Der Streit um die Schleichwerbung geht weiter. Gestern entschied das Landgericht Karlsruhe gegen die Influencerin Pamela Reif. Gemäß dem vorsitzenden Richter ist es egal, ob für ein Posting eine Gegenleistung von einem Hersteller oder Händler erbracht wurde.
Die Gesetze um die Werbung wurden gemacht bevor es Instagram und YouTube gab.
Der Grundgedanke dahinter war, werbende Inhalte für den Verbraucher deutlich zu machen. Sie müssen entsprechend als solche gekennzeichnet sein. Auch erlaubte Werbung auf Homepages, so genannte Advertorials oder Anzeigen in Printmedien.
Vor allem die Social Media Plattformen haben sich inzwischen zu Werbeplätzen entwickelt, auf denen Influencer sich selbst und mit sich bestimmte Produkte an den Mann und die Frau bringen. Beziehungsweise an den Jugendlichen und die Jugendliche.
Im Bereich von Mode und Schmuck, aber auch bei Spielen und Elektronik-Artikeln ist Influencer Marketing inzwischen der heiße Scheiß. Eine junge, netzaffine und konsumorientierte Zielgruppe kann erreicht werden.
Doch damit war die Entwicklung nicht am Ende. Vermeintliche Y- bis Z-Promis machen sich selbst zur Marke und bewerben so Produkte. Vor allem im Mode Bereich werden inzwischen für das Posten eines einzigen Bildes auf Instagram bis zu fünfstellige Beträge gezahlt.
Die Differenzierung zwischen Privatem und Gewerblichem verschwimmt.
Den bisherigen Höhepunkt hat gerade der Influencer und eSportler Ninja erklommen. Dafür, dass er pünktlich zum Erscheinen das neue Spiels Apex Legends in einem Live Stream auf seinem Kanal mit 21 Millionen Abonnenten zockt, hat er vom Hersteller Electronic Arts eine Millionen Dollar kassiert.
Durch die Entwicklung aus einer netzgestützten Grassroot Bewegung ist dies längst gängige Praxis auch bei der E-Zigarette geworden.
Über YouTuber, die neue Produkte ausführlich testen und rezensieren, ist dies über jede Form der redaktionellen Aufarbeitung hinaus inzwischen auf Instagram übergeschwappt.
Vermeintliche Dampfer-Influencer promoten nicht nur die jeweils neusten Produkte, sondern werben auch ganz offen in ihren Profilen für sich. Und fordern Hersteller zur Kontaktaufnahme auf.
Ausführliche Tests und redaktionelle Reviews sind inzwischen eher selten geworden. Nur die großen YouTuber bieten so etwas noch an, die Fülle der Produkte hat so etwas für Amateure unerschwinglich gemacht. Elektronische Tests macht im deutschsprachigen Bereich niemand mehr.
Für den Handel scheint die Promotion durch Influenzer die einzige naheliegende und denkbare Werbemöglichkeit geworden zu sein. Hunderte Produkte werden vor Erscheinen an die Dampf-YouTuber weltweit versendet.
Doch das kann auch sehr nach hinten losgehen, wie das gestrige Urteil des Landgerichts Karlsruhe gezeigt hat.
Abmahnwelle bei Influencern
Derzeit überschwemmt eine ganze Abmahnwelle die Influencer.
Der VSW hatte in diesem Fall die Influencerin Pamela Reif abgemahnt. Die 22 Jährige veröffentlich vor allem Fotos, auf denen Sie auch Mode- und andere Hersteller verlinkt.
Dieser Verband Sozialer Wettbewerb hat sich auf die Fahne geschrieben „auszuloten und zu klären, wann und wie Werbung im Internet zu kennzeichnen ist“. So der Geschäftsführer Ferdinand Salonke.
Alleine am Berliner Landgericht hatte dieser eine Verband im vorletzten Jahr 142 Verfahren angestrengt. Bis Mitte 2018 liefen erneut 82 Verfahren inklusiver Schutzschriften.
Es gibt jedoch noch weitere solcher Abmahn-Vereine.
An dieser Stelle sollte man auch darauf hinweisen, dass jeder andere Marktteilnehmer in einem ähnlich gelagerten Fall ebenfalls abmahnen könnte. Die Anwaltskosten werden üblicherweise dem Abgemahnten in Rechnung gestellt. Zusätzlich wird meist eine Unterlassungserklärung verlangt, in der entsprechende Strafen bei Zuwiderhandlung festgelegt sind.
Im Falle von Reif hatte der Verein drei Postings bemängelt und eine solche Unterlassungserklärung verlangt.
Im Text zu den bemängelten Bildern hatte Reif den jeweiligen Hersteller mit einem @ verlinkt.
Auf Instagram gibt es drei Abstufungen von Erwähnungen anderer Konten.
Zum einen kann man beispielsweise den Hersteller eines Produktes einfach mit einem Hashtag erwähnen. (#vapersguru)
Zum zweiten kann man den Hersteller verlinken, indem man ihn mit dem @ Symbol erwähnt. (@vapers.guru) Darüber wird der Kontoinhaber dann informiert und der Nutzer kann dort drauf klicken und gelangt auf die Seite des jeweiligen Verlinkten.
Die dritte Stufe ist die Verlinkung im Bild.
Wer einmal wirbt, dem glaubt man nicht…
„Wer sich entscheidet mit Instagram Geld zu verdienen, dem ist die Möglichkeit genommen, dort privat unterwegs zu sein“ sagte der vorsitzende Richter gestern bei der Urteilsverkündung.
Doch die Bestimmungen zur Werbung sind recht eindeutig. Es muss nicht ausdrücklich Geld fließen, jede Gegenleistung und jeder geldwerte Vorteil reicht bereits aus.
Die Überlegung dahinter ist, wie auch schon in anderen Prozessen, dass derjenige mit jedem Posting ja auch Werbung für sich als Influencer macht. Er selber wird zu einem Unternehmen, das sowohl um Klicks wie auch um Unterstützung durch Hersteller und Händler wirbt.
Ausschlaggebend scheint dabei jedoch auch die zuvor erwähnte Art der Verlinkung oder Erwähnung zu sein.
Im Januar ging der Prozess um die Influencerin Vreni Frost in der bereits zweiten Instanz zu Ende. Mit einem Teilerfolg. Sie wurde ebenfalls wegen drei Postings abgemahnt. Bei einem hatte Sie jedoch den Hersteller nicht verlinkt sondern nur mit einem Tag erwähnt. Zusätzlich konnte sie dem Gericht für das Produkt eine Quittung vorlegen. Daher hielt das Kammergericht Berlin dies nicht für Werbung sondern für eine Serviceleistung.
„Wenn das Zeit Magazin ein Rezensionsexemplar von einem Bildband geschickt bekommt und darüber schreibt, ist es eine redaktionelle Leistung. Wenn meine Redaktion den gleichen Bildband bekommt und ich es rezensiere, muss ich Werbung dazu schreiben. Warum ist das so? […]
Es werden regelmäßig im redaktionellen Teil Produkte empfohlen mit Preis, Link und Kundenhotline – und ein paar Seiten später taucht die Anzeige des gleichen Produkts auf. Da sieht man mal, wie unabhängig Medien sind“.
Vreni Frost, Januar 2019
Entgegen der Argumente von Vreni Frost bewerteten alle Gerichte bisher ausführliche Besprechungen eines Produktes nicht als Werbung, sondern als redaktionelle Serviceleistung. Selbst wenn sie verlinkt sind und Preise genannt werden.
E-Zigarette: Werbung verboten!
Vreni Frost ist seither dazu übergegangen, einfach jedes Posting mit dem Hashtag „Werbung“ zu kennzeichnen. Womit sie rechtlich auf der sicheren Seite ist.
Doch die berechtigte Kritik daran ist, dass viele somit einfach alle Postings als Werbung kennzeichnen würden. Die Nutzer würden dies dann schnell ausblenden, wie das Rauschen einer Autobahn. Womit der eigentliche Sinn des Verbraucherschutzes wieder verloren ginge.
Wie auch die Landesmedienanstalten nicht müde werden zu betonten geht es hier darum, eine Rechtssicherheit zu erhalten.
Der Streit um die Werbung auf Social Media hat in der Branche der E-Zigarette jedoch eine besondere Relevanz.
Die Werbung für E-Zigaretten, Zubehör und nikotinhaltige Liquids ist verboten.
Das bedeutet: würden die anderen Bestimmungen zur Werbung greifen und man müsste ein Posting mit dem Verweis auf Werbung kennzeichnen, dürfte man es eigentlich gar nicht veröffentlichen.
Der jeweilige Ersteller würde dann nicht nur eine Abmahnung durch einen Verein oder einen anderen Marktteilnehmer riskieren. Sondern auch ein entsprechendes Verfahren wegen unerlaubter Werbung.
Gemäß § 35 Tabakerzeugnisgesetz kann jeder einzelne Verstoß gegen das Werbeverbot mit einem Bußgeld bis zu 30.000 Euro geahndet werden, hinzu kämen eventuelle Gerichts-, Abmahn- und Anwaltskosten.
Da die Hersteller häufig im Ausland sitzen, wo solche Dinge nur schwer justiziabel sind, würde das Gericht sich an den jeweiligen Influencer halten.
Bisher scheinen die Abmahnvereine aber noch nicht auf die Dampf-Branche aufmerksam geworden zu sein.
Checkliste
- Es ist irrelevant, ob man für ein Posting Geld bekommen oder nur das Produkt zur Verfügung gestellt bekommen hat.
- Wirbt man auf seinem Profil dafür, dass Händler oder Hersteller für einen Support Kontakt aufnehmen sollen, wird sicher jeder Richter ein gewerbliches Interesse für jedes Posting auf dem Profil unterstellen.
- Verweis man in einem Posting nur auf eine längere, redaktionelle Besprechung (beispielsweise auf einen Blog Beitrag oder auf ein Video auf YouTube) ist es nach derzeitiger Entscheidungslage keine Werbung und muss nicht gekennzeichnet werden.
- Jeglicher Beitrag für Produkte, die dem Werbeverbot unterliegen, sollte vermieden werden, wenn nicht auf eine redaktionellen Beitrag verwiesen wird.
- Ein Verweis auf „Werbung“ ist nicht ausreichend, wenn es sich um Produkte handelt, die dem Werbeverbot unterliegen (E-Zigaretten, Zubehör, nikotinhaltige Liquids). Damit ist das Posting verboten und kann auch von jedem anderen Marktteilnehmer abgemahnt werden.
- Eine einfache Erwähnung des Herstellers (mit oder ohne Hashtag) im Fließtext wiegt nach derzeitiger Entscheidungslage nicht so schwer wie eine Verlinkung auf ein Angebot oder die Seite eines Händlers oder Herstellers.
- Die Gesetze galten bereits bevor es Social Media gab. Es ist für eine Abmahnung unerheblich von wann ein Posting ist.
- Konkrete Angebote (Preisnennung, Verlinkung) für Produkte, welche dem Werbeverbot unterliegen, können als verbotene Werbung interpretiert werden.
Perlen des Influencer Marketings (Facebook): https://www.facebook.com/influencerperlen/
Influencer Opfer (Instagram): https://www.instagram.com/boyfriends_of_insta/
Joey Hoffmann
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