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Umfassender Wirtschaftsbericht zur E-Zigarette

Die Foundation veröffentlicht Zahlen

Diese Woche veröffentlichte die im vergangenen Jahr gegründete Foundation for a Smoke-Free World zwei Berichte. In ihrem Report Global Trends in Nicotine beleuchtet sie Wirtschaftszahlen zur E-Zigarette. Und die sind überraschend bis sensationell.
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Dr. Derek Yach ist ehemaliger hochrangiger Mitarbeiter der WHO.
Er war der leitende Kopf hinter der Framework Convention on Tobacco Control (FCTC). Die Übereinkunft von 180 Staaten zur Bekämpfung des Tabaks.

Inzwischen hat Yach sich aber von der WHO abgewandt. Denn im Gegensatz zu dieser ist er der Idee der Harm Reduction verbunden, während die WHO auf das Moment der Abstinenz setzt und inzwischen das Verbot der E-Zigarette gefordert hat.
Yach ist der Realist und Pragmatiker, die WHO die moralische Übermutter.

Im Oktober des vergangenen Jahres gründete Yach die Foundation for a Smoke-Free World. Eine gemeinnützige Organisation, die ihren Sitz in New York hat.
Ziel der Foundation soll die Lobbyarbeit für die Harm Reduction sein, sie steht der E-Zigarette offen gegenüber.

Inzwischen hat die Organisation ihre Arbeit aufgenommen.
Gerade veröffentlichte sie einen Bericht unter dem Namen „Global Trends in Nicotine“ („Globale Nikotin Trends“) in dem sie auch viele Fragen zur E-Zigarette versucht hat zu beleuchten.

Als Quelle dienten dafür vor allem der Euromonitor 2017, aber auch Daten von Firmen, ECigIntelligence und andere.
Der Bericht umfasst 40 Seiten, die geballt gefüllt sind mit Informationen.

Und diese Informationen sind geeignet nicht nur einige liebgewonnene Ansichten von Dampfern zu zerstören.
Sondern werden wohl auch in vielen Unternehmen aufgearbeitet werden.

Global Trends in Nicotine

Als Grundlage geht die Foundation von einem Umfassenden ökonomischen System des Nikotins aus.
Das beinhaltet alles, angefangen von der Tabakpflanze über die Rohstoffe bis zu den Herstellern von Tabakprodukten und E-Zigaretten.
Doch auch Nikotinersatztherapien wie Kaugummis und Pflaster gehören dazu.

Die Organisation schätzt den Anteil der E-Zigarette auf etwa 1,5% der Endprodukte dieses gesamten Systems.
Den Umsatz beziffert sie dabei auf etwa 11,4 Milliarden Dollar.
Das deckt sich zwar nicht mit den geschätzten 785 Milliarden der gesamten Nikotinwirtschaft, dort wurden allerdings Steuern und andere Faktoren ebenfalls mit einberechnet.

Innerhalb der E-Zigarette betrachtet sie auch die deutlichsten Unterschiede zwischen offenen und geschlossenen Systemen. Dabei schätzt sie den Marktanteil der Offenen Systeme auf 65%.
Es sei jedoch bereits eine deutliche Entwicklung zu geschlossenen Systemen spürbar.

Diese Zahlen können verwirren, denn die Zahl der offenen Systeme ist fast doppelt so groß wie die der geschlossen. Doch die geschlossenen beherrschen den Markt.
Das liegt wahrscheinlich an zwei Faktoren.

Zum ersten sind die Gewinnspannen der Hersteller bei den geschlossenen Systemen höher. Und zum zweiten binden geschlossene Systeme wie Cig-a-likes die Kunden an das Produkt.
Kartuschen werden nachgekauft, ist ein Gerät defekt wird es einfach durch ein neues, üblicherweise preiswertes neues ersetzt etc.

Die zehn führenden Hersteller von geschlossenen Systemen sind für etwa 67% des Umsatzes am weltweiten Markt verantwortlich.
Der Markt der offenen Systeme ist hingegen sehr vielschichtig und gemischt. Die zehn größten Hersteller von offenen Systemen verbuchen nur 26% der Umsätze.

Big Tobacco und das Dampfen

E-Zigarette
Die Marktverteilung 2017 (Volle Auflösung bei Klick)
  • 11% British American Tobacco
    BAT hat erst in der vergangenen Woche die deutsche Ladenkette Highendsmoke übernommen. Was jedoch ein Tropfen auf den heißen Stein darstellt.
    Die Produkte der Marke Vype werden beispielsweise in Großbritannien inzwischen durch Rahmenverträge auch bei Sainsbury’s, Shell und Spar vertrieben. Unlängst wurde der bis dato Französische Marktführer Chic übernommen.
    Hinzu kommt die in den USA erfolgreiche Marke Vuse.
  • 4% Juul Labs
    Die Durchstarter aus San Francisco konnten sich vor allem in den USA viele Marktanteile sichern. Und das nur mit ihrem einzigen Produkt, der Juul. Die mit ihren hohen Nikotin Konzentrationen in den USA für viel Wirbel sorgt.
  • 4% Imperial Brands
    Zu dem Konzern Imperial Brands gehört nicht nur Reemtsma (Lucky Strikes, Gauloises, etc.) sondern auch Fontem Ventures. Und die sind am Markt vertreten seit es die E-Zigarette gibt. Für 75 Mio Dollar kaufte Fontem die Firma des E-Zigarettenerfinders Hon Lik Dragonite kurz nach der Gründung auf.
    Inzwischen hat Fontem auch den österreichischen Hersteller Von Erl übernommen und das Kartuschengerät My in sein Branding blu überführt.
  • 3% iSmoka Elektronics
    Der Name wird vielen hierzulande kaum ein Begriff sein, denn bei iSmoka aus Shenzhen handelt es sich um die Firma hinter der Marke Eleaf. Es ist eine ehemalige Tochter von Joyetech. Darüber hinaus fertigt iSmoka auch OEM, also Produkte unter dem Markennamen anderer.
  • 3% Japan Tobacco
    Japan Tobacco (Winston, Camel) produziert nicht nur die E-Lite Cig-a-likes. Sondern sie stehen auch hinter der Marke Ploom. Diese hat es geschafft als erste nach der „Wiedererlaubnis“ 2018 nikotinhaltige E-Zigaretten in der Schweiz an den Markt zu bringen.
  • 3% Joye Technology
    Joyetech wurde bereits 2007 gegründet und ist der wohl älteste bestehende Hersteller der Welt. Zu Joyetech gehören andere Marken wie beispielsweise Wismec. In Deutschland werden viele Produkte über die Hamburger Firma InnoCigs mit eigenem Branding angeboten, die eng mit Joyetech kooperiert.
  • 3% Altria Group
    Die Altria Group ist im Kern Philip Morris, also Marlboro.
    Was in Europa eher weniger bekannt ist: Altria gehört die Cig-a-like Marke MarkTen. Und sie hat inzwischen Green Smoke aufgekauft. Beide sind über die Tabak Vertriebskanäle vor allem in den USA mit ca. 40.000 Verkaufsstellen recht erfolgreich.
  • 2% Kanger Technology
    Kangertech wurde ebenfalls 2007 in Shenzhen gegründet und zählt mit Joyetech zu den Urgesteinen der Branche.
  • 2% Flavourart
    Als einziges europäisches Unternehmen schafft es Flavourart aus Italien in die oberen Plätze. Zwar fertigt das Unternehmen selber nur Liquids und Aromen, ist aber auch in den USA stark vertreten.
  • 1% IVPS Technology
    Auch IVPS aus Shenzhen ist in Europa eher unbekannt. Bekannter ist der Name Smok. Der vor allem mit sehr futuristischen und bunten Designs vor allem an eine junge Zielgruppe adressiert.

Verwerfungen im Vergleich

Der Bericht der Foundation betont, dass es sehr starke Verwerfungen gibt und sich noch keine weltweiten Zahlen für klare Prognosen eignen. Denn jedes Land behandelt die E-Zigarette bisher unterschiedlich. Und es gibt deutliche Unterschiede in den Absatzmärkten.

Beispielsweise unterscheidet sich der US Markt deutlich vom europäischen.
Dort sind Cig-a-likes und geschlossene Systeme weit beliebter als in Europa. Was die Unterschiede in den Absätzen erklärt.




Charles Gardner, Direktor der Foundation, sagte dazu „Die Kategorie wird nicht durch die großen Tabakkonzerne dominiert… Laut Euromonitor hatte BAT 2017 lediglich einen weltweiten Anteil von 4% bei den offenen Systemen und keine der anderen großen Konzerne kam über einen Prozent hinaus.“

Der Markt der USA ist deutlicher Spitzenreiter, mit einigem Abstand gefolgt von Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Italien.

Juul – Aufruhr in den USA

Das zeigt sich besonders deutlich an der E-Zigarette der ersten Generation Juul.
Diese hat in kürzester Zeit die USA erobert und ist wohl hauptverantwortlich für die Panikreaktionen der Gesundheitsorganisationen, die nun zu dem massiven Einschreiten der Zulassungsbehörde FDA geführt hat.
Diese sprach inzwischen von einer „Epidemie“ unter Jugendlichen.

E-Zigarette
Die Juul aus San Francisco

Viele Zahlen grassieren, einige auch von den Newcomern aus San Francisco selber geschürt. So ist teilweise die Rede von Marktanteilen von über 20%.
Zu dem Erfolg beigetragen haben dürfte auch die hohe Nicotin Konzentration von über 50mg, dem fast dreifachen des in Europa zulässigen.

Im Weltweiten Vergleich belegt die Juul mit ihrem einzigen Produkt immerhin noch 4%, in den USA selber waren es 2017 satte 10%.
Die Foundation hat versucht auch diese Bewegung abzubilden. Gemäß der „Nielsen C-Store Database“ hielt die Juul tatsächlich 59% aller Verkäufe in den USA im Jahr 2018.

Gerade startet das Unternehmen mit dem Verkauf u.a. in Großbritannien und Israel. Ob es mit den gesetzlich vorgeschriebenen Höchstdosierungen dort an die Erfolge wir anschließen können bleibt abzuwarten.

Die Konkurrenz ist groß und wächst zunehmend. Es war bereits seit Frühjahr des Jahres eine Renaissance der Geräte der ersten und zweiten Generation deutlich spürbar.
Wie auf der diesjährigen InterTabac in Dortmund zu sehen war, werden in nächster Zeit viele Hersteller mit solchen Podsystemen auf den Markt kommen. Wenn sie es nicht bereits sind.

Was passiert in China?

China National Tobacco ist der mit Abstand größte Tabakkonzern der Welt. Sein Umsatz wird auf etwa 200 Milliarden Dollar geschätzt. (Zum Vergleich: Der zweitplatzierte Philip Morris International ca. 82 Mrd.)

Er wird nur häufig nicht von der Politik und den Medien beachtet. Er fällt häufig auch aus wirtschaftlichen Vergleiche heraus.
Das liegt schlicht daran, dass der Konzern staatlich ist und eng mit der kommunistischen Führung in Beijing (Peking) verwachsen. Genaue Zahlen sind daher unbekannt und gelangen selten an das Licht der Öffentlichkeit. Zumal China inzwischen auch der größte Produzent von Tabak ist.

Auch ist die Politik Chinas bezüglich der E-Zigarette für westliche Stakeholder nur schwer zu beurteilen. Einerseits ist die unbestrittene Hauptstadt der E-Zigarette Shenzhen, die somit Devisen ins Land schaufelt. Andererseits steht China der E-Zigarette mindestens skeptisch gegenüber. In Hong Kong laufen derzeit Bestrebungen die E-Zigarette zu verbieten.

Branchenkenner gehen jedoch inzwischen davon aus, dass über kurz oder lang China National auch in die E-Zigarette einsteigen wird. Oder zumindest in Heat not burn Produkte wie der glo (BAT) oder der IQOS (PMI).
Das dürfte dann weltweit für Wellen sorgen, die derzeit noch gar nicht einzuschätzen sind.

Der Feind des Dampfens

In simplifizierten Erklärungsversuchen neigen viele Dampfer dazu „Big Tobacco“ als Feind der E-Zigarette zu sehen.
Die Zahlen der Foundation dürften zeigen, dass dies mindestens ungenau ist. Wahrscheinlich eher einfach falsch.

Es ist nicht nur so, dass alle privatwirtschaftlichen Tabakkonzerne inzwischen auf die E-Zigarette setzen. Sie halten einen großen Teil des Marktes und gehören zu den größten Stakeholdern.
Auch wenn die Umsätze im Dampfbereich im Vergleich zu den Zahlen durch Zigaretten eher gering sind.

Weltweite Absatzmarkt für Nikotinersatztherapien (Grafik: Global Trends in Nicotine, Foundation for a Smoke-Free World, 10.2018)

Auch diese Überlegung ließ die Foundation in ihren Bericht einfließen und untersuchte die Zahlen der Nikotinersatztherapien. (Nicotine Replacement Therapies, NRT, Kaugummies, Sprays etc.)
Dort zeigte sich, dass die Umsätze in diesem Bereich leicht ansteigen. Die Foundation schätzt einen weltweiten Anstieg auf etwa 4,1 %.
Das bezeichnete sie allerdings als „moderat“. Denn gemäß der Zahlen des Euromonitors gäbe „kaum einen Zweifel“ dass Vaping Produkte Konsumenten von der „NRT Kategorie“ abholt.

Die Organisation schätzt den Jahresumsatz in diesem Bereich auf 2,4 Milliarden Dollar.
Damit hätte der Markt der E-Zigaretten diesen weit überholt.

Die Multis kommen

Wie bereits aufgezeigt steuern die Konzerne langsam aber sichtbar immer weiter Richtung Dampf.
Das macht aus verschiedenen Gründen Sinn.

Nicht nur, dass dort ein Markt der Zukunft ist. Denn immer mehr Menschen wollen eine gesündere Alternative um weiterhin Nikotin konsumieren zu können.
Ein weiterer Faktor ist dafür entscheidend, der dem Laien oftmals nicht sofort ins Auge fällt.

E-Zigarette
Auf mehrere Pferde setzen: Das Nikotinkaugummi von British American Tobacco

Die Tabak Multis sind börsennotiert. Und das bedeutet, dass man hier umdenken muss.
Der Wert eines Aktienunternehmens bemisst sich nicht daran, wieviel es verkauft hat. Sondern daran, wie viel die Anleger dem Konzern zutrauen.
Das zeigt sich am deutlichsten an dem Beispiel den derzeitigen Vorgängen bei der FDA.

Anfang September verkündete Scott Gottlieb gegen die E-Zigarette vorgehen zu wollen.
Was bei vielen Dampfern in den USA zu Panik geführt hat, bescherte den Konzernen satte Zuwächse.
Am gleichen Tag schloss Altria mit einem Plus von 7% die Börse.
Obwohl das Unternehmen in den USA große Anteile des Dampfermarktes hält.

Was gerade passiert und von den Unternehmenssprechern als „strategisches Vorgehen“ bezeichnet wird ist nichts anderes als das Setzen auf zwei Pferde. Geld genug hat man dafür.
Verliert die E-Zigarette, gewinnt die Tabakzigarette. Gewinnt die E-Zigarette, macht man mehr Umsatz.

Das kann viele Vorteile für das Dampfen mit sich bringen.
Doch man sollte nicht zu naiv sein.

Wie die Zahlen erahnen lassen, wird der wirtschaftliche Wettbewerb weniger zwischen Rauch und Dampf ausgetragen werden. Sondern zwischen geschlossenen und offenen Systemen.
Und vor allem die Multis werden ein Interesse daran haben ihre lukrativeren geschlossenen Systeme an den Enddampfer zu bringen.

Wie man bereits sehen kann wird das die Marktentwicklung der nächsten Zeit bestimmen.


Die Foundation und die WHO: https://www.vapers.guru/2017/10/16/offene-konfrontation-mit-der-who/
Homepage der Foundation: https://www.smokefreeworld.org/
Report im Original: https://www.vapers.guru/wp-content/uploads/2018/10/fsfw-report-trends-in-nicotine-1005201811.pdf
Analyse der Foundation: https://www.vapers.guru/wp-content/uploads/2018/10/fsfw_business_transformation_white_paper.pdf

Epidemie unter Jugendlichen: USA prüft Verbot von Aromen

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Joey Hoffmann

Begründer und inhaltlich Verantwortlicher bei vapers.guru
Freier Redakteur, zuvor angestellter und selbstständiger Marketingberater und Mediengestalter, Fachbereich Facebook und Wordpress. Mitglied des Deutschen Fachjournalisten-Verbandes.

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