Am kommenden Donnerstag soll der geplante Gesetzesentwurf in der ersten Lesung vor den Bundestag gehen.
Das vom Finanzministerium unter dem Kanzlerkandidaten der SPD Olaf Scholz eingebrachte Vorhaben sieht eine Modernisierung der Tabaksteuer vor. Dabei sollen erstmals Liquids für E-Zigaretten besteuert werden.
Der Gesetzesentwurf stößt inzwischen auf viele Widerstände. Nicht nur durch die Oppositionsparteien, sondern auch innerhalb des Koalitionspartners CDU. Obwohl er zuvor ohne weitere Aussprache vom Kabinett durchgewunken wurde.
Heute Morgen veröffentlichte der Bundesverband Rauchfreie Alternative BVRA eine Pressemitteilung, in der er ausführlich die Merkwürdigkeiten der Gesetzesinitiative beleuchtet. (Link unten)
Zuvor hatte der Konsumentenverband auch eine Stellungnahme beim Finanzministerium eingereicht und viele Politiker auf Bundes- und Landesebene kontaktiert.
„Keine Steuer geplant“, als sie bereits geplant wurde
Neben den vielen Argumenten gegen die geplante Steuer geht es in der Pressemitteilung vor allem um den bemerkenswert ungewöhnlich abgelaufenen Werdegang zum Gesetzesentwurf.
Beispielsweise haben die Grünen bereits im Mai 2020 einen entsprechenden Antrag eingebracht. In dem aber die zu besteuernden Konsumformen entsprechend ihrer Schädlichkeit besteuert werden sollten. Und er adressierte eher an die EU, wo die Tabaksteuer am Ende dieses Jahres eh auf der Agenda steht.
Bei der Anhörung, die aufgrund dieses Antrags Anfang September stattfand, sprach sich die Mehrheit der eingeladenen Experten ebenfalls für eine solche Berücksichtigung des Schadenspotentials aus.
Im Januar antwortete die Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linken, dass keine Veränderung der Tabaksteuer geplant sei.
Nur wenige Tage später veröffentlichte der Spiegel über einen fertigen Referentenentwurf zur Erhöhung. Kurz darauf veröffentlichte VAPERS.GURU einen Referentenentwurf des Finanzministeriums, der auf Oktober 2020 datiert.
Es muss also bereits mindestens vier Monate an einer Gesetzänderung gearbeitet worden sein, als die Regierung gegenüber den Parlamentariern noch das Gegenteil behauptete.
Unsachgemäße Versuche etwas durchzudrücken
Doch die Aufzählung lässt sich fortsetzen.
Vor wenigen Tagen stellte der FDP-Abgeordneten Dr. Gero Hocker in einer Bundestagssitzung die Frage, warum der Gesetzentwurf die geringere Schädlichkeit alternativer Konsumformen schlicht ignoriere. Worauf die Bundesregierung schriftlich antwortete, die Tabaksteuer würde sich grundsätzlich nicht am Schadenspotential orientieren und das widerspreche dem Unionrecht. Was nicht so ist.
Hinzu kommen die Berechnungen des ursprünglichen Referentenentwurfs. Die zusätzlichen Einnahmen durch die Liquidsteuer werden vom Finanzministerium auf knapp drei Milliarden bis 2026 geschätzt. Wobei von einem Wachstum von 15 Prozent und 2,5 Millionen Konsumenten ausgegangen wird. Obwohl die bekannte DEBRA Studie von knapp einer Millionen Konsumenten ausgeht und die Regierung einen Monat zuvor gesagt hatte, keine Umsatzzahlen zu kennen.
„Die Missachtung demokratischer und parlamentarischer Gepflogenheiten zur Durchsetzung dieses fiskalisch und gesundheitspolitisch gefährlichen Projektes ist mehr als bemerkenswert. Die Frage, ob wir es hier mit Dilettantismus oder Korruption zu tun haben, ist kaum zu beantworten.“
Simon Bauer, Geschäftsführender Vorsitzender BVRA, 19.04.2021
Bereiteter Boden für die organisierte Kriminalität
Gestern wurde deutlich, dass die CDU/CSU die Gesetzesinitiative scheinbar nicht mittragen werden. (Link unten) Vom Tisch ist sie damit noch nicht.
Auch die Händlerverbände und sogar der Zoll haben sich gegen das Vorhaben ausgesprochen. Wie auch der BVRA sieht der Zoll darin einen bereiteten Boden für Schmuggel und organisierte Kriminalität.
Deutschland wäre mit seinem Alleingang deutlicher Spitzenreiter bei den Steuern. Die bereits in Italien für ein Desaster in der Tobacco Harm Reduction geführt haben.
Und das in einem vereinten Europa, in dem Konsumenten problemlos online in Polen oder Frankreich bestellen können. Und auch im austretenden Großbritannien, das mit seiner progressiven Gesundheitspolitik einen sehr freien Markt erlaubt und trotzdem auf die geringsten Raucherzahlen kommt, seit diese überhaupt erhoben werden.
Pressemitteilung des BVRA: https://www.presseportal.de/pm/154925/4892100
Homepage des BVRA: https://www.bvra.info/
Joey Hoffmann
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