenliedes haben nach unseren heutigen moralischen Vorstellungen harte Brüche in ihrer Vita. Der deutsche Nationalheld Siegfried ist ein ungehobelter, eingebildeter Großkotz, der einäugige Hagen ein feiger Mörder der 1945 im Führerbunker richtig aufgehoben gewesen wäre und Kriemhild lässt aus Rache ein ganzes Volk niedermetzeln.
Aber sich für einen Verdampfer ausgerechnet den Namen eines gedemütigten Opfers von häuslicher Gewalt auszusuchen, ist vielleicht doch etwas ungeschickt.
Caliburn von Uwell
Auch die Arthus Erzählungen wurden im Hochmittelalter zum ersten Mal niedergeschrieben (Geoffrey of Monmouth, 1135). Und wie das Nibelungenlied fußen sie auf viel älteren Überlieferungen.
Versetzen wir uns dazu kurz in das England des 5. Jahrhunderts. Das römische Militär wird abgezogen, um die Rheingrenze gegen einfallende Germanen zu sichern. Zurück bleiben romanisierte Briten, Stadthalter und Großgrundbesitzer. Das geeinte Land zerfällt in kleine Fürstentümer, die ständig von Kelten aus dem heutigen Schottland und Irland bedrängt werden.
Als Notwehr holten die Briten Söldner aus Norddeutschland: Angeln, Sachsen, Friesen und Jüten. Doch die fangen schnell an, selber die Führungsrolle zu übernehmen und sich häuslich einzurichten.
Wenn Arthus einen historischen Kern hat, dann war das vermutlich ein romanisierter Warlord in Wales, der sich gegen diese Eindringlinge zur Wehr setzte.
Solche lokalen Führer hatten natürlich die besten Waffen. Und seit einiger Zeit wurde der römische Gladius von der Spatha, einem geraden Langschwert, abgelöst. Wohlsituierte römische Offiziere bevorzugten solche Schwerter, die üblicherweise in Germanien hergestellt wurden. Diese High Tech Produkte waren leicht so viel wert, wie ein Leibeigener in seinem ganzen Leben verdienen konnte.
Es ist also nachvollziehbar, wenn sich Legenden um solche Schwerter bildeten. Im Nibelungenlied war es das Balmung von Siegfried und in Britannien Excalibur von Artus.
Aber Excalibur ist nur der latinisierte Name.
Es gibt Theorien, dass es aus „ex saxo“ gebildet wurde, was „aus dem Stein“ bedeutet. Und das passt hervorragend zu der Legende, Arthus habe Excalibur aus einem Stein gezogen. Eine andere Theorie besagt, dass es von „ex saxone“ abgeleitet wurde, also „von einem Sachsen“. Was wiederum zum historisch wahrscheinlichen germanischen Ursprung eines solchen Schwertes passen würde.
Der eigentliche Name ist Caliburn, was sich vom keltischen „Caledvwlch“ herleiten lässt. Das heißt so viel wie „Hartscharte“. Und so würde auch die Etymologie wunderbar zu der Theorie vom keltisch-romanischen Warlord in Westbritannien passen.
Da hat Uwell mit dem Namen seiner Caliburn 2019 mal eine amtliche Ansage gemacht.
Mulan von Cthulhu
Zunächst ist Cthulhu kein durch Würfeln entstandener Buchstabensalat, sondern eine Figur und ein ganzer Mythos aus der Feder des Schriftstellers H. P. Lovecraft.
Wer nun aber glaubt, dass ein chinesisches Unternehmen mit dem Namen einer Schöpfung eines amerikanischen Schriftstellers einen Verdampfer nach einem Walt Disney Film benennt, der könnte nicht falscher liegen. Mulan ist nun endlich einmal ein wirklich chinesischer Name für ein chinesisches Produkt.
Hua Mulan ist die Heldin eines chinesischen Volksgedichtes. Eine junge Frau zieht anstelle ihres alten Vaters in den Krieg.
Soweit, so Disney. Doch wie bei allen Motiven aus der amerikanischen Zeichentrickschmiede, ist auch das verwässert und anachronistisch. Was letztendlich sogar zu Protesten aus China geführt hat.
Wenn es Mulan (Magnolie) wirklich gegeben hat, dann lebte Sie während der Nördlichen (Wei) Dynastie, vermutlich im 5. Jahrhundert. Sie hätte damit eher zum Volk der Xianbei gehört. Und das waren bereits vor 2000 Jahren eher Mongolen als Chinesen.
So wird der angebliche Kaiser im Original auch nicht als Kaiser bezeichnet, sondern als Khagan. Und das ist eine Herrscherbezeichnung der nomadischen Mongolen und Turkvölker.
Um es vereinfachend zu sagen: Mulan hat wohl nicht für die Chinesen gekämpft, sondern gegen sie.
Die Mongolen – und in Europa die Hunnen – waren kriegerisch deshalb so erfolgreich, weil sie von ihren kleinen Pferden aus mit Pfeil und Bogen kämpften. Und die damaligen Machtzentren darauf keine Antwort hatten. Die Reiterkrieger waren schlicht zu schnell für die gepanzerten Infanteristen, welche die Kriegsführung bis dahin beherrscht hatten.
Wie Archäologen inzwischen nachweisen konnten, fanden sich unter diesen Kriegern auch Kriegerinnen.
Und das ist dann doch interessant. Denn auch in der ursprünglichen Version des Gedichts muss Mulan ihr Geschlecht verstecken. Was bei ihrem eigentlichen, historischen Volk aber nicht notwendig gewesen wäre. Weil es dort seit Jahrhunderten Kriegerinnen gab, die in allen Kriegerehren bestattet wurden. Daher ist es wahrscheinlich, dass das Motiv der kämpfenden Frau in einem Heer von Männern nicht von dem Volk stammt, um das es geht.
Und tatsächlich wurde die Ballade von Mulan zum ersten Mal im 6. Jahrhundert von dem Mönch Zhijiang in der Südlichen Cheng Dynastie niedergeschrieben. Also von den ehemaligen Feinden.
Von Göttern, Kentaurn und Zündkapseln
Der Gedankengang der Namensgeber des Verdampfers Petri von DotMod ist nur schwer nachzuvollziehen. Denn Petri ist einerseits ein Nachname, unter anderem der des Erfinders der Petrischale. Andererseits ist er der Anglergruß „Petri Heil“. Und das ist schlicht der Genitiv von Petrus. Weil der Christusjünger Petrus ursprünglich Fischer war, wünscht man Anglern „Petrus Segen“.
Der Verdampfer Mato von VandyVape leitet sich schlicht vom Namen seines Designers ab, Manuel Tobschall. Besser bekannt als Nebelfee.
Nautik kommt aus dem altgriechischen und bedeutet so viel wie „Schifffahrtskunde“. Daher Benannte Jules Verne in seinem weltberühmten Roman „Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer“ von 1870 das U-Boot Nautilus. Vermutlich war das Produktdesign ausschlaggebend für die Namensgebung des ersten Nautilus der Firma Aspire.
Der Centaurus von Lost Vape ist natürlich nach den griechischen Fabelwesen aus Mensch und Pferd benannt. Auch diese wurden eigentlich „Kentaur“ gesprochen, ebenso wie die Kyklopen.
Der Ares von Innokin geht ebenfalls auf die griechische Mythologie zurück. Er war Gott des „grausamen Krieges, des Blutbades und der Massaker“.
Auch der Artemis RDTA von Thunderhead Creations, an dem der deutsche Influencer Tony Vapes mitgewirkt hat, orientiert sich an der griechischen Götterwelt. Artemis war die Göttin der Jagd, der Geburt und des Mondes.
Und zum Abschluss: Ein Detonator ist eigentlich eine Zündkapsel für Sprengstoffe. Warum die US-amerikanische Firma Squid Industries auf die Idee kommt, nach mehreren entgasten Akkus und einem Todesopfer ausgerechnet einen Akkuträger so zu nennen, darf man als unverständlich bezeichnen.
Joey Hoffmann
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