Gestern hat die World Vapers‘ Alliance eine Kampagne unter dem Titel „Back Vaping. Beat Smoking“ („Unterstütze Dampfen. Schlage Rauchen“) gestartet. Diese wurde entsprechend auf den Social Media Profilen über Tage hinweg groß angekündigt und beworben.
Dabei stellt sich die Frage, welchen Zweck diese Kampagne überhaupt verfolgt. Es finden sich dazu keinerlei konkrete Informationen.
Die World Vapers‘ Alliance („Welt Dampfer Allianz“) ist eine im vergangenen Jahr gegründete Konsumentenvereinigung.
Vieles deutet darauf hin, dass es sich bei der Organisation um eine Astroturf-Projekt von British American Tobacco handelt.
Dafür sprechen nicht nur ihre Verbindungen. Sondern auch die finanziellen Mittel, die dem Verband bereits kurz nach der Gründung zur Verfügung zu stehen scheinen.
Beispielsweise fungiert der bekannte Prof. Dr. Bernd Mayer als wissenschaftlicher Berater. Wofür er, nach eigener Aussage, entsprechend bezahlt wird.
Als Astroturf bezeichnet man PR-Projekte von Unternehmen, die den Eindruck erwecken sollen, einer gewachsenen Graswurzelbewegung zu entstammen.
Viel Marketing, wenig Inhalt
Ein Hinweis ist beispielsweise, dass die gut und professionell geführten Social Media Auftritte der WVA zwar nicht mit Slogans und Inhalten von Dritten sparen. Bei näherer Betrachtung aber weitestgehend inhaltsleer sind.
Nirgendwo wird tatsächlich erklärt, welche konkreten Pläne der Konsumentenverband verfolgt. Geschweige denn, welche Maßnahmen er unternimmt.
Abgesehen von einigen sehr wenigen, öffentlichkeitswirksamen Aktionen. Wie der Beteiligung an einem Apell an Google, Vape Apps nicht aus dem Shop zu nehmen.
Ganz ähnlich lief es auch mit dem zweiten World Vape Day, der mit großer Ankündigung am 30. Mai live gestreamt wurde.
Zwar konnte die Veranstaltung mit hochrangigen Gästen aufwarten. Unter anderem dem erwähnten wissenschaftlichen Berater Prof. Dr. Bernd Mayer, Michelle Minton aus den USA und Clive Bates aus Großbritannien. Sowie dem bekannten Influencer Grimm Green. Aber offensichtlich gab es dennoch wenig Interesse. So haben auf YouTube auch einen Monat nach dem Stream nur etwas über 1000 Menschen reingeschaut.
Undurchsichtig ist auch die Zusammenarbeit mit anderen Organisatoren des Events, wie der internationalen INNCO, die mit eigener Homepage und eigenem Logo daherkommen.
Das Ganze erweckt den starken Eindruck, dass hier Marketing Tools einer Agentur runtergerasselt werden, ohne Inhalte anzubieten.
Kampagne oder Datensammlung?
Auf der Internetseite der gestern weltweit gestarteten Kampagne kann man nun seine „Stimme erheben“.
Das soll dadurch geschehen, dass man seinen Namen und seine E-Mail Adresse abgibt.
Wozu diese Unterschriftensammlung dienen soll, wird nicht gesagt.
Spannender sind hingegen die Formalien.
Trägt man sich ein, stimmt man dem Erhalt weitere Informationen per E-Mail zu. Eine Option zur Ablehnung ist nicht vorgesehen.
Man muss allerdings ein Häkchen setzen. Wodurch man sein Einverständnis dokumentiert, dass die Daten entsprechend der Datenschutzrichtlinien der Seite behandelt werden.
Was das genau heißt, erfährt man erst auf der Seite der Datenschutzrichtlinie. Die zwar scheinbar im Fließtext des Dialogfensters verlinkt zu sein scheint, aber nicht ist. Man muss sie erst suchen.
Neben dem Namen, der E-Mail Adresse und dem Einverständnis werden auch die IP Adresse, der Browser und Informationen über das jeweilige Gerät gespeichert. Bürger des Europäischen Wirtschaftsraumes werden darauf hingewiesen, dass die Daten an Dritte außerhalb des Wirtschaftsraumes weitergegeben werden können.
Wer diese möglichen Empfänger der Daten sind, wird nicht eingeschränkt. Ja nicht einmal angegeben.
Ohne diese Zustimmung kann man seine Daten nicht senden und an der „Kampagne“ nicht teilnehmen.
Betrieben von einer PR-Agentur
Betrieben wird die Internetseite durch Red Flag Consulting Limited, einer PR-Agentur in Irland.
Diese ist vor allem für die Vertretung „konfliktträchtiger Produkte“ und Astroturf-Kampagnen bekannt.
Im Jahr 2018 hat Red Flag eine solche Kampagne für etwa 200.000 Euro für Monsanto durchgeführt. Dabei ging es um eine drohende Regulierung des Unkrautvernichters Glyphosat. Der im Verdacht stand, krebserregend zu sein. Red Flag initiierte daraufhin eine vermeintliche Graswurzelbewegung von Landwirten.
Monsanto wurde eigentlich durch Fleishman Hillard in Brüssel vertreten. Man hatte also gezielt nur für diese Kampagne Red Flag ins Boot geholt.
Die Geschäftsbeziehung zu British American Tobacco (Lucky Strike, Pall Mall, Vype, etc.) scheint jedoch dauerhafter zu sein.
Ebenfalls 2018 taucht Red Flag im Lobby-Nachweis des irischen Abgeordneten Noel Rock auf, um über den Forschungsstand zur E-Zigarette zu sprechen. Auftraggeber war PJ Carroll, ein Tochterunternehmen von British American Tobacco.
Im Jahr 2019 erhielt Red Flag laut Transparenzregister der EU zwischen 100.000 und 200.000 Euro für ihre Aktivitäten in Brüssel von British American Tobacco. Nur in dem Jahr, nur auf EU-Ebene.
Eine Häufung von Verbindungen
Es ist doch zumindest erklärungsbedürftig, warum die gerade erst gegründeter World Vapers‘ Alliance mit einer bekannten und nicht sehr preiswerten PR-Agentur wie Red Flag zusammenarbeitet. Die sogar dauerhaft die Homepage betreuen.
Dass diese Agentur Erfahrungen mit problematischen Produkten und Astroturfing hat, mag noch als Zufall durchgehen. Dass aber einer der größten Tabakkonzerne zur den Bestandskunden zählt, kann schon einmal eine Augenbraue heben lassen.
Es ist gängige Praxis, dass große Unternehmen Lobby-Organisationen ihre beauftragten Agenturen zur Verfügung stellen. So tauchen diese nicht in den Rechnungen der Organisationen auf.
Laut Gerüchten läuft das auch mal bei dem deutschen Händlerverband VdeH so, in dem BAT Mitglied ist.
Merkwürdig auch, wenn all das ausgerechnet passiert, während BAT seine Position im Bereich der Tobacco Harm Reduction in Europa versucht massiv auszubauen.
In Polen gehören etwa 80 Prozent des Marktes der E-Zigarette BAT. Auch dort hatte der Tabakriese das größte Dampfer-Unternehmen Chic Group aufgekauft. Ähnlich wie Highendsmoke hier in Deutschland. Die seitdem offenbar mit Kampfpreisen in Kooperation mit EX-Trade den Markt bestimmen wollen.
CCC, WVA, BAT
Die World Vapers Alliance, die nun eine weltweite Kampagne gestartet hat, wurde durch das Consumer Choice Center gegründet. Ebenfalls eine Lobby Verbindung.
Und das bedankt sich auf seiner Homepage ausdrücklich bei British American Tobacco für die Unterstützung in ihrem Engagement für die Tobacco Harm Reduction.
Durch eine solche Unterstützung wäre nicht nur zur erklären, warum die World Vape Alliance sich vor allem aus Organisationen aus Afrika und Südamerika zusammensetzt. Organisationen, die teilweise nicht einmal über eine Homepage verfügen. Oder aus Staaten kommen, in denen es kaum E-Zigaretten gibt und die auf der Armutsskala ganz unten stehen.
Dadurch wäre es auch zu erklären, wie eine solche Konsumentenorganisation sich bereits zur Gründung eine solche international tätige PR-Agentur leisten kann.
Ganz offensichtlich soll das Argument des Kampfes für das Dampfen dazu genutzt werden, gutgläubigen und engagierten Dampfern ihre Daten ohne weitere Informationen abzufordern. Wohin die Daten nun wirklich gehen und wofür sie genutzt werden – außer für ein Newsletter Abonnement – wird sich wohl nie mehr wirklich nachvollziehen lassen. Zumindest gehen sie nach Irland.
Da ist es nur ein Bonmot, dass die englische Sprache sehr geeignet für Ungenauigkeiten ist.
Denn „Campaign“ bedeutet nicht nur „Kampagne“ oder „Kampf“, sondern auch „Marketingmaßnahme“.
Joey Hoffmann
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