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„Fragwürdige Seriosität“: Studie vergleicht Tabak und E-Zigarette

Akademische Lobbyarbeit aus Mainz

In der vergangenen Woche wurde eine neue Studie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz veröffentlicht. Diese wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Thomas Münzel verfasst und ist im European Heart Journal erschienen. (Link unten)

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Inzwischen sind dazu einige Beiträge veröffentlicht worden, unter anderem in der Daily Mail, beim Bayerischen Rundfunk und natürlich in der Bild.
Und sie ist von einigen Wissenschaftlern bereits negativ kommentiert worden.

Laut Medienberichten hätten die Wissenschaftler „zum ersten mal die Schädlichkeit von Zigaretten, Shisha und E-Zigaretten verglichen“.
Das ist gleich in mehrfacher Hinsicht falsch oder mindestens irreführend.

Vor allem handelt es sich bei der Arbeit nicht um eine Studie, sondern um einen Übersichtsartikel.
Das bedeutet, für die Arbeit und die angeblichen Ergebnisse wurde weder geforscht noch wurden dafür neue Erkenntnisse gewonnen.

„Fragwürdige Seriosität“

Die 16 seitige Arbeit ist mit anschaulichen Grafiken unterlegt. Das ist zwar nett anzusehen, erfüllt aber keinen wissenschaftlichen Zweck.
Auch das ist ein Indikator dafür, dass wohl nicht wissenschaftliche Forschung Motivation und Inhalt der Arbeit ist.

Grundsätzlich sind solche Arbeiten, die Ergebnisse anderer Arbeiten zusammenfassen, richtig und sinnvoll. Sie werden Meta-Studien genannt.
Das ist beispielsweise genau das, was Public Health England seit Jahren regelmäßig zur E-Zigarette macht und veröffentlicht.

Das Problem des Artikels aus Mainz ist allerdings, dass er keiner Systematik folgt. Es ist nicht ersichtlich, warum bestimmte Studien rezipiert wurden und andere nicht.
So beurteilte das beispielsweise Prof. Dr. John Britton, Direktor des Zentrums für Tabak & Alkohol Studien der Universität Nottingham. Er bescheinigte der Arbeit eine „fragwürdige Seriosität“.

„[…] beispielsweise, dass der Konsum von E-Zigaretten das Risiko für COPD um 194 Prozent steigert. Aber COPD ist eine Erkrankung mit einer Entwicklungszeit von Jahrzehnten. Ein Risiko direkt der E-Zigarette zuzuschreiben – die erst seit weniger als einem Jahrzehnt bekannter ist und vor allem von ehemaligen Rauchern genutzt wird – ist unangemessen.“

Prof. Dr. John Britton, Director of the UK Centre for Tobacco & Alcohol Studies, University of Nottingham, Science Media Center, 26.06.2020

Ablehnung in der wissenschaftlichen Community

Die Veröffentlichung weist weitere Ungereimtheiten dieser Argumentation auf. Wie u.a. auch Dr. Nick Hopkins vom Imperial College London erklärte.

Es sei davon auszugehen, so Hopkins, dass diejenigen Raucher, die auf eine E-Zigarette umgestiegen seien, starke Raucher waren. Daher seien Erkrankungen wie COPD oder ein Herzinfarkt auch eher auf den vorherigen Konsum von Tabakzigaretten zurückzuführen.
Er verwies auf Ergebnisse, dass bei ehemaligen Rauchern, die auf die E-Zigarette umgestiegen seien, „substanzielle Verbesserungen“ in der Endothel Funktion nachgewiesen sind.

„Bisher hat keine Studie akkurat und umfassend die Ursachen von vorherigem Zigarettenrauchen bei der vaskulären Störung bei E-Zigaretten Konsumenten gemessen. Obwohl wir wissen, dass die meisten ehemalige Raucher waren oder Dual User sind.“

Prof. Dr. Jacob George, University of Dundee, Science Media Center, 26.06.2020

Auch Prof. Dr. Jamie Brown, stellvertretender Direktor der Alkohol & Tabak Forschungsgruppe am University College London, war in seinem Urteil sehr eindeutig.
Zwar würde die Mainzer Arbeit bestätigen, dass E-Zigaretten weniger riskant seien. Doch um Sicherheit zu bekommen, sei es entscheidend transparent und systematisch zu sein, wie Studien ausgewählt und bewertet werden. „Das Vorgehen dieser klinischen Betrachtung ist unübersichtlich.“

Als Quelle wurde in dem Artikel unter anderem auch eine Arbeit von Dr. Glantz angegeben.
Der bekannte Lobbyist aus San Fransisco hatte sich in der Vergangenheit bei mehreren Studien fragwürdiger Zahlenspielerein bedient. Die zwar in den Medien gerne zitiert, aber in der Fachwelt durch die Bank verrissen wurden.



Corona darf nicht fehlen

In den Medien wird gerne ein Aufmacher verwendet, der aus völlig unerfindlichem Grund in der Arbeit steht.
Die Nutzung von Zigaretten, Shishas und E-Zigaretten würde das Risiko eines ernstzunehmenden Verlaufes bei einer Covid-19 Erkrankung erhöhen. Das hätte auch die WHO so bestätigt.

Das ist grundsätzlich richtig. Wird aber derzeit von Lobbyisten und Medien instrumentalisiert.
Denn wenn Covid-19 die Lunge angreift, ist ganz selbstverständlich, dass Menschen mit Lungenproblemen auch ein höheres Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs haben. Also auch Alte, Asthmatiker und ähnliche.

Eine Schädigung der Lunge durch das Rauchen entwickelt sich aber – wie bereits erwähnt – durch jahrzehntelangen Missbrauch. Es dürfte also keine Rolle spielen, ob nun jemand mit dem Rauchen anfängt oder aufhört.
Eine Lungenschädigung durch E-Zigaretten ist bisher nicht einmal nachgewiesen.
Wissenschaftliche Ergebnisse gibt es dazu bisher keine. Egal was die WHO mutmaßt.

Warum eine solche Äußerung zu einer sehr akuten und weitestgehend unerforschten Situation überhaupt in so einem Übersichtsartikel steht, bleibt das Geheimnis der Mainzer Wissenschaftler.

Es wäre müßig die Arbeit und die getroffenen Aussagen einzeln zu besprechen. Denn es sind ja eben keine neuen Aussagen, sondern es ist eine unsystematische Zusammenstellung von Aufgewärmten.
Sinnvoller wäre es zu betrachten, von wem diese Arbeit kommt und wer sie bezahlt hat.

Münzel und die Dampfe

Prof. Dr. Thomas Münzel von der Universität Mainz

Bereits im November 2019 hatte Professor Münzel eine Studie veröffentlicht, die sich mit der E-Zigarette beschäftigt hat. (Bericht dazu unten)

In einem nach Marketing-Techniken gesteuerten Roll Out wurden Journalisten in einer Pressekonferenz der Uni Mainz die angeblich bahnbrechenden Ergebnisse präsentiert. Über die dann auch im Sinne der Veröffentlichenden berichtet wurde.

Dazu wurden einmal Mäuse mit Mengen bedampft, die sich kein Konsument tatsächlich zuführen würde. Noch dazu aus einer Ego C, einem überalterten Produkt, dass inzwischen nicht einmal mehr auf dem Markt ist.
Zum anderen wurden Reaktionen von Konsumenten unmittelbar nach dem Konsum gemessen, die jedoch keinen wirklichen Hinweis auf langfristige Folgen zulassen.

Daher wurde die Arbeit von vielen Wissenschaftlern abgelehnt.

„Die Anti-E-Zigaretten-Einstellung von Kollegen Münzel wurde bereits im Juni 2014 ersichtlich, als er im SWR erklärte „Die E-Zigaretten enthalten mehr Schadstoffe als gewöhnliche Zigaretten“. Das hat damals […] nach meiner Kritik auch zur Beendigung unserer guten Beziehungen geführt.“

Prof. Dr. Bernd Mayer, Universität Graz, Facebook, 13.11.2019

Wer die Kapelle bezahlt, bestimmt was gespielt wird

Unterstützt wurde diese Studie von der Stiftung Mainzer Herz. In deren Vorstand Prof. Münzel praktischerweise selber sitzt.

Bezahlt wurde diese Studie, wie auch die des letzten Jahres, von dem deutschen Unternehmen Boehringer Ingelheim. Der Pharmakonzern fördert die biologische Forschung der Universität Mainz seit Jahren mit Beträgen im dreistelligen Millionenbereich.

Bekannt wurde das jedoch erst, nachdem ein Wirtschaftswissenschaftler darauf aufmerksam geworden ist.
Da die Informationen jedoch von der Universität verweigert wurden, wurden sie später von einem Journalisten eingeklagt.

Unterm Strich bleibt also ein Artikel, der keine Neuigkeiten beinhaltet. Sondern beliebige ältere Ergebnisse aufwärmt, die gerade in den Kram passen. Und damit eigentlich auch keine wissenschaftliche Relevanz hat.
Von einem Professor, der nachweislich von einem Pharmakonzern Geld angenommen hat. Einem Konzern, der nicht nur die Universität mit dreistelligen Millionenbeträgen unterstützt. Sondern auch gleich die Studie bezahlt hat.

Es ist schwer zu glauben, dass das alles geschieht, um selbstlos über Risiken aufzuklären.


Der Artikel im Original (PDF, Guru Server): https://www.vapers.guru/wp-content/uploads/2020/06/Muenzel2020.pdf
Video von Simon Bauer (Vape Scene Investigation): https://youtu.be/BZY8YN-Y5y8

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Joey Hoffmann

Begründer und inhaltlich Verantwortlicher bei vapers.guru
Freier Redakteur, zuvor angestellter und selbstständiger Marketingberater und Mediengestalter, Fachbereich Facebook und Wordpress. Mitglied des Deutschen Fachjournalisten-Verbandes.

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