Heute Morgen hat das Bundeskabinett in seiner 135. Sitzung die Liquidsteuer abgenickt. Damit geht der Gesetzesentwurf nun in den öffentlichen Schlagabtausch. Der unmittelbar nach der Verkündigung begonnen hat.
Der Entwurf unter dem Namen Tabaksteuermodernisierungsgesetz (TabStMoG) sieht eine schrittweise Besteuerung von nikotinhaltigen Liquids vor. Bemessungsgrundlage soll der Nikotingehalt sein.
Das Gesetz soll offenbar auch dazu dienen, das durch Corona entstandene Loch zu stopfen und das Finanzministerium mit günstigen Prognosen gut dastehen zu lassen. Anders ist der Druck, mit dem es noch vor der Bundestagswahl durchgetrieben werden soll, nicht zu verstehen. (Link unten)
Das Finanzministerium wird geleitet von Olaf Scholz, dem Kanzlerkandidaten der SPD. Und das errechnet angebliche Mehreinnahmen durch die Besteuerung von Liquids von knapp 3 Milliarden bis 2025.
Ab 2024 soll eine handelsübliche 10 ml Flasche Liquid mit 20 mg/ml Nikotin mit 8,- Euro besteuert werden.
Damit blieben auch die Gegenstimmen der Verbände bisher ungehört. Die Stellungnahmen wurden inzwischen veröffentlicht. Ausgerechnet die Stellungnahme des Händlerverbandes BfTG fehlt.
Diese enthielt nicht nur eine wissenschaftliche Stellungnahme durch den international renommierten Pharmakologen Prof. Dr. Bernd Mayer – er sieht gravierende Fehler in der Begründung zur Berechnung. Sondern auch einen vermutlichen Verstoß gegen die Verfassung. (Link unten)
Es ist fraglich, ob die Politiker dies überhaupt zur Kenntnis genommen, ja auch nur gesehen haben.
Kritik aus den eigenen Reihen
Unmittelbar nach der Kabinettssitzung veröffentlichte die Bundestagsfraktion der CDU/CSU eine Pressemitteilung, in der sie überraschend skeptische Töne anschlug.
Die Finanzpolitische Sprecherin Antje Tillmann äußerte unter anderem, „eine eventuell geringere Schädlichkeit muss sich in der Besteuerung von Zigaretten und E-Zigaretten widerspiegeln.“
Noch deutlicher wurde der zuständige Berichterstatter der CSU Sebastian Brehm. Er kritisierte nicht nur den geplanten Alleingang der Bundesregierung, da die Europäische Union eine europaweite Besteuerung für das vierte Quartal dieses Jahrs bereits auf der Agenda hat. Sondern auch, dass der Bundesfinanzminister noch vor wenigen Wochen die Anfrage der Linken mit der Behauptung zurückwies, es sei keine Änderung der Steuer geplant.
Eine klare Falschaussage, wie sich inzwischen gezeigt hat. Das Finanzministerium muss seit mindestens Oktober an dem Gesetzentwurf gearbeitet haben.
„Es überrascht, dass der Bundesfinanzminister ausgerechnet zum Ende der Legislaturperiode dieses Vorhaben vorlegt, obwohl er noch am 20. Januar dieses Jahres das Gegenteil in einer kleinen Anfrage der Linken behauptete. Dieses Verhalten schafft kein Vertrauen in verlässliches Regierungshandeln.
In der Sache ist es aber richtig, mit dem jetzigen Gesetzgebungsverfahren die bestehenden Besteuerungslücken bei eLiquids zu schließen. Dabei fordern wir angemessene Übergangszeiträume, so dass wir bei der Tabakbesteuerung im europäischen Verbund vorgehen. Die EU-Kommission hat angekündigt, im 4. Quartal 2021 eine unionsweite Tabaksteuerreform zu initiieren. Wir müssen aufpassen, dass grenznah ansässige Dampfer nicht ins Ausland ausweichen und den Übereifer des Finanzministers in konstruktive Bahnen lenken. So gelingt uns auch umsichtige Wirtschaftspolitik.“
MdB Sebastian Brehm, CSU, 24.03.2021
Deutliche Aussagen der Grünen
Ähnlich differenziert bis ablehnend ist die Stellungnahme der Grünen.
Die Sprecherin für Drogenpolitik Dr. Kirsten Kappert-Gonther glaubt, der Gesetzentwurf könne das Ziel der Schadensminderung nicht erreichen. Sie unterstellt Olaf Scholz Mutlosigkeit und der notwendigen Lenkfunktion nicht gerecht zu werden.
Stefan Schmidt, Mitglied des Finanzausschusses, kritisierte in überraschender Einigkeit mit der CDU/CSU den europäischen Alleingang der Bundesregierung.
Er unterstellt zwar E-Zigaretten und Tabakerhitzern pauschal eine Gesundheitsschädlichkeit. Aber…
„Die Bundesregierung verfolgt aber einen völlig falschen Ansatz, wenn sie Tabakerhitzer und E-Zigaretten genauso hoch bzw. annähernd so hoch besteuern will wie Zigaretten. Das ist nicht sachgerecht, weil Tabakerhitzer und E-Zigaretten weniger gesundheitsschädlich sind als Zigaretten. Darum fordern wir, Rauch- und Dampfprodukte nach dem gesundheitsschädlichen Potential zu besteuern: Je schädlicher das Produkt, desto höher die Steuer.“
Stefan Schmidt, Bündnis 90/ Die Grünen, Mitglied des Finanzausschusses, 24.03.2021
Alleingang des Ministeriums
Diese ersten Reaktionen zeigen ein deutlich gemischteres Bild, als das Abnicken des Kabinetts am Vormittag es vermuten lassen.
Gerüchte gingen bereits in den letzten Tagen durch Berlin, dass der Widerstand gegen den Entwurf wächst. Die Stellungnahmen lassen das erahnen.
Es ist naheliegend anzunehmen, dass die Finanzpolitiker sich nicht ausreichend mit dem Aspekt der öffentlichen Gesundheit und der E-Zigarette auseinandergesetzt haben. Geschweige denn mit den Feinheiten des Marktes.
Bemerkenswert ist daher auch, dass der Gesetzentwurf nach der ersten Lesung im Bundestag, die für den 22. April geplant ist, nur dem Finanzausschuss vorgelegt werden soll.
Viele Gesundheitspolitiker vertreten jedoch das Argument, dass eine geringere Schädlichkeit auch in einer geringeren Steuer niederschlagen muss.
Dass dieses Argument nun ausgerechnet auch von der CDU/CSU kommt, ist durchaus überraschend.
Es liegt nahe, die Pläne des Finanzministeriums auf zweifacher Ebene als Alleingang zu bezeichnen.
Zeitplan für das Gesetz: https://www.vapers.guru/2021/02/18/liquidsteuer-soll-vor-der-wahl-durchgedrueckt-werden/
Joey Hoffmann
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