Wegwerf-E-Zigaretten räumen derzeit den Markt auf. Von vielen Interessensvertretern scheint das noch als unliebsames Randereignis gesehen zu werden. Aktuelle Zahlen und Berichte aus Großbritannien machen das Ausmaß deutlich. Nun ist eine Bombe geplatzt.
Die ersten E-Zigaretten waren so genannte Cig-a-likes. In Größe, Form und Aussehen wie eine Tabakzigarette. Die nach dem Gebrauch weggeworfen wurden. Nach kurzer Zeit wurden sie überholt und verschwanden in der Versenkung.
Denn was da herauskam, konnte Raucher nicht befriedigen. Dafür kamen in den Geräten der zweiten und dritten Generation dann Hochleistungs-Akkus aus der Industrie zum Einsatz. Mehr Dampf, mehr Nikotin, ausreichende Befriedigung.
Doch seit einigen Jahren ging die Bewegung wieder zurück. Von riesigen Akkuträgern mit zum Teil vier Akkus, die dann als Pendant zur Shisha direkt inhaliert wurden. Hin zu kleinen Geräten, die wie Tabakzigaretten genutzt werden.
Diese fluteten seit etwa drei Jahren den Markt.
Die Technik macht es möglich: Diese Geräte und vor allem Akkus können inzwischen die Leistung liefern, die ein Raucher benötigt, um sein Bedürfnis zu befriedigen.
Diese Geräte sind in der Regel wieder befüllbar. Es entsteht also nicht so viel mehr Müll, als bei den so genannten offenen Systemen. Den „E-Shishas“ und „Nebelwerfern“.
Tabakkonzerne wollen Tabak – oder zumindest das Nikotin – verkaufen. Kundenbindung ist ihr Geschäftsmodell.
Also versuchen sie sich an diese Entwicklung zu hängen. Deshalb mit vorbefüllten Systemen, für die Kartuschen mit Liquids gekauft werden müssen. In Deutschland sind zwei Konzerne marktrelevant: British American Tobacco mit seiner Produktlinie „Vype“ und die zum Imperial Brands Konzern gehörenden Reemtsma Cigarettenfabriken mit ihrem Produkt „My Blu“.
Der Platzhirsch Philip Morris International setzt auf Tabakerhitzer und die IQOS, der inzwischen ebenfalls durch BAT mit seiner abgespeckten und preiswerteren Version „glo“ nachgeeifert wird.
Zu dieser Kategorie gehörte auch die herbeigeredet skandalumwitterte Juul, die allerdings inzwischen ihren Vertrieb in Europa eingestellt hat. Eigentlich ein unabhängiges Unternehmen, bis der Altria Konzern sich mit 35 Prozent und einigen Milliarden einkaufte.
Diese Produkte haben im Fachhandel bisher keine relevante Rolle gespielt. Ihr Marktanteil lag in allen Umfragen unter 10 Prozent. Kaum ein Vape Shop hatte sie im Angebot. Und in Kiosken und an Tankstellen erwiesen sie sich häufig als Ladenhüter.
Die Mode der Faulheit: Convenience und Wegwerfen
Doch auch dieses Modell der vorbefüllten Kartuschen wurde inzwischen überholt. Durch den chinesischen Raubtierkapitalismus.
Denn wozu sollte ein Hersteller etwas mit einer Produktlebenszeit von vielen Monaten oder Jahren verkaufen, wenn er das Gleiche als Wegwerfware anbieten kann?
Ob diese dann vorbefüllt sind oder nicht, ist dafür irrelevant. Die enthaltene Flüssigkeit, das „Liquid“, dürfte der geringste Kostenfaktor sein.
Und so erblickten sie dann das Licht der Dampferwelt: Wegwerf-E-Zigaretten. So genannte Disposables. Die im Grunde das gleiche sind, wie die ersten Cig-a-likes. Nun aber größer und ausgestattet mit ausreichend Energie, um die von Konsumenten gewünschte Menge Dampf freisetzen zu können.
Erreicht wird das durch den verbauten Akku. Der in den meisten Fällen der gleiche ist, der auch in anderen Systemen verwendet wird. Nur in diesem Fall wird er weggeworfen, nachdem das Liquid verbraucht ist.
Diese Disposables haben eine Füllmenge von höchstens 2ml. Was in etwa den Pods der nachfüllbaren Produkte dieser Klasse entspricht.
In Deutschland kommt nun die so genannte Liquidsteuer hinzu. Die solche Systeme bevorzugt. Anstatt also den Jugendschutz und Umweltschutz zu stärken, werden Wegwerfprodukte indirekt gefördert.
Richtig: Wiederverwendbare Akkus und die Regelelektronik werden weggeworfen, wenn das Liquid verbraucht ist. Der eigentlich geringste Kostenfaktor des ganzen Produkts.
Und mit ihnen Rohstoffe wie Seltene Erden. Was gerade nicht nur die Automobilindustrie bremst, weil die Nachfrage größer als das Angebot ist.
Vermarktet wird das mit „Anwenderfreundlichkeit“ und „Convenience“.
Umfrage zeigt Dramatisches
Die gemeinnützige Organisation „Action On Health And Smoking“ ist der E-Zigarette eigentlich sehr wohlgesonnen. In Großbritannien wird die E-Zigarette längst als weit weniger schädliches Substitut für Tabakzigaretten angesehen. Und sogar von staatlicher Seite zum Ausstieg aus dem Rauch angepriesen.
Nun hat ASH seinen jährlichen „YouGov youth survey“ veröffentlicht. Die Ergebnisse sind dramatisch.
Der Anteil der 11 bis 17-jährigen, die eine E-Zigarette ausprobiert haben, hat sich seit 2021 von 4 Prozent auf 7 Prozent fast verdoppelt. Also seitdem diese chinesischen Einwegprodukte den europäischen Markt überschwemmen.
Der Anteil der 11 bis 17-jährigen, die aktuell eine Einweg-E-Zigarette nutzen, hat sich von 8 Prozent in 2021 auf 52 Prozent mehr als versechsfacht.
Anmerkung: Der Einstieg in den Tabakkonsum liegt in Deutschland derzeit bei 14,7 Jahren. Durchschnitt!
Die Produkte der Linien Elf Bar und Geek Bar, beide aus China, sind in Großbritannien marktbestimmend. Nur 30 Prozent der Konsumenten in der Altersgruppe haben überhaupt jemals ein anderes Produkt ausprobiert. …was nicht bedeutet, dass sie damit automatisch ein wiederbefüllbares Produkt ausprobiert haben.
Das bedeutet, diese Produkte werden vor allem von vielen Minderjährigen gekauft. Im Bereich des Substitutes für langjährige Raucher scheinen sie keine Rolle zu spielen. Es ist ein junges, hippes Life-Style-Produkt. Ready to go vor der nächsten Fete.
Das dürfte auch die Hoffnung vieler Fachhändler und Influencer zerschlagen, Einwegprodukte könnten zum Konsum von nachhaltigeren E-Zigaretten führen. Ganz offensichtlich findet diese Bewegung nicht statt. Das Argument war aufgesetzt und kann nun als widerlegt angesehen werden.
Die Gründe für den Konsum waren
- Geschmack (21%)
- „Ich mag die Erfahrung“ (18%)
- Probierkonsum (15%)
- „Ich versuche aufzuhören zu rauchen“ (11%)
- „Ich nutze sie anstatt Tabakzigaretten“ (9%)
Fruchtgeschmack bleibt – wenig überraschend – die beliebteste Aromaklasse.
Unter den Nichtrauchern, die eine Wegwerf-E-Zigarette ausprobiert hatten, gaben 65 Prozent an, es einfach einmal ausprobieren zu wollen.
Lesen Sie weiter auf Seite 2:
Joey Hoffmann
Neueste Artikel von Joey Hoffmann (alle ansehen)
- Razzia: 11 von 15 Verkaufsstellen mit illegaler Ware - 23. Februar 2023
- Aromenverbot: Politiker schmeißen alles durcheinander - 16. Februar 2023
- VAPERS.GURU vor dem Aus? - 8. Februar 2023