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Macht Convenience den Dampf-Markt kaputt?

Verdrehung von Ursache und Wirkung

Gestern argumentierte ein Nutzer in unserer Facebook Gruppe, die Pod Systeme hätten den E-Zigaretten-Markt kaputt gemacht. So etwas liest man öfter. Das ist eine Verdrehung von Ursache und Wirkung.

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Betrachten wir zunächst einmal, was die Zigarettenindustrie macht.
Die Hersteller bringen sehr ähnliche Produkte auf den Markt. Die über Jahre und Jahrzehnte kaum verändert werden.

Je nach Umfrage wechseln über 80% der Zigarettenraucher höchstens einmal im Leben die Zigarettenmarke. Im Marketing und der Werbung geht es also ausschließlich darum, der Konkurrenz Kunden abzuluchsen.

Bei E-Zigaretten läuft es völlig anders.
Denn zunächst ist die E-Zigarette ein Produkt, das nach wie vor in der Entwicklung ist. Was haben wir schon alles an Gimmicks gesehen: Temperatur-Dampfen, Akkuträger die über das Handy bedient werden können, Touchscreens. Nur wenige Unternehmen bringen ein Produkt auf den Markt, das über lange Zeit so bleibt wie es ist. Und das sind – wenig überraschend – ausgerechnet die Tabakkonzerne; beispielsweise die My Blu von Reemtsma oder die Vype von BAT. Aber auch die ursprünglich unabhängige Juul, in die Altria sich dann einkaufte.

Kurzlebig und schnell

Wichtig für einen solchen Markt ist nicht nur die Erstbestellung. Also wenn die Einzelhändler bestellen und sich neue Produkte ins Regal stellen. Nicht dieses Vollmachen der Regale ist wichtig. Denn selbst wenn 2000 Vape Shops ein Produkt nur jeweils zehn Mal kaufen, sind das 20.000 verkaufte Stück.
Wichtig ist die Zweitbestellung. Erst sie zeigt, ob das Produkt wirklich vom Verbraucher nachgefragt wird.

Die mittelständigen Hersteller können es sich nicht leisten, für Ihr Produkt derart in Imagewerbung zu investieren. Im Gegenteil, viele Händler verzichten eher auf Werbung. Denn nur eine Werbung mit einem klaren, produktbezogenen Inhalt – also eigentlich Online-Angebote, die inzwischen verboten sind – macht für sie scheinbar Sinn. Ein Fehler.
Ähnlich wie ein Supermarkt für sich Werbung macht (Prospekte), Supermarktketten und Hersteller machen andere Werbung (Fernsehwerbung).

Der Markt der E-Zigarette funktioniert kurzlebig und schnell. Die Produkte haben eine hohe Fluktuation.
Denn ein Hersteller kann mit diesen Mitteln nur eine begrenzte Anzahl von Produkten absetzen. Also erschafft er neue Produkte. Dadurch wird die Nachfrage hochgehalten. Das sahen wir bisher bei Verdampfern, Akkuträgern und vor allem bei Shake & Vape Liquids.
Das ist eine Spielart dessen, was es heißt, eine Nachfrage künstlich zu schaffen.

Zuwächse Fehlanzeige

Das hat, gestützt durch die Umsatzzahlen, offenbar dazu geführt, dass viele den Markt für unendlich wachsend gehalten haben. Doch das tut kein Markt.
Zwei Faktoren sind dafür entscheidend.

Zum ersten sind immer weniger Raucher auf die E-Zigarette umgestiegen. Das kann man nicht direkt belegen. Aber man kann es aus den Zahlen der Branche und beispielsweise der fortlaufenden DEBRA-Studie schlussfolgern.

Und zweitens findet bei den alteingesessenen Konsumenten irgendwann eine Ermüdung statt. Sie haben nicht mehr das, was von Dampfern gerne selbstironisch der Haben-Will-Virus genannt wird. Viele Dampferinnen und Dampfer haben irgendwann ihr Gerät und ihr „Allday“ Liquid gefunden und nutzen es lange, ohne sich etwas Neues zu kaufen.

Und genau diese Entwicklung konnten viele Einzelhändler bereits vor dem Einbruch durch Corona bestätigen. Seitdem dieser auch vorbei ist, scheinen die Zahlen sich seit dem letzten Jahr zu verfestigen. Zuwächse sind mutmaßlich nur auf die derzeit gehypten Disosables zurückzuführen.

Mit dieser Stagnation können diejenigen Hersteller umgehen, die von vorn herein auf langlebige Produkte gesetzt haben. Aber nicht diejenigen, die vor allem davon lebten, in hoher Frequenz neue Produkte auf den Markt zu werfen.



Absatzmärkte schaffen

Sehr viele Raucherinnen und Raucher sind es gewohnt ihre Zigaretten zu kaufen, die Packung zu öffnen und zu rauchen. Die Auseinandersetzung mit Ohm, Coils und Watt ist ihnen zu viel. Und diejenigen mit einem Faible für Technik und Fummelei sind längst umgestiegen.

Wer das bezweifelt, sollte einmal darüber nachdenken, dass der Hauptumsatz nach wie vor mit Zigaretten gemacht wird. Obwohl das Stopfen von Zigaretten weit günstiger ist, bevorzugen die meisten nach wie vor die immer teurer werdenden Zigaretten.

Aus Sicht der Hersteller war es also naheliegend, immer weiter Richtung Convenience zu gehen. Nur dadurch konnten neue Käufer erreicht werden. Nur dadurch konnten neue Raucher von einem Umstieg überzeugt werden. Und nur dort kann das Geschäftsmodell der künstlichen Nachfrage durch neue Produkte zumindest mittelfristig weiter Erfolg versprechen.

Tausch von Ursache und Wirkung

Nicht die Pod Systeme haben den Markt kaputt gemacht. Auch nicht die Disposables.
Der Markt ist nicht einmal „kaputt“. Er hat sich verlagert.

Und auch der Markt der Selbstwickler, Subohmer und Zweier-Akkuträger ist nicht kaputt. Er stagniert. Daher wird das Angebot mittelfristig schrumpfen, weil Händler und Hersteller sich umorientieren.

Zudem findet der Absatz von Pod Systemen immer mehr und der Absatz von Disposables zu großen Teilen nicht im Fachhandel statt. Das ist nur das Schlüsselloch, durch das die Dampfer und Fachhändler schauen. Er findet an Tankstellen, in Kiosken und Supermärkten statt.

Wer solche Systeme bevorzugt, findet sie weiterhin.
Was „kaputt“ geht ist nur die Nachfrage. Die durch ständig neue Geräte hochgehalten wird. Die Blase.
Es bleibt abzuwarten, wie dieser Markt darauf reagiert. Ob die vor allem chinesischen Hersteller umschwenken auf langlebigere Produkte, die über lange Zeit unverändert bleiben. Und ob die Händler das so annehmen werden. Denn auch sie lebten ja von dieser künstlich erzeugten Nachfrage. Obwohl es für die Einzelhändler sicher auch mehr Druck als Vorteil ist.
Die wievielte Caliburn und der wievielte Crown sind jetzt draußen?

Was dabei sicher zumindest leidet, ist das Gemeinschaftsgefühl einer kleinen Gruppe von Dampfern, die sich einer sozialen Gruppe zugehörig fühlten und das Dampfen zum Hobby gemacht haben. Und zur Selbstidentifikation. Wie Independent-Musik, die plötzlich Mainstream wird.

In jedem Fall wird in der Perspektive, Convenience Produkte hätten den Markt kaputt gemacht, Ursache und Wirkung verdreht.
Nicht die Pod Systeme und Disposables haben den Markt kaputt gemacht. Sondern der kurzlebige Markt hat sie erschaffen.

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Joey Hoffmann

Begründer und inhaltlich Verantwortlicher bei vapers.guru
Freier Redakteur, zuvor angestellter und selbstständiger Marketingberater und Mediengestalter, Fachbereich Facebook und Wordpress. Mitglied des Deutschen Fachjournalisten-Verbandes.

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