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Werbeverbot für E-Zigaretten gefordert

Die Steigerung von Zeitungsente

Seit vergangenem Mittwoch geistert eine Meldung durch die Gazetten. Die Krankenkasse fordert ein Werbeverbot für E-Zigaretten.
Nicht nur, dass die zugrundeliegende Studie eigentlich Mumpitz ist. Die Forderung ist auch absurd.
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Am vergangenen Mittwoch veröffentlichte die DAK auf ihrer Plattform einen Artikel, überschrieben mit dem Titel „Werbung für E-Zigaretten verführt Kinder zum Rauchen“.

Zunächst fällt daran bereits auf, dass hier vom Zusammenhang zwischen Werbung für E-Zigaretten und Rauchen gesprochen wird. Eigentlich besagt die Überschrift also, dass Werbung für E-Zigaretten Kinder zum Konsum von Tabakzigaretten animiert. Was sich jedoch im Artikel nicht wiederfindet.
Aber mit derartigen Kleinigkeiten hält die DAK sich nicht lange auf, also wollen wir das auch nicht.

Offensichtlich ist das auch als Pressemitteilung raus gegangen. Denn seitdem geht diese Meldung zeitgleich durch die Medien.

Der Höhepunkt findet sich in der Hamburger Mopo, die am gleichen Tag titelt „Darum sind E-Zigaretten so gefährlich“. Im ganzen Artikel aber nichts zu den angeblichen Gefahren durch E-Zigaretten sagt.
Offenbar reicht die Andeutung dass Werbung zum Dampfen verführen könnte bereits, um eine gesundheitliches Risiko zu unterstellen.
Nach der gleichen Logik ist Werbung für Gummibärchen bereits gefährlich, weil Kinder deshalb Gummibärchen ausprobieren könnten.

Die DAK-Gesundheit

Die Deutsche Angestellten-Krankenkasse ist die älteste Krankenkasse Deutschlands. Sie gilt heute als drittgrößte Kasse mit sechs Millionen Versicherten.

DAK
Die Veröffentlichung der DAK-Gesundheit.

Natürlich kann man Krankenkassen immer leicht eine Nähe zur Pharmaindustrie und Pharmalobby vorwerfen.
In diesem Kontext ist jedoch interessant, wer inzwischen hinter der DAK steht.

Im Jahr 2012 fusionierte die DAK mit der BKK Gesundheit, einer Kasse vor allem für Steuerberater und Juristen. Seit dem ist die offizielle Bezeichnung DAK Gesundheit.
Im gleichen Jahr schloss die DAK sich mit der BKK Axel Springer zusammen. Diese war nur für Mitarbeiter und Familienangehörige der Axel Springer AG zugänglich. Dem Zeitungsverlag, dem u.a. auch die Boulevard Zeitungen Bild und B.Z. gehören und die darüber hinaus für den Zusammenschluss der Zeitung Welt und dem Sender N24 verantwortlich zeichnet.

Erst 2016 schloss die DAK sich dann mit der Betriebskrankenkasse der Beiersdorf AG zusammen. Auch diese stand nur Mitarbeitern der Beiersdorf AG sowie der tesa SE zu.
Die Beiersdorf AG gehört zu großen Teilen einer Holding, die wiederum der Familie Hertz gehört. Diese zählt zu den reichsten Deutschen und taucht immer wieder mal in den Boulevard Blättern auf. Sie ist auch eng mit Tchibo verbunden.

Beiersdorf produziert nicht nur Produkte wie Nivea, Labello und 8×4. Die Gesellschaft ist auch verantwortlich für Hansaplast, Eucerin und über die Tochter BSN medical für einige pharmazeutische Produkte. Vor allem im Bereich der Wund- und Gefässversorgung und der Orthopädie.

Das IFT-Nord

In ihrer Veröffentlichung beruft die DAK sich auf eine Studie des Kieler Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung (IFT-Nord).
Das hatte am 27. November, also genau einen Tag vor der Veröffentlichung der DAK, eine Arbeit unter dem Titel „Electronic cigarette marketing and smoking behaviour in adolescence: a cross-sectional study“ (Marketing von elektronischen Zigaretten und Rauchverhalten bei Heranwachsenden: Eine Querschnittsstudie) in einem Fachmagazin veröffentlicht.

In der Wissenschaft gibt es eine Regel, die gleichsam über allem steht.
Correlation does not imply causation. Das bedeutet ungefähr so viel, dass eine Korrelation nicht automatisch einen Grund beweist.

Was sich kompliziert anhört ist im Grunde recht einfach. Jeder kennt das aus dem Alltag.
Wenn in einem Supermarkt an einer Kasse eine besonders lange Schlange steht und an einer anderen Kasse nur ein Kunde, dann kann es natürlich sein, dass die Kasse mit dem einen Kunden gerade kaputt ist. Und es daher trotzdem lange dauern würde, bis man dran kommt. Es könnte auch sein, dass die Kassiererin an der anderen Schlage besonders schnell ist.
Letztendlich kann es aber auch sein, dass einfach alle anderen Kunden vorher genauso dämlich waren und sich deshalb falsch angestellt haben.
Man kann ganz einfach aufgrund der Informationen keine Aussage darüber treffen, wo es nun schneller gehen würde.

Werbeverbot
Professor Reiner Hanewinkel in einem Live Chat der DAK.

Dass das Kieler Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung und sein Geschäftführer Reiner Hanewinkel, Professor für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie an der Uni Kiel, es mit dem Grundsatz nicht allzu genau nehmen, wurde bereits mehrfach bewiesen.
Dieser steht der DAK offenbar gerne als Ansprechpartner zur Verfügung, das es auch mindestens einen Live Chat der DAK mit dem Herrn Professor zum Thema Alkohol gibt.
Man kennt sich, man grüßt sich.

In der Diskussion um die Verschärfung des Werbeverbotes zur Mitte dieses Jahres hin meldete das IFT-Nord sich bereits mit einer Studie, in der angeblich bewiesen wurde, dass Jugendliche wahrscheinlicher anfangen zu rauchen wenn sie vorher E-Zigaretten probiert haben.
Dass es aber eine Prädisposition für jegliche Art der Drogen gibt, wurde dabei ganz einfach ignoriert.

Es wurde lediglich erhoben, wie viele der jugendlichen Raucher zuvor auch mit E-Zigaretten experimentiert haben. Da der Prozentsatz höher als im Durchschnitt war, schloss das IFT-Nord daraus, die E-Zigarette verleite zum Rauchen.
Wie viele der Jugendlichen auch angefangen hätten zu rauchen wenn es keine E-Zigarette gegeben hätte wurde nicht hinterfragt.

Die Studie

Ganz ähnlich verhält es sich nun mit der aktuellen Erhebung.

Für die angeblich repräsentative Studie wurden 6902 deutsche Schüler befragt, ob sie drei Werbungen für E-Zigaretten kennen würden. Das wurde dann damit abgeglichen, welche der Jugendlichen und Kinder bereits einmal eine E-Zigarette probiert hätten.

Aus dem Ergebnis schlossen Hanewinkel und Kollegen dann, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Jugendlicher anfängt zu rauchen (gemeint ist dampfen) 142% höher liegt, als wenn er die Werbung nicht kennt.

Dass natürlich ein Jugendlicher mit entsprechender Prädisposition, oder gar ein Jugendlicher der selber bereits das Dampfen ausprobiert hat, eine solche Werbung natürlich eher wahrnimmt wurde schlicht ignoriert. Es wurde offenbar auch nicht abgefragt, ob die Jugendlichen das Dampfen ausprobiert haben, bevor oder nachdem sie die Werbung gesehen hatten.




Dass das einmalige Ausprobieren wieder verkürzt mit den ständigen Konsum in einen Topf geworfen wird fällt dabei kaum noch ins Gewicht.

Abgefragt wurde übrigens auch die Nutzung der E-Zigarette.
Dabei zeigte sich, dass 21,7% der Schüler die E-Zigarette ausprobiert haben. Doch nur 3,9% haben dies innerhalb der letzten 30 Tage getan.
Was das für den regelmäßigen Konsum bedeutet, darf sich jeder selber vorstellen. Er dürfte weit darunter liegen.

Welche Werbung überhaupt?

Interessant ist natürlich, welche Werbung den Schülern überhaupt gezeigt wurde.
Denn die Werbung für E-Zigaretten ist in Deutschland ja bereits stark eingeschränkt.

Liest man die Studie genauer, erfährt man, dass es sich um eine Internetwerbung und zwei Fernseh Spots handelt. Die entsprechende Werbung wurde auf Bilder dargestellt, bei denen der jeweilige Markenname unkenntlich gemacht wurde.

Diese wurden dem Kieler Institut wiederum von einer Hamburger Agentur bereitgestellt. Sie stammten aus dem Zeitraum Februar bis April 2016.
Da werden einige Dampfer sicher aufmerksam werden. Denn die Einschränkung der Werbung trat erst mit Verabschiedung des Tabakerzeugnisgesetzes in Kraft. Und das trat erst mit Wirkung zum 20. Mai 2016 in Kraft.

Das bedeutet, die Kieler haben da Tests zu Werbung durchgeführt, die in der Form längst verboten sind.

Bei den beworbenen Marken handelte es sich übrigens um Vype, iSmoker und die Firma Posh, die es inzwischen gar nicht mehr gibt.

Werbeverbot für E-Zigaretten

Um es einmal vorweg zu nehmen: Es gibt kein Werbeverbot für E-Zigaretten.

Die Einschränkungen für die Werbung finden sich in den Paragraphen 19 bis 21 des Tabakerzeugnisgesetzes.
Und die sind überschrieben mit „Gemeinsame Vorschriften für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse“.
Das bedeutet, alle Einschränkungen gelten für Zigaretten, Zigarren, Zigarillos, Pfeifen, Shishas, Kautabak und E-Zigaretten. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Ein explizites Verbot für Werbung für E-Zigaretten gibt es nicht. Und wird es wahrscheinlich auch nie geben.

Umso erschreckender ist es, dass einige in der Online-Dampfer-Echokammer genau auf diesen Zug aufspringen und etwas von einem Werbeverbot für E-Zigaretten fabulieren.
Das ist schlicht falsch. Und es wird nicht dadurch richtiger, dass einige Dampfer es genauso nachplappern.

Unterm Strich

Was von dieser neuerlichen Medienkampagne und Panikmache bleibt ist unterm Strich erschrecken.
Doch es ist so viel, dass es schwer zu argumentieren ist.

Zunächst haben wir ein wissenschaftliches Institut, dass offenbar eine Agenda verfolgt und dabei Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens derart vernachlässigt, dass der geschäftsführende Professor dafür eigentlich selber jeden Studenten durch eine Klausur rasseln lassen müsste.

Dann haben wir eine Studie, die anhand von inzwischen verbotenen Werbungen meint die Schädlichkeit von Werbung bewiesen zu haben. Und das Verbot des inzwischen verbotenen fordert.

Als nächstes haben wir eine Krankenkasse, die ein Verbot der Werbung für E-Zigaretten fordert. Obwohl sie wissen müsste, dass Werbung für Tabak und E-Zigaretten bereits eingeschränkt ist und untrennbar miteinander verbunden ist.
Eine Kasse, übersäht mit unternehmerischen Eigeninteressen, welche die E-Zigarette offenbar in der Überschrift nur als Clickbait nutzt. Da sie im Text selber das gleiche für jede Form von Tabak fordert.

Selbstverständlich haben wir die Medien, die eine solche Meldung begierig aufgreifen und kolportieren, ohne den Hintergrund zu hinterfragen.

Und letztendlich haben wir eine selbsternannte Dampfer Community, die den Unfug auch noch aufgreift und selber verbreitet. In Ignoranz oder offenbarer Unkenntnis der Realitäten.

Das Werbeverbot für Tabak steht übrigens seit mindestens April auf der Agenda in Berlin.
Auf dem Parteitag der CDU wurde beschlossen: Kein Werbeverbot für Tabak. Beschlossen von der Basis.
Warum das nun auf einmal anders sein soll bleibt ein Geheimnis der Gesundheits- und Moralapostel und der Untergangspropheten.
Man kann auch Probleme herbeidiskutieren.

Einige fragen sich, warum über ein Werbeverbot gestritten wird, wenn Werbung längst verboten ist.
„Werbeverbot“ ist verkürzend. Es geht lediglich um ein Verbot für Plakat und Kinowerbung.


Die Studie im Original: http://openres.ersjournals.com/content/4/4/00155-2018
E-Zigarette explodiert, Hoden verbrannt: https://www.vapers.guru/2018/11/14/e-zigarette-entgast-hoden-verbrannt/
Sprecht nicht mit der Presse: https://www.vapers.guru/2018/10/22/sprecht-nicht-mit-der-presse/

Kampagne Desinfomation: Blei im Urin

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Joey Hoffmann

Begründer und inhaltlich Verantwortlicher bei vapers.guru
Freier Redakteur, zuvor angestellter und selbstständiger Marketingberater und Mediengestalter, Fachbereich Facebook und Wordpress. Mitglied des Deutschen Fachjournalisten-Verbandes.

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