- dpa Meldung zu einer Studie, die angeblich einen „möglicherweise krebserregenden Stoff“ in E-Zigaretten entdeckt hat
- Die Studie sagt nicht das aus, was in den Medien zu lesen ist
- Der Aromastoff wird von der WHO gar nicht als krebserregend eingestuft
- Die Studie weist erhebliche Mängel auf und erlaubt methodisch keinen Rückschluss auf mögliche Gesundheitsgefahren
Seit heute Morgen geht die nächste Horrormeldung zur E-Zigarette durch die Medien.
Angeblich hätten Forscher in den USA einen „möglicherweise krebserregenden Stoff“ in E-Zigaretten „entdeckt“.
Ein Team um Dr. Sven-Eric Jordt an der Duke University School of Medicine in North Carolina hatte Zigaretten, Kautabak und E-Zigaretten untersucht.
Dabei hatten sie die Konzentration des Inhaltsstoffs Pulegon gemessen und verglichen.
Die Studie erschien gestern auf der Plattform Jama Network unter dem Titel „Risk Analysis for the Carcinogen Pulegone in Mint- and Menthol-Flavored e-Cigarettes and Smokeless Tobacco Products“ (Risikoanalyse für karzinogenes Pulegon in E-Zigaretten und rauchlosen Tabakprodukten mit Mint- und Menthol Geschmack.)
Der Titel selber macht bereits die erste Verzerrung der Pressemitteilungen deutlich.
Es wurde kein unbekannter oder unerwarteter Inhaltsstoff „entdeckt“. Es war völlig klar, dass die Produkte Pulegon enthalten. Denn das ist ein zugelassener Zusatzstoff für Lebensmittel.
Pulegon ist ein natürlicher Bestandteil unter anderem der Polei-Minze, von der er auch seinen Namen hat.
Pulegon ist nicht als krebserregend eingestuft
Doch nicht nur die Medien neigen zu solchen verzerrenden Darstellungen.
Entgegen des Titels der Arbeit ist Pulegon nicht als krebserregend eingestuft, sondern als „möglicherweise krebserregend“. Was in der Wissenschaft einen großen Unterschied macht. Dazwischen käme noch die Abstufung „wahrscheinlich“.
Pulegon ist in größeren Mengen gesundheitsschädlich. Wie viele andere Lebensmittel auch.
Es reizt die Schleimhäute und Augen und bei Verschlucken auch den Darmtrakt.
Daher wird es vorsorglich in die so genannte Kategorie 2B der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation WHO eingestuft
Dort landen Stoffe, die solche Reizungen hervorrufen können.
Um das verständlich zu machen: Diese Einstufung kennt keine Stufe „nicht krebserregend“. Das harmloseste ist „wahrscheinlich nicht krebserregend“, dazwischen liegt „nicht eingestuft“, danach kommt bereits die Kategorie 2B mit Pulegon.
Der Zusatzstoff wird in vielen Bereichen verwendet, vor allem in der Kosmetik und Waschmitteln. Aber auch in Lebensmitteln wie Kaugummis und Tic Tacs. Die größte Konzentration findet sich in solchen Lutschpastillen.
Und es gibt dazu eine EU Richtlinie mit entsprechenden Höchstwerten.
Es wurde nichts „entdeckt“
Was die Forscher in North Carolina nun gemacht haben, ist sehr einfach. Sie haben nämlich selber gar keine Experimente an Tieren, geschweige denn Menschen, durchgeführt. Sondern sie haben ganz einfach die Menge des jeweils enthaltenen Pulegon verglichen.
Verglichen wurden fünf Menthol Liquids für E-Zigaretten von drei Marken und einen „Xtra Mint“ Kautabak.
Als Vergleich haben sie bestehende Maßstäbe der FDA für Lebensmittel herangezogen, die in Tierversuchen getestet wurden. Und sie haben das dann mit Mengen in Tabak Zigaretten verglichen, wofür sie bestehende Daten der Seuchenschutzbehörde CDC verwendet haben.
Es wurden also gezielt Produkte gewählt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit eine hohe Konzentration von Pulegon aufweisen.
Das Problem daran erschließt sich jedem Laien. Es wurden Maßstäbe für die Nahrungsaufnahme über den Verdauungstrakt für die Inhalation angewendet. Die aber durch Zigaretten, Liquid und Kautabak wüst vermengt wurden.
Es wurde gar nicht die tatsächliche Aufnahme gemessen. Also das, was der Konsument nun beim Kautabak wohlmöglich verschluckt oder was bei der Inhalation über die Lunge in den Organismus gelangt.
Der getestete Kautabak wies ähnliche Konzentrationen wie die Liquids auf.
Die Forscher selber gaben das auch in der Studie an. „Inhalation toxicity data for pulegone are not available.“ Was nichts anderes bedeutet als dass es keine Daten zu einer möglichen Toxizität eines Stoffes, der bereits als Lebensmittel nur „möglicherweise Krebserregend“ ist, gibt.
Unterm Strich
Fasst man das zusammen, ergibt sich ein ernüchterndes Bild…
- Die Forscher haben keinen Stoff „entdeckt“, er ist zugelassen in Lebensmitteln, Zigaretten und in Liquids enthalten. Er wurde gezielt gemessen.
- Pulegon wird anders als behauptet nicht als krebserregend eingestuft.
Gemäß WHO ist es vorsorglich als „möglicherweise karzinogen“ eingestuft. Weil es reizend ist und es trotz Jahrzehnten der Verwendung in Lebensmitteln keinen Nachweis gibt.- Die Forscher haben keine Experimente durchgeführt, sondern den Inhalt verglichen.
- Die Forscher haben einen Maßstab der FDA verwendet (NOAEL) der für Lebensmittel vorgesehen ist. Dieser wurde nicht am Menschen, sondern an Versuchstieren gemessen.
- Die Forscher haben nicht gemessen, wieviel tatsächlich aufgenommen wird, sondern wieviel in den Produkten enthalten ist. Inhalation wird willkürlich mit der Aufnahme durch den Verdauungstrakt vermischt.
- Die Forscher geben selber an, dass es keine Daten für eine Toxizität durch Inhalation gibt.
Was die Medien daraus machen
Die Veröffentlichung an sich ist bereits vielsagend.
Die Menthol Zigaretten werden nicht erwähnt. In einigen Berichten wird behauptet die Forscher hätten diese selber getestet. Obwohl sie nur die Zahlen der CDC übernommen haben.
Es wird vorausgesetzt, dass Pulegon krebserregend ist, wofür es gar keinen Hinweis gibt. Erst recht nicht bei der Inhalation.
Teilweise wird behauptet, Pulegon sei in den USA in Lebensmitteln verboten. Was falsch ist. Seit 2018 ist synthetisches Pulegon verboten. Was lediglich bedeutet, dass es verboten ist, den natürlichen Bestandteil der Minze im Labor nachzubauen.
Die Medien titeln bewusst mit dem „möglicherweise“ krebserregenden Stoff. Dass er aber auch in Kaugummis und Zahnpasta möglicherweise krebserregend ist, wird weggelassen.
Es wird gar nicht erwähnt, dass Pulegon in tausenden Lebensmitteln und Kosmetikprodukten enthalten ist. Dafür wird der natürliche Bestandteil der Minze als „Chemikalie“ bezeichnet.
Zusammen mit der Behauptung, Forscher hätten ihn „entdeckt“, entsteht das Bild im Kopf des Lesers, die Hersteller hätten einen gefährlichen Stoff heimlich beigemischt.
Und in allen Berichten wird dies wiederum mit dem Hinweis auf die Geschädigten und Toten durch E-Zigaretten in den USA untermauert. Die jedoch, und das geben inzwischen auch die Behörden und große Medien wie die Washington Post so an, nicht durch die E-Zigarette zu Schaden kamen.
Sondern durch einen Zusatzstoff, der THC haltigen Liquids beigemischt wurde. (Link unten)
Das ganze beruht auf einer Meldung der Deutschen Presseagentur. Weshalb in den nächsten Tagen sicher weitere Medien den Bericht veröffentlichen werden.
Da die dpa Meldung nur einen Tag nach der Veröffentlichung der Arbeit herausgeht spricht für sich.
Aromen sollen verboten werden: https://www.vapers.guru/2019/09/12/verbot-von-e-zigaretten-mit-aroma/
Spiegel deckt Machenschaften der Dampfgegner auf: https://www.vapers.guru/2019/08/24/spiegel-deckt-machenschaften-gegen-die-e-zigarette-auf/
Joey Hoffmann
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