Derzeit wird in Brüssel über die „TPD3“ beraten. Dazu wurde eine Befragung veröffentlicht, bei der Interessierte ein Feedback geben können. Diese Befragung wird derzeit auf entsprechenden Portalen der Dampfer-Blase verteilt. Ich kann eine Teilnahme nicht unterstützen. Die Zeit kann man sich sparen.
Bereits zu Beginn des vergangenen Jahres haben bei der EU-Kommission die Gespräche über die „TPD3“ offiziell begonnen.
„TPD3“ ist lediglich eine Vereinfachung. Da bei Konsumentinnen und Konsumenten die Tabakproduktrichtlinie 2 recht bekannt ist.
Die wurde 2014 beschlossen und dann für Deutschland 2016 in das Tabakerzeugnisgesetz übersetzt. Das regelt solche Dinge wie die Beschränkung auf 20 mg/ml Nikotin und die Höchstmenge von 10 ml für nikotinhaltige Liquids.
Es wurde festgelegt, dass diese Produktrichtline regelmäßig geprüft, überarbeitet und angepasst werden sollte. Dazu sind inzwischen weitere „Geschütze“ in Stellung gebracht worden. Vor allem zu nennen ist dabei der SCHEER-Report.
Die einzelnen Vorgänge zu erklären würde den Rahmen dieses Kommentars weit überdehnen.
Nun geht es aber um mehr. Unter anderem steht der Plan für ein „rauchfreies Europa“ auf der Agenda. Ob neue Regulierungen dann „TPD3“ heißen werden, ist also noch gar nicht fest.
No Support
Sehr vereinfacht ist die EU so organisiert, dass die EU-Kommission Entwürfe zu Regulierungen schreibt und dem Parlament vorlegt. Das Parlament stimmt dann darüber ab.
Im Zuge dieser Vorbereitung auf kommende Schritte ist nun eine Online-Befragung der Kommission veröffentlicht worden. Sie ist Teil der Sondierung zum derzeitigen Stand: Was hat die Regulierung bisher gebracht? Was kann man ändern? Was sollte man regulieren?
Die Kommission will also Rückmeldungen haben, um zu entscheiden, wie sie weiter vorgehen soll.
Diese Befragung wird nun innerhalb der Online-Dampfer-Blase reichhaltig verbreitet. Mit der Aufforderung, sich daran zu beteiligen.
Ich selber wurde mehrfach auf der Facebook Fanpage darauf aufmerksam gemacht. Mit der Bitte, es zu verteilen. Und in der Facebook Gruppe wurde es auch geteilt.
Ich kann dies leider nicht unterstützen. Aus drei Gründen.
Zwar möchte ich nicht davon abraten. Es kann ja jeder machen, was er für richtig hält. Ich möchte aber erklären, warum das in meinen Augen nicht nur verschwendete Zeit ist. Sondern warum es sogar negativ auf die E-Zigarette zurückfallen kann.
Kein großer Einfluss
Zunächst ist davon auszugehen, dass diese Befragung keinen großen Einfluss haben wird.
Ganz persönlich glaube ich nicht einmal, dass die Antworten wirklich ausgewertet werden. Sondern dass eher einige Bürokräfte die Kommentare überfliegen, eventuell halbwegs statistisch erfassen und für andere aufbereiten.
Entscheidungsbefugte Beamte, geschweige denn Politiker, werden das vermutlich nie zu Gesicht bekommen. Und erst recht nicht alles lesen, denn bisher sind bereits über 7500 Kommentare eingegangen.
Es wird zu dem Thema noch eine offene Konsultation geben, so wie das bei allen solchen Vorgängen vorgesehen ist. Die wird im vierten Quartal dieses Jahres stattfinden. Die offizielle Annahme ist erst für 2023 geplant. Und es verzögert sich alles ständig.
Die Befragung ist also nichts Akutes.
Man sollte sich auch immer vor Augen halten, dass solche offenen Befragungen wenig Gewicht haben. Viel wichtiger sind Aussagen von Organisationen wie Konsumentenverbänden oder Händlervereinigungen. Die Gesundheitsorganisationen der Gegner sitzen da übrigens längst dran und haben schon einige Karten ausgespielt. Die Konsumentinnen und Konsumenten, die dort jetzt kommentieren, laufen locker ein halbes Jahr hinterher.
Das ist deshalb wichtig, weil sonst erneut der Eindruck aufkommt, da etwas konkret zugunsten der Tobacco Harm Reduction verändern zu können. Ähnlich wie bei den vielen Aufrufen zu Petitionen. Das ist definitiv nicht so.
Von Stilblüten, Orthographie und Astroturf
Wer sich darüber ärgert, dass solche „Umfragen“ wenig Einfluss haben, sollte das einmal aus der Sicht der Kommission betrachten.
Leider bestätigen viele Dampferinnen und Dampfer erneut das Bild, das sie in der Vergangenheit häufig gegenüber der Politik abgegeben haben.
Ich habe nur die ersten Kommentare vom 03. – 02. Juni überflogen und möchte einige kommentarlos hier zitieren. Fehler werden übernommen.
„Ein Aromenverbot würde Zwangsläufig dazu führen das ich wieder zur Tabakzigarette greife. Ich habe mich ewig nicht mehr gut Gefühlt wie es durch die Dampfe kam. E-Zigaretten Genuß ohne Geschmack jedoch wird mir jeden Spaß daran nehmen […]“
„Es wird ZEIT das die EU Aufhört sich in Dinge Einzumischen Die sie nichts Angeht diese Ständigen Bevormundungen und Verbote von Privatpersonen ist in meinen Augen Kriminell!!! […]“
„Sollte hier in Deutschland die neue Besteuerung der Flüssigkeiten für E-Zigaretten umgesetzt werden, dann wird das für mich als Anwender, der es endlich geschafft hat von den Zigaretten loszukommen, teurer als wenn ich wieder mit dem Rauchen anfange. […]“
„Ich war ehemaliger raucher von Normalen Zigaretten bin aber auf das Dampfen gewechselt da mir der Vielfalt an Aromen sehr gefällt und auch das man seine Nikotin menge selber Dosieren kann. […]“
„Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte meine Rückmeldung mit folgender Frage beginnen: Aber wir innerhalb der EU keine deutlich größeren Probleme als ein Verbot von Aromen für E-Zigaretten? Ich möchte Sie darum bitten diese Frage mal in Ihrem Kopf für sich selbst zu beantworten. […]“
„Ich bin entschieden gegen das Verbot von Aromen ! 1. Ich bin ein mündiger Bürger und als solcher möchte ich agieren dürfen. Sprich ich bin sehr wohl in der Lage, selbst zu entscheiden ob ich Alkohol trinke, rauche oder auch dampfe ! […]“
„Ich stimme eindeutig gegen ein Aromaverbot aufgrund der Tatsache […]“
„Sehr geehrte Damen und Herren, ich spreche mich gegen weitere Einschränkungsmaßnahmen gemeint ist die TPD III Regularien. Es ist erwiesen das die Genußmittel Industrie keineswegs den Einstieg des Tabakkonsums ebnet. […]“
„Rauchen, dampfen, shisharauchen ist alles ab 18 Jahren. Somit kann jeder selbst entscheiden was er macht und was er möchte. Das es auf das dampfen jetzt absolut übertrieben riesige Steuern gibt bzw geben soll, wobei es nachgewiesener Maßen weit gesünder ist als das konsumieren von Tabak, finde ich absolut bodenlos und ungeheuerlich. […]“
„Ich bin seit 2016 erfolgreicher Dampfer […]“
Dazu einige Dinge, die mir aufgefallen sind
- Es sind überproportional viele Antworten auf Polnisch dabei. Ich habe keinen einzigen Kommentar auf Französisch oder Italienisch gesehen.
- Gleich mehrere Kommentare beginnen mit dem Satz: „Ich habe es mit der E-Zigarette nach [vielen / XY] Jahren endlich geschafft, mit dem Rauchen aufzuhören.“ Da eine einzelne Person variieren würde, würde ich davon ausgehen, dass in einer Dampfer-Gruppe oder einem Forum eine Musterantwort vorgegeben wurde.
- Es werden überraschend viele deutschsprachige und gut formulierte Kommentare zu Nikotin-Pouches abgegeben. Wäre ich Mitarbeiter der Kommission, würde ich von Astroturfing ausgehen.
- Mindestens zwei Kommentare nennen sogar Produkte, beide von British American Tobacco BAT.
Aufruf eines Händlerverbandes
Der Händlerverband VdeH hat inzwischen eine eigene Internetseite unter dem Namen „meine-ezigarette“ veröffentlicht, auf der er zur Teilnahme aufruft. Das ist aus mehreren Gründen irritierend.
Zunächst ist die Seite fragwürdig.
Man kann sich auf der Homepage für den Newsletter des VdeH eintragen. Das ist sogar prominenter angezeigt als das, worum es wirklich gehen soll. Nämlich der Aufruf zur Teilnahme.
Zum zweiten wird auf dem Link damit geworben, man solle auf der EU-Seite gegen ein Aromenverbot stimmen.
Aber bei den Vorgängen geht es nicht ausschließlich um ein Aromenverbot. Das ist mit im Gespräch. Inzwischen haben mehrere Länder bereits Aromen verboten oder sind im Begriff es zu tun. Aber es geht um weit mehr.
Vor allem wird aber der Eindruck vermittelt, es ginge um eine Abstimmung. Doch genau das tut es nicht. Es wird nichts abgestimmt.
Zum dritten bekommen die Händlerverbände die Möglichkeit, sich als Händlerverbände zu äußern. Der Handel ist immer Teil der so genannten trilateralen Gespräche. Bei allem, wo der Handel eine Rolle spielt, von Laptop-Akkus bis Plastiktüten.
Das ist auch naheliegend, da die Interessen der Händler und Hersteller andere sind, als die der Konsumenten. Das primäre Interesse der Händler ist es, Geld zu verdienen.
Wir hatten bereits 2019 das Debakel der Europäischen Bürgerinitiative, die auch der Händlerverband BfTG, der VdeH und auch ich selber unterstützt hatten. Nachdem die Organisatoren so dusselig waren, die erste Spende von 10.000 Euro vom Imperial Brands (West, John Player Special, My Blu) abgeben zu lassen – was natürlich über die EU öffentlich wurde – erreichte die Befragung kaum jemanden mehr.
Erst vor einem Jahr gelang dem VdeH dann eine größere Pointe mit der „Kundgebung“ am Reichstag. Die zwar zu reichlich Ärger bei einigen Politikern, aber zu keiner weiteren Erwähnung in den Medien führte.
Warum nun erneut ein Händlerverband versucht sich durch Konsumentenstimmen politisch Gehör zu verschaffen, ist auch auf den zweiten Blick unverständlich. Aber es lädt ein.
Denn ein federführendes Mitglied des VdeH ist erneut British American Tobacco. Und das weiß auch die Kommission. Und sie weiß auch, dass BAT Astroturfing zur politischen Einflussnahme nutzt.
Erneut: Wäre ich Mitarbeiter der Kommission, würde ich von Astroturfing ausgehen. Wäre ich Gegner der E-Zigarette, beispielsweise in einer Ärztevereinigung, würde ich mal meine Bekannten in Brüssel anrufen und es ihm stecken.
Im Grunde hat der VdeH damit alle Stimmen verbrannt, die Dampferinnen und Dampfer abgeben könnten.
Mein persönliches Fazit
Das sinnvollste wäre es, wenn Konsumentenverbände sich dort engagieren und einbringen würden. Möglichst frei von jeglicher Verbindung zu Big Tobacco und mit Unterstützung durch Wissenschaftler und Fachleute aus dem Gesundheitsbereich.
Aber nicht bei dieser Befragung, sondern im weiteren Verfahren.
Leider komme ich zu dem Schluss, dass man sich als einzelne Dampferin oder Dampfer die Zeit für einen Kommentar sparen kann.
Vor allem aber sind die Konsumenten gut beraten, nicht zu viel zu erwarten.
Joey Hoffmann
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