Die VapersCom am vergangenen Wochenende in Dortmund scheint ein – sagen wir wie es ist – Reinfall gewesen zu sein.
Ich kann es nicht beurteilen, ich habe auf die Anreise verzichtet. Habe aber mit einigen Anwesenden kommuniziert, Bilder gesehen und Kommentare gelesen.
Tatsächlich sage ich unheimlich ungerne „Ich habe es ja gesagt“. Weil ich ja meist keine schönen Dinge prognostiziere. Und mich auch nicht darüber freuen kann. So gar nicht. Denn Community, Diversität, vielfältige Kommunikation… All das ist gut für die Tobacco Harm Reduction an sich.
Ich denke es ist an der Zeit, endlich sachlich und unaufgeregt darüber zu sprechen.
Deshalb möchte eine Einschätzung abgeben und einige der Faktoren nennen, die in meinen Augen für den Niedergang der „Community“ verantwortlich sind.
Die Steuer
Man begeht einen Fehler, Dampfer als eine homogene Zielgruppe zu verstehen.
Die beschlossene Steuer ist vor allem in der Blase der online aktiven Dampf-Enthusiasten wahrgenommen worden.
Frühere Befragungen zur Motivation von Umsteigern haben gezeigt, dass der gesundheitliche Aspekt nicht so alles überlagernd war, wie es von vielen Stellen kommuniziert wurde. Sondern dass die Affinität zur Technik und vor allem der monetäre Faktor sehr viel wichtiger waren als angenommen.
Es ist verständlich, dass genau das dann zu langen Schlangen bei der VapersCom geführt hat, als sie noch in Oberhausen stattgefunden hat. Ich hatte es bereits vor Jahren einen überdachten Trödelmarkt genannt.
Man muss also davon ausgehen, dass genau diese Zielgruppe sich im Zuge der Steuerdebatte mit Verbrauchsmaterial eingedeckt hat. Die Schnäppchenjäger haben eine geringere Motivation. Die am lautesten „Community“ rufen, bringen inzwischen den geringsten Umsatz.
Wegfall der Multiplikatoren
Während des Booms der E-Zigaretten wurde dieser vor allem durch Influencer getragen.
Diese sind inzwischen zu weiten Teilen weggebrochen. Das hat zwei Gründe.
Twitch und Instagram erschienen vielen Content Creatorn attraktiver. Der Content wanderte dadurch von Facebook und vor allem YouTube ab.
Nutzer innerhalb dieser technikaffinen Blase von Enthusiasten sind diese Bewegung mitgegangen. Viele Nutzer aber eben auch nicht. Die Diversifizierung führte zum Ausdünnen.
Der zweite Grund waren sicher die Abmahnungen, die an einige dieser Content Creator ergangen sind. Und ihr „Geschäftsmodell“ damit unterbunden haben. Ob sie dafür tatsächlich Zuwendungen erhielten – oder nicht – war für diese Auswirkungen irrelevant. Auch hobbymäßige Dampf-YouTuber haben aus Angst vor Konsequenzen das Handtuch geworfen.
Die Diskussionen darum wurden innerhalb der Blase öffentlich geführt.
Einziger Ausweg wäre eine redaktionelle Arbeit gewesen. Die dem „Geschäftsmodell“ des Influencers jedoch widerspricht. Dadurch hat der Gesetzgeber im Grunde genau das erreicht, was er erreichen wollte.
Diese Entwicklung wurde von anderen Creatorn und Nutzern selber befördert. Da sie aus verschiedenen Motiven heraus laut dagegen protestiert hatten, dass einige Influencer damit Geld verdienen. Inzwischen dürfte klar sein, dass es genau zum prognostizierten Ergebnis geführt hat: Ein Einbruch des ganzen Themas, während diese hobbymäßigen YouTuber dadurch keinen Zuschauer mehr haben. Falls es sie noch gibt.
Videos der ehemals großen Influencer schaffen es heute kaum auf vierstellige Zugriffszahlen. Die Qualität und der Informationsgehalt haben auch bei den Streams seit den Zeiten des SteamTeams deutlich nachgelassen.
Dafür mitverantwortlich ist sicher der nächste Punkt.
Die Ermüdung
Ein Markt kann nicht nur übersättigt sein, sondern auch ermüden. Die Unterscheide sind marginal.
Seit etwa 2014 kam es zu einem Boom der E-Zigaretten. Vor allem befeuert durch die Influencer, aber auch durch ständig neue Produkte. Einen zusätzlichen Schub gaben die Shake & Vape Produkte.
Darunter zu leiden hatten vor allem Einzelhändler, die sich ständig die neusten Mode-Produkte ins Regal stellen mussten.
Das Veralten von Produkten nennt man Obsoleszenz. Dies kann bewusst herbeigeführt werden, beispielsweise durch Produkte, die eine geringe Lebensspanne haben. Doch auch das Überaltern von Produkten durch Modeerscheinungen wird so bezeichnet.
Tabakkonzerne setzen auf langlebige Produkte, die über die Markenbindung funktionieren und über die Zeit höchstens verbessert werden. Eine My Blu (Reemtsma) oder IQOS (Pilip Morris International) von heute sieht genauso aus, wie vor einigen Jahren. Und sie heißt auch noch so.
Der vor allem durch die Chinesen getriebene Markt der „tradierten“ E-Zigarette funktioniert jedoch nur durch den extremistischen Kapitalismus der bewussten Obsoleszenz. Um neue Anreize zu schaffen wird ein neues Produkt auf den Markt geworfen um. Der Crown von Uwell ist inzwischen in der fünften Variante am Markt, plus einiger Nebenprodukte des Brandings.
Das Produkt muss nur so lange Gewinn erwirtschaften, bis das nächste kommt.
Doch eben das funktioniert immer nur für eine bestimmte Zeit. Der Markt ermüdet. Die Konsumenten finden immer weniger Anreiz darin, das nächste neue Gerät zu kaufen, wenn das alte noch funktioniert. Zumal es auch wenig wirkliche Neuentwicklungen gibt. Und dadurch entfällt auch ein weiteres Motiv um auf eine solche Messe zu fahren oder sich Content von Influencern anzusehen.
Der abflachende Zuwachs an Umsteigern, also potenziellen neuen Kunden, beschleunigt das.
Die Disposables
Die naheliegende Antwort der chinesischen Hersteller darauf sind die Disposables.
Laut der aktuellen Zahlen des BfTG ist der Markt stagniert. Er weist dennoch einen 40-prozentigen Zuwachs auf. Der Zuwachs der Disposables wird auf genau diese 40 Prozent geschätzt.
Doch die Einweg-Dampfen adressieren eine völlig andere Zielgruppe. Jugendliche, Impulskäufer und Convenience-Kunden. Und der Umsatz dürfte zu weiten Teilen außerhalb der Fachgeschäfte stattfinden, also außerhalb der tradierten Branche. Diese 40 Prozent sind nur das, was innerhalb dieser „Blase“ geschätzt wurde.
Das heißt unter anderem, dass es den Großhändlern gut geht, während die Fach- bzw. Einzelhändler teilweise ums Überleben bangen müssen.
Auf der „Profi-Messe“ Intertabak gab es annähernd keinen Stand, der ohne ein Einweg-Produkt auskam. Doch bei der VapersCom handelt es sich um eine selbst proklamierte „Community-Messe“.
In dieser Zielgruppe dürfte das Interesse, wegen Disposables zu einer Messe anzureisen, gering sein.
Ungünstige Prognose
Das alles hat wenig mit Corona zu tun. Denn bei Volksfesten, anderen Messen und ähnlichem sehen wir, dass diese nach der Zeit der Isolation und Quarantäne aus allen Nähten platzen.
Nach meiner persönlichen Einschätzung haben solche B2C-Messen im Dampfbereich eine geringe Überlebenschance.
Denn die Finanzierung dahinter kommt nun einmal durch die Einzelhändler, die einen Stand gemietet haben. Doch die werden erkennen, dass sich diese Investition nicht mehr lohnt. Dies ist bereits seit einigen Jahren absehbar.
Natürlich kenne ich die genauen Zahlen nicht, doch ich habe das Gefühl auch die Hall of Vape als Platzhirsch der Messen hat einen großen Nutzen aus dem B2B, dem Profibereich des Business to Business, gezogen. Es ist schwer vorstellbar, dass sie sich nur durch B2C getragen hätte.
Ja, die Community ist in einer Grassroot-Bewegung groß geworden. Doch der Boom wurde befeuert und bezahlt durch den Handel. Was innerhalb der Community eher als Tabuthema behandelt wurde. Obwohl ausreichend Dampfer mit Branding-Klamotten auf solchen Events zu sehen sind.
Wenn solche Community-Events eine Zukunft haben sollen, muss ein anderes Finanzierungsmodell her. Beispielsweise die Organisation durch Dampfer und die Finanzierung durch Eintritt, Catering, Sponsoring und anderes. Also im Grunde so, wie es ursprünglich einmal angefangen hat.
Dennoch wäre selbst dann der Erfolg fraglich. Denn der Begriff der „Community“ wurde ja vor allem von jenen befeuert und gekapert, die einen wirtschaftlichen Nutzen daraus gezogen haben.
Die Tatsächlich vorhandene Community dahinter dürfte weit kleiner sein, als sie sich gerne erzählt hat.
Joey Hoffmann
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