Am Dienstag fand die zweite Dinner Debate zur E-Zigarette im Europäischen Parlament statt. Und langsam wird klar, warum Lobby Arbeit für den Dampf Sinn macht.
Interessante Erkenntnisse und offene Ohren konnten gewonnen werden.
Bereits zum zweiten Mal hatte der Händlerverband BfTG eine Dinner Debate im Europäischen Parlament organisiert.
Dieses Mal lud jedoch nicht der Verband zu der Informationsveranstaltung. Sondern die Abgeordnete Frau Dr. Renate Sommer von der deutschen CDU. Die Agrarwissenschaftlerin zeigte sich bereits in der Vergangenheit sehr aufgeschlossen gegenüber der faktenbasierten Argumentation der Verbände. In diesem Jahr bezog sie überraschend deutliche Stellung.
Solche Informationsveranstaltungen bieten Lobby Vertretern die Möglichkeit, in einem ungezwungenen Beisammensein Informationen auszutauschen. Auf dem Boden des Parlamentes, in einem der Members Salons..
Recht früh hat das Bündnis für Tabakfreien Genuss dies als Chance erkannt und sich weitsichtig entschlossen, dies als Plattform zu nutzen.
Der Kampf gegen Windmühlen
Denn ein großes Problem der Branche und der E-Zigaretten allgemein ist, dass sie gegen lang stehende Windmühlen kämpft.
Nicht nur die häufig als potentielle Feinde des Informationskrieges ausgemachten Vertreter der Pharma- und Tabakindustrie sind solche Windmühlen. Sondern auch die Interessenvertreter von Gesundheitsorganisationen und moralgetriebenen Jugendschützern. Bei denen immer deutlicher zu erkennen ist, dass sie eigentlich nicht für die Gesundheit eintreten, sondern gegen unerwünschtes Verhalten.
Das BfTG hat die Veranstaltung jedoch nicht alleine organisiert. Auch da zeigt sich, was intensive und engagierte Lobby Arbeit in nur einem Jahr bewirken kann.
Der deutsche Verband handelte im Namen des inzwischen gegründeten europäischen Händlerverbandes, der IEVA (European Independent Vape Alliance). Bei dessen Gründung das BfTG eine Vorreiterrolle übernommen hat.
Zahlreiche Stakeholder anwesend
Anwesend waren am Dienstag Branchenvertreter aus Frankreich, Großbritannien, Irland, Spanien, Rumänien und den Niederlanden.
Darunter befanden sich unter anderem auch Leam Humberstone, Chef von Totally Wicked, Vertreter des dänischen Konsumentenverbandes Dadafo und sogar des globalen Konsumentenverbandes INNCO (International Network of Nicotine Consumer Organizations). Der wiederum über 30 internationale Konsumentenverbände vereint.
Darüber hinaus hatten zahlreiche Abgeordnete und Landesvertretungen Mitarbeiter entsendet. Was viele Dampfer aus Österreich positiv überraschen wird: Der Abgeordnete Paul Rübig von der Österreichische Volkspartei war sogar persönlich erschienen.
Eröffnet wurde die Veranstaltung natürlich durch die einladende Frau Dr. Sommer.
Nach der Begrüßung und der so genannten Key Note durch den Vorsitzenden des BfTG Dustin Dahlmann kam dann der in Dampferkreisen recht bekannte Prof. Dr. Bernd Mayer zu Wort.
Dieser ist nicht nur selber Dampfer, sondern auch Leiter des Bereichs Pharmakologie und Toxikologie am Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der Universität Graz. Er hatte bereits 2014 eine unerwartet viel beachtete Arbeit veröffentlicht, in der er mit den Mythen zur letalen Dosis des angeblich hochgiftigen Nikotins aufgeräumt hat.
Begleitet von einem drei Gänge Menü entstand anschließend eine aufschlussreiche Debatte. Diese ließ vor allem durch die versammelte Fachkompetenz tiefe Einblicke zu.
„Wir hatten eine gute Diskussion. Solche Abende sind unglaublich wichtig für den Austausch. Nur im Dialog können wir als europäische Branche der kleinen und mittelständigen Unternehmen zeigen, wer wir sind, wo wir stehen und so für unsere Interessen und Positionen Aufmerksamkeit, Verständnis und letztlich auch Zustimmung gewinnen.“
Dustin Dahlmann, Vorsitzender BfTG
Auch deshalb hatte das BfTG wohl darauf geachtet, dass ausschließlich von der Tabak Branche unabhängige Interessenvertreter anwesend waren. Ein Alleinstellungsmerkmal, das das BfTG auf seiner letzten Jahreshauptversammlung auch für seine Mitglieder in seinen Statuten festgeschrieben hatte.
Angeregter und gut morderierter Austausch
Die Diskussion wurde hervorragend moderiert von dem gelernten Politologen und Rechtswissenschaftler Stefan Borst, der als ehemaliger Auslandskorrespondent der Wirtschaftsredaktion des Focus nach Belgien gegangen war.
Einen großen Raum nahm die grundsätzliche Frage ein, wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass die TPD2 die E-Zigarette so weitgehend mit dem Tabak gleich gesetzt und dadurch ihr Potential der Harm Reduction so sträflich ignoriert hat.
Denn immerhin stand die diesjährigen Veranstaltung unter dem Motto: „Can we ignore that eCigarettes are by far less harmful than conventional cigarettes?“ („Können wir ignorieren, dass E-Zigaretten weit weniger schädlich als konventionelle Zigaretten sind?“)
An dieser Stelle positionierte sich Frau Dr. Sommer bemerkenswert eindeutig. Sie hielt die stattgefundene und stattfindende Debatte für emotionsgesteuert. Und wo Emotionen im Spiel sind, werden Fakten bekanntermaßen häufig ignoriert.
Doch Sommer sah auch die Verbände in der Pflicht weiter auf die Politiker zuzugehen und immer wieder den Diskurs zu suchen.
Zwangsläufig wurde dann auch die anstehende TPD3 erwähnt. Ebenso das Thema der Besteuerung. Die Kommission hatte die Entscheidung dazu erst einmal aufgeschoben. (Link zum Artikel unten)
Auch hier waren sich alle einig, dass sowohl die Branchenverbände wie auch die Konsumentenverbände gefordert sind, konstruktiv und rechtzeitig auf die Europäische Kommission einzuwirken.
„Mit absoluter Deutlichkeit und Dringlichkeit zeigt sich, dass die E-Zigaretten Branche in Europa nur etwas bewegen kann, wenn die Mitgliedsstaaten mit vereinter Stimme sprechen. Die TPD3 wird kommen. Für die unabhängige KMU Branche bedeutet das, dass wir jetzt zusammenhalten müssen. Und zwar über die Grenzen des eigenen Landes hinaus. Damit es diesmal zu einer sachgemäßeren Regulierung kommt.“
Dustin Dahlmann, Vorsitzender BfTG
Voller Erfolg mit einem Wehrmutstropfen
Bemerkenswert war auch, dass Frau Dr. Sommer den Branchenvertretern sehr offen Tipps zur weiteren Kommunikation mit den Politikern und der übermächtigen Kommission gab.
Einen Wehrmutstropfen gab es dann aber doch. Denn Sommer gab auch bekannt…
„…dass sie für eine weitere Funktionsperiode nicht zur Verfügung stehen wird. Somit verlieren wir eine Politikerin, die unsere Sache im EU-Parlament in der Vergangenheit mit großer Sachkenntnis und ehrlichem Interesse an der Gesundheit der Bevölkerung vertreten hat. Gestern hat sie mich u.a. mit ihrem Aufruf zu Wissenschafts-basierter Politik zutiefst beeindruckt. Würden Politiker dieser Mahnung Folge leisten, wäre unsere Welt eine bessere Welt.“
Prof. Dr. Mayer, Facebook, 11.07.2018
Es ist ein übliches Problem der Lobby Arbeit, dass Adressaten wechseln. Hat man interessierte Ansprechpartner gefunden, verliert man sie häufig auch wieder. Das ist nun einmal der Demokratie geschuldet.
Doch auch dazu gab Dr. Sommer konstruktive Anstöße. Man kann davon ausgehen, dass die Verbände auch nach der Wahl im nächsten Jahr offene Ohren finden werden.
Das Dampf Dinner kann, darf und muss man als vollen Erfolg bewerten.
Diese politische Arbeit erfolgt in kleinen Schritten. Wer große Ergebnisse erwartet, wird zwangsläufig enttäuscht werden. Auch das liegt im Wesen einer Demokratie.
Doch die große und positive Resonanz, der angeregte faktische und fachliche Austausch und nicht zuletzt der volle Raum war bereits ein unerwartet deutlicher Fortschritt zum vergangenen Jahr.
Als Hauptgang gab es Fisch.
Bericht zur Podiumsdiskussion in Berlin: https://www.vapers.guru/2018/04/24/podiumsdiskussion-in-berlin/
Anhörung des britischen Parlamentes: https://www.vapers.guru/2018/01/09/ecig-anhoerung-des-britischen-parlamentes/
Entscheidung zur Steuer: https://www.vapers.guru/2017/12/15/keine-dampfsteuer-der-eu/
Joey Hoffmann
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