Alles was wir zu uns nehmen ist irgendwie reguliert. Kaum etwas ist strenger reguliert als Lebensmittelherstellung, von der Suppenküche bis zum Konzern. Vielleicht noch der Waffenexport, aber dann wird es auch schon eng. Es ist also halbwegs illusorisch zu denken, Millionen von Menschen würden sich in der westlichen Hemisphäre Nikotin reinziehen, und die Staaten würden das nicht irgendwann regulieren. Und extra besteuern.
Das hat ja auch etwas Gutes. Es bring dem Endverbraucher -in unserem Fall dem Vaper- eine gewisse Sicherheit. Dass er sich da nicht alte Autoreifen reinzieht, die in einer Garage in Ethanol aufgelöst wurden.
Die Behörden stehen dabei aber vor einem Dilemma. Denn Behörden sind träge und potentiell dämlich. Sie reagieren auf Züge die längst abgefahren sind. Selbst wenn sie es gut meinen. …und wir alle wissen, „gut gemeint“ ist die bucklige, promiskuitive Schwester von „scheiße“. Meist meinen sie es noch nicht einmal gut. Aber das ist ein anderes Thema.
Die Behörden stehen weltweit gerade vor dem Problem, ob E-Zigaretten nun Tabak oder Medizin sind. Auf die Idee eine dritte Klassifikation dafür aufzumachen kommen sie nicht. Das ist das eigentliche Problem an der TPD2, und das ist auch das Problem in den USA. Man entscheidet sich also eher dafür, E-Zigaretten als Tabak Produkt anzusehen. Denn sie könnten Nikotin enthalten -auch wenn man das sogar aus Kartoffeln gewinnen kann- und da wird etwas inhaliert. Streng genommen ist diese Einstufung bereits völliger Unfug.
Den Vogel abgeschossen hat nun die FDA mit der anstehenden Regulierung der E-Zigaretten in den USA. Das ist ganz großes Damentennis. Und es wiegt umso schwerer, weil die zukunftsunkritischen Amis das Land mit den meisten Vapern und die treibende Kraft auf dem Markt sind. Bei Liquids bereits mehr als China.
Die FDA
Die FDA ist die Food and Drug Administration der Vereinigten Staaten. Auf Deutsch wäre das etwa zu übersetzen mit Lebensmittel und Arzneimittel Behörde. Die sind zuständig für die Zulassung von Essen und Tabletten.
Bereits 2014 hat die FDA verkündet, an Regulierungen für die E-Zigarette zu arbeiten. Und da das eine Bundesbehörde ist, passierte das mit noch weniger demokratischen Vorgängen als in Europa. Denn die können sich aussuchen mit wem sie sprechen, wen sie zu Rate ziehen, und verantworten müssen sie sich erstmal vor niemandem.
Die Vaper Organisationen in den USA, wie die CASAA oder die AVA, sind viel stärker und professioneller als alle Organisationen in Europa. Ganz zu schweigen von Stammtisch Organisationen die sich selber als Interessensvertretung darstellen wollen. Aber auch diese wurden in dem Prozess der Regulierung vollkommen außen vor gelassen.
Beispiel Kalifornien
Kalifornien geht es nicht so gut. Sie sind jetzt nicht kurz vor Pleite, und sicher kein Entwicklungsland. Eher das Gegenteil. Aber sie müssen halt schon jeden Dollar zweimal umdrehen. Da ist es natürlich gut, wenn man sich auf Einnahmen verlassen kann. Und die Tabaksteuer hat Jahrzehnte lang immer Kohle herein gespült. So konnte Kalifornien dann auch Sicherheiten bieten um Kredite aufzunehmen.
Seit zwei Jahren sind die Einnahmen aber um ein Drittel abgesackt, einfach weil dort so viele Menschen schon auf die E-Zigarette umgestiegen sind. Das führte dazu, dass Kalifornien nun Schwierigkeiten bekommt die Kredite zu bedienen.
Natürlich ist Kalifornien nur ein Bundesstaat von 50. Es gibt aber schon ein G‘schmäckle dafür, was dort mit dieser Regulierung gerade bewirkt wird. Und wo die rein politische Triebfeder liegen könnte. Denn die Regulierungen der FDA betreffen fast ausschließlich E-Zigaretten. Zigarren stehen noch mit darin, ähnlich wie einige andere Nikotin Produkte. Zigaretten sind jedoch völlig ausgenommen. Sie bleiben unreguliert.
Die gleichen Argumente, andere Taktik
Das Einschneidende an den Restriktionen sind nicht die Vorschriften, die den Verkauf von E-Zigaretten regulieren sollen. Die werden sogar von einigen Interessensvertretern begrüßt. Zu nennen wären hier das Abgabeverbot an Minderjährige, Warnhinweise auf Verpackungen oder dass E-Zigaretten nicht in Automaten angeboten werden dürfen.
Hier spielt die FDA, ganz ähnlich wie das DKFZ, natürlich mit der öffentlichen Meinung. Sie erklärt wieviel High School Schüler schon dampfen und so weiter. Bangemachen auf hohem Niveau. Damit rutschen dann die eigentlichen Einschränkungen unter dem Radar hindurch.
Entscheidend sind die Vorschriften, die regulieren sollen, wie Geräte ab August 2016 für den Markt durch die FDA zugelassen werden. Denn die können laut Einschätzungen von verschiedenen Vaper Lobbyisten und Organisationen dazu führen, dass 99% der Hersteller vom Markt verschwinden.
Während Europa eher damit zu kämpfen hat, dass es so unsinnige Beschränkungen wie eine Höchstabgabemenge gibt, geht es hier eher um die Zulassung von Produkten für den Markt.
Die FDA Lizenzen
Alle Produkte die durch die FDA lizensiert werden müssen, müssen vorher Tests durchlaufen. Diese Tests kosten natürlich Geld. Das ist erst einmal gar nicht so viel. Einige Wissenschaftler schätzen die Kosten auf etwa 300,- $ pro Test. Dabei muss u.a. nachgewiesen werden, was im Aerosol enthalten ist. Soweit ist das vernünftig und völlig einsehbar.
Aber irgendein Beamter, der von Vaping keine Ahnung hatte, durfte offenbar abends nicht auf die Mutti. Oder ihm ist auf dem Weg zur Arbeit einer rein gefahren. In jedem Fall wollte er die Welt brennen sehen, als er beschloss was alles zu testen ist. Anders ist der Wahnsinn mit normalem Menschenverstand nicht zu erklären.
Unter anderem muss für ein Produkt je nach Konzentration ein Test vorliegen. Das heißt ein Liquid in den Stärken 0mg, 3mg, 6mg, usw. zählt nicht als ein Produkt, sondern es sind verschiedene. Hinzu kommt dann, dass eine Probe nicht ausreichend ist. Sondern es müssen jeweils zehn Proben aus mindestens drei Batches gemacht werden. Man kann das also schon mit 30 multiplizieren. Es geht aber noch besser, denn für Produkte die so etwas wie ein Verfallsdatum haben, muss mindestens für den Beginn und gegen Ende des Verfallsdatum nachgewiesen sein, ob sich die Zusammensetzung im Aerosol irgendwie ändert.
Aber damit sind die Multiplikatoren noch nicht am Ende, denn das alles soll auch für den Betrieb in verschiedenen Stärken nachgewiesen werden. Hier gemessen an den Volt mit denen es verdampft wird. Allerdings ist hierbei wohl eine Einstufung wie „light“, „medium“ und „strong“ ausreichend.
Und jetzt nochmal, um es sich im Hirn zergehen zu lassen: Das alles für ein Liquid. Ein Hersteller mit mehreren Liquids darf das dann auch öfter.
Aber damit immer noch nicht genug. Jemand der ein Produkt verkaufen will und eine solche „pre market application“ beantragt, soll auch andere Fragen beantworten können. Beispielsweise wer sein Produkt nutzt, ob die Menschen vorher geraucht haben oder wie wahrscheinlich es ist dass sie danach Tabak rauchen werden. Das würde in der Praxis wahrscheinlich bedeuten, dass jeder Liquid Hersteller einen empirischen Wissenschaftler beschäftigen müsste, der vorher lange Studien zu jedem Produkt durchführen müsste.
Diese Unterscheidungen treffen selbstverständlich auch auf Geräte zu. Für jeden Coil, für jeden Akku, für jede Betriebstemperatur.
Damit wird dann auch klar, warum die Zahl der überlebenden Unternehmen von vielen auf 1% geschätzt wird. Denn in diesem einen Prozent sind dann bereits die Tabak Konzerne wie British American Tobacco und andere enthalten, die derzeit auf den Markt drängen. Und vielleicht eine Hand voll Vaper Firmen, die bereits an der Börse sind.
Es gibt allerdings eine Einschränkung, der so genannte Grandfathers Day. Produkte die 2007 bereits am Markt waren, können als Maßstab herangezogen werden. Also angenommen eine Firma bringt ein neues Dampfgerät heraus, das so ähnlich ist wie ein Produkt das es seit 2007 gibt, muss dieses Gerät diesen Prozess nicht so aufwändig durchlaufen.
Wer aber wenigstens halbwegs weiß, was sich auf dem Markt seit dem getan hat, der weiß auch, dass es vor 2008 lediglich cig-a-likes und eGo Geräte gab. Geräte der zweiten Generation. Und das sind genau die Geräte, mit denen die Tabakriesen nun in den Markt einsteigen.
Also nicht nur, dass nur die Tabak Multis es sich leisten könnten demnächst neue Geräte auf den Markt zu bringen. Nicht nur, dass Zigaretten diesen Prozess nicht durchlaufen müssen. Die E-Zigaretten, die rein zufällig von der Tabakindustrie gerade auf den Markt gebracht werden, hätten es in dem Prozess der Zulassung auch noch deutlich leichter.
Bei allem Willen zur Deeskalation und bei allem Widerstand gegen Untergangspropheten, aber da ist tatsächlich offensichtlich, wer dieses Rennen überleben wird. Und es ist auch sehr nachvollziehbar, wer bei diesem Rennen bevorzugt wird. Weil einfach allen anderen ein Bein auf den Rücken gebunden wird.
Die Abverkaufsfrist
Es ist aber nicht so, dass es ab dem 8. August dann nichts mehr aus den USA gibt. Denn die FDA hat eine Frist von knapp zwei Jahren eingerichtet, in der die Geräte, die jetzt am Markt sind, auch weiter verkauft werden dürfen. Dann müssen die Anträge auf die Lizenzen vorliegen. Dann gibt es jedoch noch eine weitere Frist von einem Jahr. In dieser Frist darf auch weiter verkauft werden, wenn die FDA die Lizenz noch nicht erteilt hat.
Für Vaper bedeutet das, alles was bis August auf den Markt kommt wird es auch wohl noch mindestens zwei weitere Jahre zu kaufen geben.
Neue Geräte und Liquids aus den USA wird es aber zum jetzigen Stand ab August nicht mehr geben.
Die ersten Prozesse laufen
Aber die Oper ist erst zu Ende, wenn die fette Lady gesungen hat.
Wie bereits erwähnt sind die Organisationen der Vaper viel stärker. Sowohl die der Verbraucher, wie auch die der Händler. Und sie hatten seit 2014 Zeit entsprechende Maßnahmen vorzubereiten. Was sie hoffentlich besser genutzt haben als die Vertreter in Europa.
Hinzu kommt etwas, was man nicht so einfach erklären kann, ohne die ganze politische Landschaft der USA zu erklären. Sie ist historisch offener und unregulierter als in Deutschland. Es gibt mehr Mittel, gegen eine solche Regulierung einzuschreiten.
So hat die Firma Nicopure Labs bereits wenige Tage nach Bekanntgabe vor dem Kreisgericht für den District of Columbia, also Washington, Klage eingereicht. Und die machen gleich die große Blutgrätsche und klagen unter anderem dagegen, dass die Regulierung gegen den ersten Verfassungszusatz verstoßen würde. Und wer einmal John Grisham gelesen, oder wenigstens mal Matlock gesehen hat, wird erahnen, das ist nicht irgendein Furz im Orkan. Das wäre in Deutschland vielleicht zu vergleichen mit einer Verfassungsklage.
In den Organisationen gibt es die ersten Bestrebungen, den Grandfathers Day zu verschieben. Denn würde die Regelung auf 2016 gesetzt werden, wäre das zwar keine langfristige Lösung. Aber es würde den Vorteilen der Tabakindustrie den Wind aus den Segeln nehmen und neuere Geräte gleichberechtigen. Hier wurde bereits der erste Antrag beim Kongress eingereicht.
Weiter gibt es die Möglichkeit eine Art einstweilige Verfügung (provisional injunction) zu erwirken, die verhindert dass diese Regulierung umgesetzt wird, bis ein gerichtlicher oder gesetzgebender Entscheid stattgefunden hat.
Es findet also dort tatsächlich gerade ganz viel statt.
Die offizielle Bekanntmachung der Regulierung hat überhaupt erst etwas losgebrochen, worauf viele seit 2014 gewartet haben. Der Kampf ist also nicht verloren, sondern eigentlich hat er jetzt erst begonnen. Könnte spannend werden.
We’ll keep you informed.
Edit 02.06.2016: Das Weiße Haus hat bereits erste Maßnahmen zur Deregulierung eingeleitet. Lest dazu hier…
Joey Hoffmann
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